Bundesliga im Corona-Chaos

Schwab: ''Sportminister ist gefordert, eine Lösung zu finden''

04.05.2020

Rapid-Kapitän Stefan Schwab spricht im ÖSTERREICH-Interview Klartext.

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© Getty Images; GEPA, TZOE/Moni Fellner
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Der 29-Jährige nimmt die Politik rund um Sportminister Werner Kogler in die Pflicht, fordert Lösungen für einen Neustart der Bundesliga. Schwab hat selbst eine Idee, wie die Saison beendet werden könnte: An zwei neutralen Orten, mit mehreren Wochen Quarantäne für die Spieler.

ÖSTERREICH: Stefan, seit zwei Wochen seid ihr zurück im Kleingruppentraining – wie viel Spaß machts?

Stefan Schwab: Grundsätzlich ist es natürlich sehr positiv, dass wir wieder am Platz stehen und was mit dem Ball machen können. Das Training ist perfekt organisiert, wenn auch etwas ungewohnt. Techniktraining, Athletik, Passspiel und Torabschluss stehen im Vordergrund, aber die Zweikämpfe gehen schon sehr ab. Die ersten zwei Wochen waren sehr positiv. Dass wir jetzt nochmal zumindest zwei Wochen in Kleingruppen trainieren müssen, ist mental ein bisschen ein Bruch.

ÖSTERREICH: Geht die Saison heuer noch weiter?

Schwab: So wie es jetzt ausschaut, sind wir weit entfernt vom Spielen. Man muss leider sagen: Diese außergewöhnliche Zeit braucht jetzt schon außergewöhnliche Lösungen. Die Liga ist gefordert, ein Konzept vorzulegen, dass die Politik akzeptiert. Aber eines muss man schon sagen: Ich verstehe nicht, wieso der Sport so hinten angestellt wird. Ab 15. Mai machen alle Gastronomen auf, ab 29. Mai die Schwimmbäder. Die Leute dürfen sich quasi wieder frei bewegen – die Ansteckungsgefahr ist in meinen Augen woanders sicher größer als beim Sport.

ÖSTERREICH: Heißt: Wenn die Politik nicht davon abrückt, bei einem positiven Fall die ganze Mannschaft in Quarantäne zu stecken, macht ein Neustart keinen Sinn?

Schwab: Leider nein. Es ist wahrscheinlich unmöglich, dass über 300 Spieler über zwei Monate lang nie einen positiven Test abgeben. Wenn man dann die ganze Mannschaft in Quarantäne stecken muss, kann der Spielbetrieb nicht normal weitergehen. Das würde im Chaos enden. Hoffentlich liegen bald andere Konzepte am Tisch, das Weiterspielen ist für fast alle  Vereine Überlebenswichtig.

ÖSTERREICH: Wie kann dieses Konzept ausschauen?

Schwab: Ich denke, man muss bei den Lösungen kreativ sein. Eine theoretische Möglichkeit wäre, die Saison an zwei neutralen Orten fertig zu spielen, beispielweise das obere Play-off in Wien und das untere in Klagenfurt, oder halt umgekehrt. Dann könnten wir Spieler drei Wochen in Quarantäne gehen und man spielt den Rest in einem Turniermodus. Es ist nur eine Idee. Lösungen müssen her, der Sportminister ist gefordert, ein wirtschaftliches Weiterbestehen der Vereine zu sichern.

ÖSTERREICH: Mehrere Wochen in Quarantäne, weg von der Familie: Wäre das für euch Spieler ok?

Schwab: Ich finde, wir Spieler müssen dem offen gegenüberstehen. Denn es geht nicht nur um unsere Zukunft, sondern da hängen hunderte Jobs in den Vereinen dran. Natürlich geht eine Quarantäne keine zwei Monate, aber drei Wochen sind vertretbar. Wir Spieler müssen auch aufwachen: Wenn abgebrochen wird, werden nicht viele denselben Vertrag wie heuer haben – das kann sich der Verein mit Sicherheit nicht mehr leisten.

ÖSTERREICH: Apropos Vertrag: Wie steht es um deine Zukunft?

Schwab: Im Moment ruhen die Gespräche. Es macht keinen Sinn über irgendwas zu reden, wenn keiner weiß, wie es weitergeht. Entscheidungen, die normal im Mai fallen, werden heuer wohl erst im August fallen. Kein Wunder: Der Verein hat derzeit ganz andere Sorgen als neue Verträge zu vergeben, es geht für fast alle Klubs um das Überleben.

ÖSTERREICH: Dein Vertrag läuft aber am 31. Mai aus …

Schwab: Deswegen ist es auch für mich persönlich wichtig, dass bald eine Entscheidung fällt, wie es weitergeht. Weil wenn gespielt wird, habe ich zumindest bis zum letzten Spiel einen Vertrag. Und dann wäre es auch leichter mit Rapid zu reden, weil sie eine Planungssicherheit haben. Wenn aber abgebrochen wird, ist das natürlich scheiße. Dann verliert der Verein viel Geld und ich muss abwarten, wie es dann weitergeht. Die Situation ist nicht leicht, aber ich werde nicht jammern. Es trifft viele Leute noch sehr, sehr viel schlimmer als mich. Ich bin fit und weiß, dass mich der Verein grundsätzlich halten will – das gibt mir ein gutes Gefühl.

ÖSTERREICH: Rapid liegt auf Rang 3, also auf Europacupkurs – wie positiv ist das, sollte doch abgebrochen werden?

Schwab: Die Platzierung ist schon positiv. Falls abgebrochen wird, hätten wir unser Saisonziel erreicht und wären wohl in der Europa League dabei, wie auch immer die in der neuen Saison stattfinden würde. Für den Verein ist das sportlich und wirtschaftlich viel wert.

ÖSTERREICH: Wie oft vermisst du es, im vollen Stadion aufzulaufen?

Schwab: Jedes Wochenende, ehrlich gesagt. Es schmerzt richtig, daheim zu sitzen und zu wissen, dass man eigentlich jetzt gegen LASK, Salzburg oder wen auch immer spielen sollte. Auch der Gedanke daran, dass es wenn nur mit Geisterspielen weitergeht, ist nicht schön. Fußball besteht aus Emotionen, die Fans sind dafür sehr wichtig. Ich hoffe, dass sie spätestens im September wieder ins Stadion gehen dürfen. Zumindest, dass jeder dritte Platz oder so besetzt wird, damit der Abstand eingehalten wird. Ohne Zuschauer geht es nicht, weil Fußball nicht nur Geld ist.

Interview: Philipp Scheichl


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