Außenminister Kurz (ÖVP):

Wir müssen ISIS-Drohung ernst nehmen

14.11.2015

Außenminister Sebastian Kurz warnt vor der Drohung der Torrormiliz.

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„Wir müssen die Drohungen ernst nehmen“, sagt VP-Außenminister Sebastian Kurz im ÖSTERREICH-Interview. Die Rede ist von einem Video und Internetbotschaften, in denen ISIS Österreich droht. Vergangene Woche wurde ein Video mit dem Austro-Jihadisten Mohamed M. – er ist mittlerweile ein Anführer der Terrormiliz in Syrien – neu ausgesendet, in dem er Jihadisten auffordert „alle Ungläubigen in Österreich zu töten“.

Der Chef des heimischen Verfassungsschutzes sagt zudem, „mit 250 bewaffneten Personen in Österreich, die sich zum Jihad bekennen“, bestehe ein „Restrisiko für Österreich“.

Sicherheitsvorkehrungen in Österreich verstärkt
Noch in der Nacht von Freitag auf Samstag wurden die ­Sicherheitsvorkehrungen in Österreich massiv verstärkt: Nach den grausamen Terroranschlägen in Paris kamen ­Cobra-Einheiten als auch Zivilbeamte in das Hotel Imperial, um den Syrien-Gipfel (siehe Story rechts) besser abzusichern.

Immerhin hatten ISIS-Barbaren Österreich explizit wegen des Syrien-Gipfels in Wien ins Visier genommen. Ein besonderes Risiko gehe vor allem von „Syrien-Heimkehrern“ aus. Insgesamt sind 70 Personen, die an der Seite von ISIS gekämpft hatten (siehe Politik-Insider nächste Seite) wieder in Österreich. Sie haben mittlerweile Kriegserfahrung und sind als besonders gefährlich einzustufen, so der heimische Geheimdienst.

Auch die US-Nachrichtendienste beobachten die Republik ganz genau: In Österreich seien „bis zu 1.000 Jihadisten“, die hier auch „bewusst neue Anhänger für ihren barbarischen Kampf in Syrien rekrutieren“ würden, sagt ein NSA-Mann ÖSTERREICH. SPÖ und ÖVP sind sich einig, die Sicherheitsvorkehrungen insgesamt zu erhöhen.

Minister Kurz im Interview

ÖSTERREICH: Der Syrien-Gipfel wurde von den Terrorattentaten in Paris überschattet. Bringt er noch was?

Sebastian Kurz: Natürlich wurde der Gipfel durch die grausamen Terroranschläge überschattet. Für alle Konferenzteilnehmer war das sehr prägend und emotional. Gleichzeitig bleibt es aber wichtig, den politischen Prozess und das Bemühen um einen Waffenstillstand weiterzubringen.

ÖSTERREICH: Präsident Hollande sagt, ISIS habe einen Kriegsakt gegen Frankreich verübt. Führt die Terrormiliz Krieg gegen Europa?

Kurz: Natürlich ist es ein Krieg gegen uns Europäer und unsere Grundwerte. Daher müssen wir umso entschlossener Krieg gegen den Terror führen.

ÖSTERREICH: Österreich kann keine militärische Rolle einnehmen, aber soll die EU die Militäroperationen gegen ISIS verstärken?

Kurz: Ich habe seit Längerem gefordert, dass neben der Hilfe für die Opfer des ISIS auch der militärische Kampf entschlossen geführt werden muss.

ÖSTERREICH: Die Terrorgruppe ISIS hat vergangene Woche erneut ein Video mit Drohbotschaften gegen Österreich gepostet. Nehmen Sie diese Drohungen ernst?

Kurz: Diese Drohungen gibt es. Und daher müssen wir sie auch ernst nehmen. Österreich ist keine Insel der Seligen. Wir sind von dem betroffen, was rund um uns geschieht. Daher war es auch richtig, die Sicherheitsvorkehrungen für den Syrien-Gipfel noch einmal massiv zu erhöhen.

ÖSTERREICH: Politiker reagieren sehr unterschiedlich auf Terrorattentate. Einige fordern mehr Freiheit und Ge­lassenheit, andere wollen die Kontrollen und den Staatsschutz verstärken. Welche Position nehmen Sie ein?

Kurz: Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Wir müssen unsere Grundwerte verteidigen. Es darf keinen Generalverdacht gegen gewisse Gruppen geben, aber gleichzeitig brauchen wir auch nötige Sicherheitsvorkehrungen. Die Attentate in Paris haben uns leider erneut vor Augen geführt, dass Sicherheit eben keine Selbstverständlichkeit ist.

ÖSTERREICH: ISIS droht Österreich in Internet-Postings auch wegen dem Syrien-Gipfel – konkret, weil Russland und Iran dabei sind.

Kurz: Davon dürfen wir uns nicht beirren lassen. Es kann nur eine Lösung mit allen Super- und Regionalmächten – also USA, Russland, Saudi-Arabien und Iran – geben. Bislang wurden Stellvertreterkriege geführt. Dass alle an einem Tisch sitzen und versuchen, gemeinsam eine politische Lösung zu finden, ist bereits ein Fortschritt. Es müssen alle im Kampf gegen den Terror an einem Strang ziehen. Das hat Paris erneut gezeigt.

Interview: Isabelle Daniel

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