Umfrage
Vertrauen in die Wissenschaft erholt sich nach Corona wieder
19.12.2025Drei Viertel der Menschen haben hierzulande ein "starkes" oder "sehr starkes" Vertrauen in die Wissenschaft.
Laut dem jüngsten "Wissenschaftsbarometer" der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) liegt man damit einen Prozentpunkt höher als in den zwei Jahren zuvor, nämlich bei 74 Prozent, hieß es am Freitag bei der Vorstellung der repräsentativen Umfrage. Beim Blick auf einzelne Bereiche zeigt sich wieder: Forschung zu Klima und Künstliche Intelligenz (KI) sind Schlusslichter.
Der Ausgangspunkt für die 2022 gestartete Initiative, jährlich ein Stimmungsbild zum Thema einzufangen, war die vor allem auch im Kontext mit der Covid-19-Pandemie stärker spürbare Skepsis gegenüber der Forschung. Im ersten Jahr des Wissenschaftsbarometers hatten 70 Prozent der Befragten angegeben, der Wissenschaft stark oder sehr stark zu vertrauen, in den Folgejahren waren es je 73 Prozent. Die heurigen Ergebnisse bezeichnete Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) als "frohe Botschaft" zum Jahresende. Für ÖAW-Präsident Heinz Faßmann geht es seit der erstmaligen Umfrage vor vier Jahren "step by step" in die richtige Richtung: "Ein klarer Trend ohne größere Ausreißer." Das Vertrauen sei nach der langen Pandemiezeit wieder zurückgekehrt - auch wenn Vertrauenswerte vor der Pandemie im Zuge dieser Messreihe fehlen.
Um einen Vergleich mit in Deutschland und in der Schweiz erhobenen Werten zu ermöglichen, fragte man auch nach dem Vertrauen in "Wissenschaft ganz allgemein, also nicht nur in Österreich". Hier lag der Wert hierzulande bei 69 Prozent. Die Nachbarländer schnitten auch heuer wieder schlechter ab: In Deutschland haben 54 Prozent starkes oder sehr starkes Vertrauen in Wissenschaft und Forschung, in der Schweiz sind es 60 Prozent. Wie es scheint, vertraue man in Österreich mehr in die eigene Forschung als global, so Faßmann. Eine schlüssige Begründung hatte er dafür nicht parat. Man müsse sich aber sicherlich - auch im Austausch mit den Nachbarländern - der Frage nach diesem signifikanten Unterschied widmen.
Interesse geringer ausgeprägt
Neben dem Vertrauen war wieder das Interesse an Forschung geringer ausgeprägt: In Österreich haben demnach 58 Prozent ein hohes Interesse (Deutschland: 49 Prozent, Schweiz: 45 Prozent). Um einen Eindruck zu bekommen, wo speziell mehr Skepsis oder weniger Vertrauen gelagert sind, suchte man auch wieder nach Einschätzungen bei verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen.
Bei der Frage "Wie sehr vertrauen Sie diesen einzelnen Bereichen von Wissenschaft?" schnitten die - erstmals erfassten - "Technischen Wissenschaften" am besten ab (83 Prozent), gefolgt von Mathematik (81) und Physik und Chemie (78). Erstmals gab es einen Wert für Geisteswissenschaften, denen 68 Prozent ein sehr starkes oder starkes Vertrauen schenken. Bei den Sozial-, Rechts- sowie Wirtschaftswissenschaften lag der Wert je bei 62 Prozent, gefolgt von "Ökologie- und Klimaforschung" mit 60 Prozent und "Informatik und KI" mit 54 Prozent - 16 Prozent vertrauen letzterer "nicht" oder "überhaupt nicht". Wirtschaftswissenschaften und Klimaforschung seien natürlich auch jene Bereiche, die sehr stark den politischen Diskurs prägen, so Faßmann: Seine These sei, dass Menschen hier auch stärker Grenzen haben wollen.
Bei "Informatik und KI" könne man die Informatik wohl "als unschuldige Schwester" sehen - hier sei eher KI das Problem, hier fehle es wohl auch an "emotionaler Glaubwürdigkeit", so Faßmann. Wissenschaftsministerin Holzleitner sprach von einer "Angst in dem Ungewissen", die es in diesem Bereich zu nehmen gelte.
Aus den USA nach Österreich?
Die erschwerten Rahmenbedingungen für die Forschung und Universitäten unter der Administration von US-Präsident Donald Trump hatten in diesem Jahr auch in Österreich zu verstärkten Anwerbungsinitiativen von in den USA tätigen Forschenden geführt, etwa über die befristete Möglichkeit für die Hochschulen, mehr Professorinnen und Professoren aus den USA ohne langwierige Ausschreibung aufnehmen zu können, sowie das neue ÖAW-Nachwuchsprogramm APART für Postdocs aus den USA. Über letzteres sollen 25 Forschende bis Sommer 2026 nach Österreich kommen.
Nach Initiativen, Forschende aus den USA an heimische Forschungseinrichtungen zu holen, befragt, stimmten 64 Prozent zu, dass sie es gut finden, "wenn es gelingt". 16 Prozent stimmten der Aussage zu: "Ich denke, wir brauchen die US-Wissenschafter:innen nicht, weil wir genug eigene fähige Leute haben". Fünf Prozent bejahten die mögliche Antwort: "Ich denke, wir brauchen die US-Wissenschafter:innen nicht, weil sich diese gar nicht an die Institutionen in Österreich anpassen können, sich nicht einfügen können". Der Rest hatte dazu keine Meinung.
Hohe Zustimmung für Freiheit der Wissenschaft
Heuer äußerten sich die Befragten auch zur "Wissenschaftsfreiheit": Diese erachten 83 Prozent als wesentlich. 77 Prozent stimmten eher und voll der Aussage zu, "Wissenschafter sollen auch zu gesellschaftlich umstrittenen Themen wie Klimawandel, Migration, Gentechnik, Genderfragen etc. forschen dürfen". Nur 55 Prozent glauben, dass Forschende diese Freiheit auch "sicher" oder "eher schon" haben. Freiheit gelte also als hohes Gut", so Faßmann.
"Von den Skeptischen vermuten 77 Prozent fehlende Mittel und 72 Prozent Verbote durch die Politik als Gründe dafür", wie es hieß. 78 Prozent der Befragten bejahten die Aussage, dass die Forschung staatlich unterstützt werden soll. Die Information der Öffentlichkeit über Forschungsarbeiten sehen 82 Prozent als wichtig an.
"Muss sich weiterentwickeln"
Laut EU-Erhebungen ist das Phänomen von Wissenschaftsdesinteresse und -skepsis in Österreich, aber etwa auch in Deutschland besonders stark ausgeprägt. Rückblickend habe man die damals erhobenen Werte wohl überinterpretiert, meint Faßmann. Diese Studien hätten auch tendenziell eher komplizierte Fragestellungen umfasst.
Die jetzigen Vertrauenswerte bildeten eine "sehr gute Basis", so Holzleitner, die sich auch über die "breite Unterstützung" für die USA-Initiativen freute. Aber man könne nicht dabei bleiben, sondern müsse sich weiterentwickeln. Holzleitner wie auch Faßmann bezogen sich dabei u.a. auf einen Ausbau von "Science for Policy" und damit mehr Politikberatung.