Neu beschlossen

So sieht die neue Ganztags-Schule aus

04.12.2012

Turnen und Sprachförderung kommt - Jetzt Streit um Lehrer-Dienstrecht.

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© TZ ÖSTERREICH
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Nach langem Hin und Her konnte sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) letztendlich doch durchsetzen: Wie ­ÖSTERREICH berichtete, wird der Ausbau der Ganztagsschule vorangetrieben. Die Mittel werden ab 2014 von 80 auf 160 Millionen Euro verdoppelt, die Zahl der Plätze steigt von 119.000 auf 200.000.

Es gibt zwei Formen von Ganztagsschulen:

  • Die Halbtagsschule, die mit Nachmittagsbetreuung gekoppelt ist. Ab 15 Schülern, die Betreuung benötigen, gibt es einen Rechtsanspruch darauf.
  • Die echte Ganztagsschule mit „verschränktem“ Unterricht. Hier wechseln sich Phasen der Freizeit mit Unterrichtsstunden ab. Die Lehrer haben ein Vetorecht, wenn die Schule umgewandelt werden soll.

„Das ist ein gemeinsamer Erfolg“, jubelt Schmied im ÖSTERREICH-Interview. Doch sie spart auch nicht mit Kritik am Koalitionspartner: „Ich wünsche mir mehr Ehrgeiz bei der Umsetzung.“ Auch das Vetorecht der Lehrer möchte sie noch wegverhandeln.

Die ÖVP wollte die Ganztagsschule zudem mit anderen Bildungsthemen junktimieren: Die tägliche Bewegungseinheit soll im Rahmen der Ganztagsschule umgesetzt werden. Zusätzliche Sprachförderung wird es ab 2013

14 mittels Pilotprojekten in Schulen mit hohem Migranten-­Anteil geben.

Das Thema Ethikunterricht ist aufgeschoben. Bis zum Sommer 2013 will Schmied mit ÖVP-­Bildungssprecher Werner Amon die Details klären.

Keine Einigung bei Lehrer-Dienstrecht neu in Sicht
Schmied braucht mit der Ganztagsschule dringender denn je ein neues Dienstrecht für Lehrer. „Wir wollen noch im ­Dezember eine politische Runde abhalten“, sagt sie zu ÖSTERREICH. Bis zum Ende der Legislatur-Periode soll es ein Ergebnis geben. Nächster Knackpunkt: die Besoldung.

Ein Schultag in der Ganztags-Schule

ÖSTERREICH hat die Direktorin einer der ältesten Ganztags-Schulen – die Roterdstraße in Wien gibt es seit 1974 – nach dem Tagesablauf gefragt. Das Ergebnis:

  • Unterrichtsbeginn 8 Uhr: Um 8 Uhr läuten die Schulglocken. Jede Klasse hat 9 Einheiten, die abwechselnd aus Unterricht und Freizeit bestehen. Pflichtfächer wie Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen stehen auf dem Programm. Die Lehrer decken alles ab – auch die Betreuungsstunden.
  • Freizeitgestaltung: Die Kinder haben jede Menge Zeit für Bewegung. Vor allem Ballsportarten sind beliebt.
  • Gemeinsames Mittagessen: Das Mittagessen wird mit den Lehrern gemeinsam eingenommen.
  • Lernstunden: Zu jedem Hauptgegenstand finden Lernstunden statt. Hier sieht der Lehrer, ob der Unterrichtsstoff auch verstanden wurde.
  • Keine Hausübungen: Durch das gemeinsame Lernen gibt es keine Hausübungen.
  • Unterrichtsschluss 16.20 Uhr: Um 16.20 Uhr geht es ab nach Hause.
  • Tägliche Turnstunde: Für mehr Bewegung sorgt die tägliche Turnstunde.
  • Sprachförderung: An Standorten mit hohem Sprachförderbedarf starten ab dem Schuljahr 2013/14 Pilotversuche.

ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie die Einigung bei der Ganztagsschule?
Claudia Schmied:
Das ist ein gemeinsamer Erfolg. Ich wünsche mir jetzt vom Koalitionspartner aber mehr Motivation und Ehrgeiz bei der Umsetzung.

ÖSTERREICH: Spindelegger will erst den Bedarf prüfen lassen …
Schmied:
Das erfolgt über die konkrete Nachfrage der Eltern am Standort. Die Schuleinschreibung ist die Bedarfserhebung.

ÖSTERREICH: Für die echte Ganztagsschule brauchen Sie aber auch die Zustimmung der Lehrer.
Schmied:
Ja. Das ist ein Wermutstropfen. Ich würde mir wünschen, dass das auch allein die Eltern entscheiden können. Das war mit der ÖVP jetzt noch nicht möglich.

ÖSTERREICH: Haben Sie genug Lehrer für die Ganztagsschule?
Schmied:
Wir brauchen mehr Lehrer, weil wir sehr viele Bildungsreformen umsetzen. Aber die Ganztagsschule wird daran nicht scheitern.

ÖSTERREICH: Und ein neues Dienstrecht brauchen Sie auch nicht?
Schmied:
Ein neues Dienstrecht brauchen wir nicht nur wegen der Ganztagsschule.

ÖSTERREICH: Heißt das, ohne neues Dienstrecht keine Ganztagsschule?
Schmied:
Nein, das nicht. Ich brauche es zur Unterstützung der langfristigen Entwicklung von Schulprojekten.

ÖSTERREICH: Wie geht es mit dem Ethikunterricht weiter?
Schmied:
Die Konzepte liegen vor, ich werde das mit Werner Amon weiterverhandeln.

ÖSTERREICH: Werden Sie die tägliche Turnstunde verordnen?
Schmied:
Nein, wir brauchen nicht für alles ein Gesetz. Das wird stattfinden, weil es gut für die Schüler ist.

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