ÖBB-U-Ausschuss

Bericht: Bedenkliche Sitten bei der Bahn

05.07.2011


Die Ex-Bahnmanager beschuldigen einander gegenseitig.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Ein halbes Jahr lang dauerte der "kleine U-Ausschuss" im Parlament zu den ÖBB-Skandalen, die Zusammenfassung der Aussagen der Auskunftspersonen im Schlussbericht zeigt teilweise ein bedenkliches Sittenbild bei der Bundesbahn. Bei den verlustreichen Spekulationsgeschäften mit der Deutschen Bank schoben die Bahnmanager einander gegenseitig die Schuld zu. Das 2005 unter dem damaligen ÖBB-Chef Martin Huber eingegangene Spekulationsgeschäft mit der Deutschen Bank wurde im Jänner 2010 gegen Einmalzahlung der ÖBB an die Deutsche Bank in Höhe von 295 Mio. Euro vorzeitig beendet. Bei einem Volumen von 612,9 Mio. Euro hatte im schlimmsten Fall ein Totalverlust gedroht, als maximale Prämie bis 2015 wären aber nur 36,9 Mio. Euro zu lukrieren gewesen. Im April 2008 waren Huber sowie Finanzvorstand Erich Söllinger zurückgetreten.

Ex-ÖBB-Boss Huber rechtfertigt Finanzgeschäfte
Ex-Bahn-Boss Huber hat laut dem Bericht, der der APA vorliegt, bei seiner Befragung betont, dass es zwar in der neuen Bundesbahnstruktur eine neue Geschäftsordnung gegeben habe. Hinsichtlich Treasuries und Finanzgeschäften war alles in der neuen Geschäftsordnung geregelt, "Finanzgeschäfte mit Derivaten waren allerdings nicht in der Geschäftsordnung verankert", betonte Huber laut der Zusammenfassung seiner Aussage. Im November 2005 habe er zum ersten Mal von den CDO-Transaktionen (mit der Deutschen Bank, Anm.) erfahren und diese als "ziemlich komplex" beschrieben. Der Vorstand der Bau AG soll den Mitarbeitern der Treasury-Abteilung eine Vollmacht gegeben haben, diese Geschäfte abzuschließen und "die Mitarbeiter hätten diese Geschäfte ohne sein Wissen und ohne Söllingers Wissen abgeschlossen", so Huber laut Zusammenfassung. Zur Ausstellung der Vollmachten meinte Huber, dass "die CDO-Thematik so komplex war, dass dies die Kompetenz der Mitarbeiter von Herrn Trattner offensichtlich überstiegen habe und daher wurde Wanzenböck von Trattner und wahrscheinlich Vavrovsky einen Vollmacht ausgestellt, dieses Geschäft abzuschließen".

Letztlich "haben sich alle Beteiligten auf Wanzenböck verlassen", heißt es dazu vom früheren ÖBB-Holding-Finanzvorstand Erich Söllinger im Schlussbericht. Dieser sei ein Experte für Cross-Border-Leasing-Geschäfte und habe auch geglaubt, die Geschäfte mit den Swaps zu verstehen. "Erst aufgrund seiner genauen Analyse stellte die Auskunftsperson (also Söllinger, Anm.) fest, dass die Treasury-Abteilung den wahren Gehalt des Finanzproduktes überhaupt nicht verstanden habe", heißt es im Bericht.

Welche Rolle spielte der Aufsichtsrat?
Auch die Rolle des Aufsichtsrats bei den Spekulationsgeschäften wird von Söllinger erläutert: "Es wurde viel diskutiert und auch gefragt, ob zur Beschlussfassung noch einmal der Aufsichtsrat befasst werden sollte. Die Analyse war jedoch, dass es nach der damaligen Geschäftsordnung kein zustimmungspflichtiges Geschäft gewesen sei. In Abstimmung mit dem damaligen Aufsichtsratspräsidenten Reithofer wurde von einer weiteren Befassung des Aufsichtsrates Abstand genommen. Der Aufsichtsrat wurde daher informiert, und es gab keine neuerliche Beschlussfassung, da das Geschäft bereits abgeschlossen war".

Debatte über Spekulationsgeschäfte
Die Auskunftsperson Franz Wanzenböck zeichnet wiederum ein anderes Bild, wieso der Spekulationsdeal überhaupt zustande kam. Er bearbeitete als Sachbearbeiter die Cross-Border-Leasings der ÖBB und war dem damaligen ÖBB-Holding-Finanzvorstand Söllinger unterstellt. "Ab dem Jahr 2000 gab es die Bestrebung, diese Tilgungsträger mit guter Bonität und schlechter Rendite gegen Tilgungsträger mit etwas schlechterer Bonität aber höherer Rendite auszutauschen", heißt es in der Zusammenfassung seiner Aussage. "In den einzelnen Unternehmen war alles im Umbruch, es gab keine ganz klaren Richtlinien, ob die Treasury Abteilung der Infrastruktur AG jetzt reiner Finanzdienstleister für die operativen AGs wäre oder ob sie die Linie der Veranlagungen vorgeben sollte. Wanzenböck wurde von RCA und Infrastruktur Bau AG aufgefordert, die in diesem Bereich sehr aktiv waren, für eine bessere Veranlagung der Cross Border Leasing Geschäfte zu sorgen", heißt es im Bericht.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel