Viktor Orban

"Österreich schießt Ungarn in den Rücken"

02.10.2015

Ungarischer Regierungschef: Haltung Wiens "dient nicht der Freundschaft".

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© Reuters/Heinz-Peter Bader
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Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat erneut Kritik an der österreichischen Flüchtlingspolitik geübt. "Es ist nicht gut, wenn wir die Südgrenze Österreichs (...) schützen und uns inzwischen unsere Verbündeten von hinten in den Rücken schießen", sagte Orban in einem am Freitag gesendeten Interview mit dem Staatssender Radio Kossuth.

Der nationalkonservative Premier drängt seit längerem auf eine harte Haltung der europäischen Staaten gegenüber den ankommenden Flüchtlingen. 80 Prozent der Neuankömmlinge seien junge Männer, sagte er am Freitag. "Sie gleichen eher einer Armee als Asylbewerbern. Sie haben keine Schulbildung und sprechen mehrheitlich nur arabisch."

"Wirtschaftsflüchtlinge als Gefahr"
Die in Ungarn Ankommenden - "Wirtschaftsflüchtlinge" - stellten "eine Gefahr, ein Risiko dar" und müssten aufgehalten werden, sagte Orban dem Sender. Dies müsse auch Österreich begreifen. "Das ist auch ihr Interesse, also wenn das so ist, sollten sie helfen." Die derzeitige Haltung der Regierung in Wien "dient nicht der Zusammenarbeit der beiden Völker, der Freundschaft", sagte der ungarische Regierungschef.

Ähnlich äußerte sich Orban zur Regierung des Nachbarlandes Kroatien. Sein kroatischer Amtskollege Zoran Milanovic betrachte es als Vertreter der Sozialistischen Internationale wohl "als seinen Job", ihn zu attackieren. Die ungarische Regierung ist darüber erbost, dass Kroatien Flüchtlinge nach Ungarn durchreisen lässt und drohte zuletzt damit, deswegen den Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum zu boykottieren.

Der ungarische Regierungschef kritisierte weiters den Umgang einiger EU-Länder mit den Flüchtlingen. "Das Problem ist, dass diese Länder die Frage ideologisch betrachten", sagte Orban. Es gebe Politiker in Frankreich und Italien, aber auch in Österreich und Deutschland, die Migration als positives Phänomen betrachteten und ermutigten.

Ungerechtigkeit
Auch bezeichnete Orban es als ungerecht, dass Länder wie die USA oder reiche arabische Staaten nur wenige oder gar keine Flüchtlinge aufnehmen. "Es ist ungerecht, dass die USA nur 10.000 bis 15.000 Flüchtlinge aufnehmen." Auch Länder wie Israel oder Australien nähmen gar keine Flüchtlinge auf, die reichen arabischen Länder seien zu zögernd. Die ganze Welt verlasse sich auf Europa, kritisierte Orban.

Ungarn ist für die Flüchtlinge lediglich Transitland auf ihrem Weg in den Westen Europas. Dennoch fährt die Regierung seit Monaten fremdenfeindliche Kampagnen. An der Grenze zu Serbien wurde ein Stacheldrahtzaun errichtet. Die Flüchtlinge ziehen derzeit von Serbien nach Kroatien und werden in Bussen und Zügen über Westungarn zur österreichischen Grenze gebracht.

Der rechte Politiker hatte bereits am Mittwoch bei den Vereinten Nationen weltweite Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen gefordert. "Europa wird nicht in der Lage sein, diese Last alleine zu tragen", sagte er bei einem Treffen zur Flüchtlingskrise am Rande der UNO-Generaldebatte in New York.

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