Teilzeit-Streit
Länder-Ranking: Mangel bei Kinderbetreuung lässt Vollzeitarbeit kaum zu
25.07.2025Die Grünen Abgeordneten Meri Disoski und Barbara Neßler haben sich durch die Kinderbetreuungsstatistiken gegraben. Vor allem in den Bundesländern werden Familie einfach im Stich gelassen.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) fordert mehr Vollzeit-Arbeitskräfte, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Sogar von höheren Sozialabgaben für Teilzeitbeschäftigte ist in Wirtschaftskreisen inzwischen die Rede. Zwar nimmt Hattmannsdorfer ausdrücklich Menschen mit Betreuungspflichten aus – aber Fakt ist: In Familien mit Kindern können beide Elternteile kaum Vollzeit arbeiten, wie die beiden grünen Abgeordneten Barbara Neßler und Meri Disoski durch Recherchen in den Betreuungsstatistiken der Statistik Austria herausfanden:
Denn: Eine Ganztagsstelle ist nur mit einer VIF-konformen Betreuung möglich: Der Kindergarten hat demnach 45 Stunden die Woche, ca. 9,5 Stunden täglich, an 47 Wochen geöffnet. Und da sieht es traurig aus:
● Nur 63 % der 0–2-Jährigen sind VIF-konform betreut, über ein Drittel der Angebote ermöglicht also keine Vollzeittätigkeit.
● Bei den 3–5-Jährigen liegt die VIF-konforme Betreuungsquote sogar noch darunter: nur 57,8 %. Das bedeutet: 42,2 % der Angebote ermöglichen keine Vollzeittätigkeit.
Besonders dramatisch sind die Unterschiede in den Bundesländern:
● Wien führt mit 90 %, dicht gefolgt vom Burgenland (74,1 %).
● Oberösterreich ist bei den VIF-konformen Betreuungen Schlusslicht mit 39,3 %, Tirol liegt im Mittelfeld mit 48,4 %. Zwar hat OÖ die meisten ganztagsgeöffneten Kindergärten – in diese Kategorie fällt man aber auch ab einer wöchentlichen Öffnungszeit von 30 Stunden.
● Besonders in Tirol erfüllen 28,9 % der Einrichtungen nicht einmal die halbtägige Mindestgrenze – also nicht mal 4h täglich und/oder 45 Wochen im Jahr Öffnungszeiten!
Hier das Länder-Ranking bei VIF-konformen Betreuungen:
Betreute 0- bis Zweijährige:
- Wien 89,1%
- Kärnten 72,1%
- VBG 65,3%
- NÖ 62,3%
- Tirol 51,7%
- BGL 50,5%
- SBG 42,7%
- STMK 38,1%
- OÖ 28,6%
Betreute 3- bis 5-Jährige:
- W 90%
- BGL 74,1%
- VBG 62,1%
- NÖ 52,9%
- SBG 51,1%
- Tirol 48,4%
- STMK 46%
- K 42,4%
- OÖ 39,3%
VolksschülerInnen in Nachmittagsbetreuung:
- W 58,4 %
- BGL 51,2 %
- K 38,0 %
- STMK 35,0 %
- NÖ 31,0 %
- SBG 30,6 %
- VBG 30,1 %
- OÖ 18,3 %
- T 17,5 %
Angesichts dieser Zahlen, so die beiden Abgeordneten, seien die Forderungen nach mehr Vollzeit "zynisch".
Neßler: "Solange es keine flächendeckende, ganztägige Kinderbetreuung gibt, ist jede Debatte über Teilzeitarbeit scheinheilig. Nur 57 % der Kinder zwischen 3 und 5 sind so betreut, dass Vollzeitarbeit möglich ist. In Oberösterreich – dem Heimatbundesland des Wirtschaftsministers – sind es sogar weniger als 40 %."
Auch Disoski sagt: "Teilzeit ist kein Luxus, das zeigen diese Zahlen einmal mehr! Teilzeit bedeutet oft prekäre Löhne, weniger Pension, mehr Altersarmut. Von „zu attraktiv“ kann keine Rede sein – das ist Zynismus pur!"