Voves tritt ab

SPÖ und ÖVP koalieren in Steiermark

10.06.2015

Voves trat ab, „um Schwarz-Blau zu verhindern“.

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© APA/LANDESPRESSEDIENST/LEISS
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Es ist das zweite Politbeben, das die Steiermark innerhalb kürzester Zeit erschüttert: Nach dem blauen Wahltriumph und dem rot-schwarzen Wahldesaster bleibt in Graz erneut kein Stein auf dem anderen:

Mit bewegenden Worten trat der sichtlich mit den Tränen kämpfende SPÖ-Landeschef Franz Voves zurück, VP-Chef Hermann Schützenhöfer wird sein Nachfolger. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik hat damit die Nummer eins – die steirischen Roten – freiwillig (!) auf den Posten des Landeshauptmannes verzichtet.

Voves gab schwarz-blauer »Erpressung« nach
Gestern verkündeten Voves und Schützenhöfer diesen Wechsel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Graz. Fast das gesamte bisherige rote Regierungsteam – inklusive des als Nachfolger gehandelten Siegfried Schrittwieser – tritt mit Voves ab. Neuer SP-Landeshauptmann-Vize wird Michael Schickhofer (33). Der rote EU-Mandatar Jörg Leichtfried wird neuer Landesrat. In der Bundes-SPÖ schüttelt man über die rote Selbstaufgabe aber den Kopf.

Voves erklärte seinem Vorstand gestern, dies sei die „einzige Chance gewesen, die Blauen zu verhindern“.

Politikexperte Thomas Hofer analysiert die Entscheidung: „Eine schwere Niederlage für die Roten und signalisiert, dass sie alles machen, um zumindest in eine Regierung zu kommen, statt mit Stolz in die Opposition zu gehen.“ Die schwarze „Erpressung mit Schwarz-Blau“ sei „aufgegangen“.

Tatsächlich waren hinter den Kulissen die schwarz-blauen Parallelverhandlungen auf Hochtouren gelaufen.

Schützenhöfer bremste mit Coup Lopatka aus
Allerdings wurden diese nicht von Neo-Landeshauptmann Schützenhöfer, sondern von VP-Klubchef Reinhold Lopatka geführt. Dieser wollte „selbst Landeshauptmann mittels FPÖ werden“, berichten VP-Insider ÖSTERREICH. Mit dieser Karte konfrontierte Schützenhöfer – er war fünf Jahre der Partner von Voves – die SPÖ, die das Los als Juniorpartner dem Gang in die Opposition vorzog. Isabelle Daniel

Muchitsch: »Hosen runtergelassen«

ÖSTERREICH: Was sagen Sie denn dazu, dass Ihre Partei den Landeshauptmannsessel der ÖVP überlässt?
Josef Muchitsch: Die Entscheidung für die SPÖ in der Steiermark war, entweder in die Opposition zu gehen oder die Hosen runterzulassen. Jetzt hat die SP Hemd und Hose aufgegeben.
ÖSTERREICH: Wieso gab es nur diese zwei Optionen?
Muchitsch: Ganz einfach: Die generelle Ausgrenzungspolitik gegen die FPÖ hat uns den Landeshauptmann gekostet. Die ÖVP hat immer die Option FPÖ gehabt.
ÖSTERREICH: Wie ist die Reaktion in der SPÖ?
Muchitsch: Das Murren ist groß. Ich hätte diese Entscheidung nicht so überhastet gemacht. Man hätte eine Mitgliederbefragung machen sollen. Man kann von den Freunden aus dem Burgenland nur lernen. Dann hätten wir noch den LH.

Hofer: »VP hat mit VP-FP-Erpressung Poker gewonnen«

Politikexperte Thomas Hofer über den „schwarzen Coup“ und die „rote Niederlage“.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie dazu, dass die steirischen Roten auf den Landeshauptmannsessel verzichten?
Thomas Hofer: Damit hat sich die SPÖ zum höchstmöglichen Preis noch einmal in eine Koalition mit der ÖVP geflüchtet. Es ist ­eine schwere Niederlage für die steirischen Roten.
ÖSTERREICH: Und was werden die Folgen für die SPÖ sein?
Hofer: Der Treppenwitz der Geschichte ist, dass damit jene in der SPÖ, die für Rot-Blau sind, Auftrieb erhalten. Sie werden sagen: Wenn wir die Option mit der FPÖ ausschließen, kann die ÖVP uns immer mit Schwarz-Blau erpressen. In der Steiermark hat die ÖVP sich so durchgesetzt.
ÖSTERREICH: Welches Bild geben SPÖ und ÖVP damit in den Augen der Wähler ab?
Hofer: Dass es vor allem um Machterhalt und Posten geht, und nicht um Inhalte oder das Gesicht wahren. Die SPÖ hätte mit Stolz in die Opposition gehen können. Die Vorteile dieses Coups überwiegen für die ÖVP: Sie hat die Steiermark als Zweite rückerobert – quasi in ­Tradition von Wolfgang Schüssel – und wird die SPÖ in der Koalition jetzt wohl marginalisieren. Mit Franz Voves tritt ja die einzige bekannte SP-Führungspersönlichkeit auch noch ab.

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