"Wir sind alle Koreaner"

Mexikaner feierten mit Korea-Botschafter

28.06.2018

Im Achtelfinale gegen Brasilien muss aber dringend Steigerung her.

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Daheim in Mexiko-Stadt zogen die Fans spontan zur südkoreanischen Botschaft. "Koreaner, Bruder, du bist schon Mexikaner", skandierten die Anhänger, trugen Botschafter Kim Sang-il auf den Schultern und steckten den Generalkonsul in ein mexikanisches Trikot. Die Mittelamerikaner wussten, wem sie den Achtelfinal-Einzug bei der Fußball-WM in Russland zu verdanken hatten.

"Koreanische Helden bescheren Mexiko die Qualifikation", schrieb die Zeitung "El Universal" nach dem unerwarteten Coup der Asiaten gegen Weltmeister Deutschland (2:0), der Mexiko trotz eines 0:3 gegen Schweden doch noch das siebente WM-Achtelfinale in Serie bescherte. Dort wartet am Montag (16.00 Uhr im oe24-LIVE-Ticker) in Samara niemand Geringerer als Topfavorit Brasilien.

Gegen den Rekordweltmeister muss eine gehörige Steigerung her, wollen die Mexikaner ihren Achtelfinal-Fluch hinter sich lassen. Sechsmal in Folge waren sie zuletzt in der ersten K.-o.-Runde gescheitert. Auf ein Viertelfinale warten sie seit der Heim-WM 1986 vergeblich. Nun geht es ausgerechnet gegen Brasilien. "Eine historische Rivalität", wie die mexikanische Zeitung "Milenio" befand.

Den größten Erfolg der jüngeren Vergangenheit gab es im August 2012: Damals setzte sich Mexiko im Olympia-Finale in London mit 2:1 gegen die Brasilianer durch. Auf dem Rasen in Wembley weinte der junge Neymar, auch seine aktuellen Teamkollegen Thiago Silva, Marcelo und Danilo zählten zu den Verlierern. Im mexikanischen Team stehen sieben Kicker aus der Olympiasieger-Mannschaft von 2012.

Mexiko nach "Lehrstunde" bereit für Brasilien

Um von einem neuerlichen Coup gegen die Brasilianer träumen zu dürfen, müssen die Mexikaner ganz anders auftreten als gegen die Schweden. Teamchef Juan Carlos Osorio sprach nach dem 0:3 in Jekaterinburg von einer "Lehrstunde". Mit der defensiven Kompaktheit, den hohen Bällen und dem körperlich robusten Spiel der Schweden kam sein Team überhaupt nicht zurecht.

Gegen die Brasilianer könnten sich aber möglicherweise mehr Räume für Gegenstöße ergeben. "Unser nächster Gegner wird anders sein", meinte Osorio. Der Kolumbianer nahm es auf seine Kappe, seine Formation nicht dem Spiel der Schweden angepasst zu haben, so wie er das üblicherweise tut. In seinem 50. Länderspiel setzte er erstmals auf eine unveränderte Startaufstellung. "Es war mein Fehler, ich war ein Purist."

Im Achtelfinale ist er zu Umstellungen gezwungen, fehlt doch Innenverteidiger Hector Moreno gesperrt. Auf der WM-Bühne kreuzten sich die Wege mit den Brasilianern bisher viermal. Mexiko gelang dabei kein Sieg und nicht einmal ein Tor. Vorerst sind die Mexikaner aber froh, es überhaupt so weit geschafft zu haben. "Heute sind wir alle Koreaner", sagte Osorio. Und auch Jungstar Hirving Lozano wusste: "Die Koreaner haben uns gerettet."

Südkorea reichte auch das Husarenstück gegen den Weltmeister nicht zum Aufstieg. Die Asiaten traten dennoch mit Stolz die Heimreise an. "Es ist ein großer Sieg für uns", betonte Topstar Son Heung-min. "Natürlich ist es enttäuschend, weil wir ausgeschieden sind. Aber wir können stolz sein. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste WM."

Bis dahin müsste Südkoreas Nationalheld in der Heimat zwei Jahre Militärdienst absolviert haben - in einem Land, das sich formell immer noch in Kriegszustand mit dem Nachbarn Nordkorea befindet. Ob der 25-Jährige vom englischen Topclub Tottenham tatsächlich einrücken muss, ist Gegenstand wilder Spekulationen. Für Son könnte es - wie für die WM-Vierten von 2002 - eine Ausnahmeregelung geben.

Teamchef Shin Tae-yong blickt positiv in die Zukunft. "Wir haben Deutschland geschlagen, die Nummer eins der Welt. Das gibt uns Hoffnung", erklärte der 49-Jährige. "Sie sind der amtierende Weltmeister. Sie haben sicher gedacht, dass sie uns leicht schlagen können." Am Ende jubelten in Kasan aber die Südkoreaner in der Nachspielzeit zweimal ausgelassen. Es waren ihre ersten drei Punkte im Turnier.

Die koreanischen Spieler erfuhren zudem erst nach Schlusspfiff vom Ausgang des Parallelspiels, der ihr Aus bedeutete. Viele gingen in Tränen auf. "Ich denke, wir werden diese Erfahrung als Grundlage für Verbesserungen in der Zukunft nutzen können", meinte Shin. Seine Akteure durften sich mit dem Wissen trösten, vielen Landsleuten einen unvergesslichen Tag beschert zu haben - nicht nur jenen in Mexiko.

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