Politiker fordern

Stoppt 
den Abhör-Wahnsinn

11.06.2013

US-Geheimdienst bespitzelt ganz Europa - Politiker: Verhandlungs-Stopp mit USA.
 

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Die Empörung über den Lauschangriff des US-Geheimdienstes NSA ist am Höhepunkt: Wie ÖSTERREICH berichtete, bespitzelt die NSA alle Telefonate in den USA und weltweite Internet-Dienste wie Google, Facebook, GMail, Google Maps, und Skype – und damit auch alle Aktionen, die Österreicher in diesen Netzdiensten setzen.

Am Dienstag schlugen die ersten heimischen Politiker Alarm: Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sagte zuim ÖSTERREICH-Interview: „Das ist sehr beunruhigend. Die EU soll sich einschalten, es muss rasch aufgeklärt werden.“

SPÖ-Abgeordneter: „Das ist wie die DDR, nur moderner“
Auch Jörg Leichtfried, SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, schäumt: „Das ist eine richtige Sauerei. Ich sehe derzeit keinen Grund, warum die EU weiter mit den USA über ein Freihandelsabkommen verhandeln soll.“ SPÖ-Klubobmann Josef Cap kämpferisch: „Der Druck auf die USA gehört erhöht.

Längst ist der Lauschangriff das Aufregerthema Nummer 1 in Straßburg: Die Abgeordneten im Europaparlament nahmen das Thema kurzfristig auf die Agenda. Und beim Ministertreffen zwischen der EU und den USA am Freitag in Dublin wird die Justizkommissarin Viviane Reding von Washington Klarstellungen fordern. „Ich will Europa vor den US-Datenangriffen schützen.“

Enthüller Edward Snowden verschwand in Hongkong
Den Skandal ins Rollen brachte Edward Snowden (29), ein ehemaliger NSA-Leiharbeiter. Er floh nach Hongkong, tauchte dort im Hotel unter, das er mittlerweile wieder verlassen hat. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt. In Hongkong ist er vorerst aber sicher, weil er sich auf politische Verfolgung berufen könnte.  Zu Hause in den USA bangt indes seine tieftraurige Freundin Lindsay Mills mit: „Ich fühle mich so allein.“

Aufdecker wollte Ballerina heiraten
Lindsay Mills (28) ist Snowdens Freundin – sie wurde von ihm auf Hawaii zurückgelassen. Das Paar wollte schon bald heiraten. Die Tänzerin (Ballerina) schreibt in ihrem Blog über den Verlust ihres Partners: „Ich bin verloren auf offener See ohne Kompass.“

Josef Cap will, dass EU handelt
ÖSTERREICH:
Was sagen Sie zu den Spitzelplänen der Obama-Administration?
Josef Cap:
Das ist ein Skandal, dieser Vorgangsweise ist entschieden entgegenzutreten, damit der Druck auf die USA steigt.

ÖSTERREICH: Jetzt gibt es Forderungen aus Ihrer Partei, die bis zu Wirtschaftssanktionen der EU gehen.
Cap:
Der Europaabgeordnete Jörg Leichtfried will, dass die EU in Verhandlungen über das Freihandelsabkommen die Datenfrage zum Thema macht. Da bin ich unbedingt dafür.

ÖSTERREICH: In Österreich gilt die Vorratsdatenspeicherung: E-Mail- und Telefon­daten werden ein halbes Jahr gespeichert. Soll das geändert werden?
Cap:
Nein, es gibt keinen Zusammenhang mit dem US-Skandal.

Vizekanzler Spindelegger: "Die Internet-Affäre ist sehr beunruhigend"

VP-Außenminister Michael Spindelegger kritisiert im ÖSTERREICH-Interview die USA wegen der Datenaffäre und Erdogan wegen des „unverhältnismäßig scharfen“ Vorgehens der Türkei gegen Demonstranten.

ÖSTERREICH: Nachdem ein Ex-NSA-Mitarbeiter die Internetschnüffeleien der US-Regierung geoutet hat, ist die Aufregung groß. Werden Sie die USA in dieser Frage kontaktieren?
Michael 
Spindelegger:
Die Informationen über die Datenüberwachung durch die USA sind tatsächlich sehr beunruhigend. Da es sich um eine Frage handelt, die alle EU-Staaten betrifft, sollte auch die EU aktiv werden. Es ist daher richtig, dass dieses Thema kommenden Freitag beim Treffen EU-USA auf Justizministerebene auf den Tisch kommt.

ÖSTERREICH: Die Deutschen wollen wissen, ob Deutsche betroffen sind. Überprüfen Sie, ob auch Österreicher ­betroffen sind?
Spindelegger:
Innenministerin Mikl-Leitner hat bereits den deutschen Innenminister kontaktiert. Nun wird ein Katalog mit konkreten Fragen an die USA entwickelt. Hier braucht es rasche Auf­klärung.

ÖSTERREICH: Der türkische Premier Erdogan hat gestern die Spezialpolizei zur Räumung auf den Taksim-Platz geschickt. Eine wei­tere Eskalation, oder?
Spindelegger:
Mit dem unverhältnismäßig scharfen Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten heute Morgen hat die Regierung zusätzliches Öl ins Feuer der Proteste gegossen. Beide Seiten sollten nun innehalten und jede weitere Eskalation vermeiden. Bürgerrechte, Demonstrationsfreiheit und Meinungsfreiheit müssen unter allen Umständen gewahrt werden.

ÖSTERREICH: Erdogan hat im türkischen Parlament behauptet, die Demonstrationen gegen ihn seien eine „internationale Verschwörung“.

Spindelegger: Mit Stigmatisierungen kommt man nicht weiter. Statt die Demonstranten ins Eck zu stellen, sollte sich die türkische Regierung ernsthaft mit ihren Anliegen auseinandersetzen und den Dialog suchen.

Interview: Isabelle Daniel

© oe24.at

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel