Spindelegger-Interview

"Schwarz-Grün? Neues ist immer reizvoll"

07.07.2013

Vizekanzler Spindelegger im ÖSTERREICH-Interview mit Isabelle Daniel im Burggarten.

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© photonews.at / Georges Schneider
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ÖSTERREICH: Sie schießen sich derzeit stark auf die sogenannten „Faymann-Steuern“ ein. Was stört Sie so an Vermögenssteuern?
Michael Spindelegger: Wir sind in einer entscheidenden Phase für das Land. Wir haben die Alpine- und nun die dayli-­Pleite miterlebt. Und ich schließe nicht aus, dass auch manche Subunternehmer betroffen sein werden. In solch einer Situation die Steuerbelastung auch noch zu steigern, wie Werner Faymann es will, wäre ein wirklich fatales Signal.

ÖSTERREICH: Sie wollen Nummer eins werden. Die Menschen haben derzeit Angst um ihre Arbeitsplätze. Sind da die SPÖ-Steuerpläne nicht populärer als Ihr Sparkurs?
Spindelegger: Die Stimmung ist so, dass ich glaube, dass wir Nummer eins werden können. Und gerade wenn man Jobangst hat, will man eher Politiker, die einen da sicher durchsteuern …

ÖSTERREICH: Die „sichere Hand“ plakatiert aber schon der Kanzler …
Spindelegger: Zwischen dem, was er plakatiert, und dem, was er tut, muss man unterscheiden. Er hat „Arbeitsplätze“ plakatiert und würde mit seinen Steuern Jobs vernichten.

ÖSTERREICH: Ist Angela ­Merkel und ihr inoffizieller Wahlspruch – „Mutti passt aufs Geld auf“ – Ihr Vorbild?
Spindelegger: Angela Merkel ist eine tolle Politikerin. Ich habe volles Vertrauen in sie. Sie drückt sich im Unterschied zu den Sozialdemokraten sehr klar für eine Konsolidierungspolitik in allen EU-Ländern aus.

ÖSTERREICH: Möchten Sie also im Wahlkampf die Rolle des „Vati passt aufs Geld auf“ übernehmen?
Spindelegger: Dass wir uns auf die Steuerzahler konzentrieren und Schulden abbauen wollen, ist bekannt. Daher trete ich für eine Steuer- und Gebührenbremse ein. Ich passe insofern auch auf das Geld zukünftiger Generationen auf.

ÖSTERREICH: Warum sagen Sie dann nicht auch wie Merkel, was Ihre Koalitionspräferenz ist?
Spindelegger: Weil sich nach der Wahl Konstellationen ergeben können, mit denen man davor nicht gerechnet hat. Schauen Sie nach Salzburg.

ÖSTERREICH: Faymann sagt aber zum Beispiel, dass er keine Dreierkoalition will. Sie schließen das nicht aus?
SpindElegger: Ich weiß, dass eine Koalition mit zwei Parteien bereits sehr problematisch ist. Andererseits hat die Dreierkoalition in Salzburg nun andere Standards gesetzt. Daher bin ich offen gegenüber dieser Option.

ÖSTERREICH: In den vergangenen Jahren hatten Sie eher ein distanziertes Verhältnis zu Eva Glawischnig. Das hat sich geändert, oder?
Spindelegger: Sie ist stark sachlich orientiert. In ideologischen Fragen hat sie meist ganz unterschiedliche Auffassungen als ich. Aber das hat Werner Faymann auch oft. Ich sehe in ihr ein großes Potenzial, vor allem kontroversielle Fragen ausdiskutieren zu können.

ÖSTERREICH: Schwarz-Grün wird sich zwar nicht ausgehen …
Spindelegger: Wer weiß. Warten Sie ab.

ÖSTERREICH: Würde Sie Schwarz-Grün reizen?
Spindelegger: Etwas Neues ist immer reizvoll, keine Frage.

ÖSTERREICH: Und was halten Sie von Frank Stronach?
Spindelegger: Ich werde ihn immer dafür bewundern, dass er als gelernter Mechaniker ein Weltunternehmen aufgebaut hat. In der Politik hat er aber noch nicht gezeigt, was er kann. Immer nur von Werten zu reden, ist zu wenig. Er muss schon erklären, wofür er steht.

ÖSTERREICH: Was würden Sie ihm denn antworten, wenn er Ihnen – er ist mit allen ja gern per Du – sagt: „Geh Michael, Du hast doch noch nie Jobs geschaffen!“?
SpindElegger: Erstens sind wir ganz sicher nicht per Du. Zweitens bin ich seit zweieinhalb Jahren Vizekanzler und habe ein Konsolidierungspaket geschaffen, das garantiert mehr Arbeitsplätze gesichert hat, als Stronach in seinem Leben geschaffen hat.

ÖSTERREICH: Soll Stronach seinen Steuerakt vorlegen?
Spindelegger: Ja, das gehört zur politischen Hygiene. Man sollte Klarheit über persönliche Verhältnisse schaffen.

ÖSTERREICH: Der Kanzler „appelliert an VP und Gewerkschaft, ihre Blockadepolitik“ beim Lehrerdienstrecht „aufzugeben“. Werden Sie diese aufgeben?
Spindelegger: Wir haben konkrete Vorschläge gemacht – höhere Anfangs­gehälter, aber auch mehr Arbeitszeiten an den Schulen. Das Problem ist, dass die SPÖ-Ministerinnen Schmied, Heinisch-Hosek und damit auch Faymann blockieren. Die SPÖ will, dass im Wahlkampf nichts mehr weitergeht. Ich erwarte mir vom Koalitionspartner Bewegung.

ÖSTERREICH: Sie haben gesagt, dass Sie diesen Sommer völlig auf Urlaub verzichten …
Spindelegger: Ja, der ist zur Gänze gestrichen. Ich werde meine Familie, die am Mondsee urlaubt, dort tageweise besuchen. In einem Wahlkampf durch die Länder zu fahren, mit möglichst vielen Menschen selbst reden zu können, das ist wie ein Lebenselixier für mich.

ÖSTERREICH: Sie haben zwei Söhne (13 und 9). Verfolgen die zwei den Wahlkampf?
Spindelegger: Mein älterer Sohn wird sogar eine Woche für mich wahlkämpfen. Er möchte Zettel austeilen und vor Ort sein. Das freut mich sehr.

ÖSTERREICH: Sie kritisieren die Abhöraktionen der USA. Aber was unternehmen Sie wirklich dagegen?
Spindelegger: Zunächst wollen wir klare Auskunft erhalten, ob Österreicher in irgendeiner Form betroffen sind. Solche Abhöraktionen wären teilweise ja auch kriminell. So geht man nicht mit Freunden um. Da muss es Konsequenzen geben.

ÖSTERREICH: Gleichzeitig erteilten gleich mehrere EU-Staaten, wie Frankreich und Co., dem bolivianischen Präsidenten keine Überflug­genehmigung, weil Snowden an Bord vermutet wurde. War das nicht absurd?
Spindelegger: Ich kann dieses Verhalten nicht nachvollziehen. Österreich hat Boliviens Präsidenten dann natürlich landen lassen. Einen Präsidenten aufgrund eines Gerüchtes nicht fliegen zu lassen, ist natürlich nicht nachvollziehbar und auch absurd. Die EU muss da selbstverständlich selbstbewusster gegenüber den USA auftreten.

ÖSTERREICH: Waren Sie eigentlich, seit Sie Vizekanzler sind, je privat mit Werner Faymann etwas essen oder trinken?
Spindelegger: Nein, kein einziges Mal.

 

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