WM-Leader

Vettel siegt im Malaysia-GP

24.03.2013

Mitreißendes Rennen und viel böses Blut in Sepang.

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© apa
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Mit einem umstrittenen Sieg in Malaysia hat sich Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel in einem mitreißenden Rennen mit skurrilen Boxengassen-Szenen seinen ersten Saisonsieg und auch die WM-Führung geholt. Der deutsche Red-Bull-Pilot gewann am Sonntag in Sepang 4,2 Sekunden vor seinem Teamkollegen Mark Webber, nachdem er im Finish ein "Überholverbot" ignoriert hatte. Weil sich bei Mercedes Nico Rosberg sehr wohl an die interne Teamorder hielt, kam Lewis Hamilton als Dritter zu seinem 50. Podestplatz, seinem ersten für die Silberpfeile.

Der 27. Grand-Prix-Sieg Vettels, mit dem er zu Jackie Stewart aufschloss, wird als wenig ruhmreicher in die Statistik des Deutschen eingehen. Zwar kämpfte der aus der "Pole" gestartete Dreifach-Champion Webber zehn Runden vor Schluss mit einem mitreißenden und über mehrere Kurven gehenden Manöver nieder, doch diese Aktion inklusive Berührung beider Red-Bull-Autos hätte es gemäß der entsetzten Teamführung gar nicht geben dürfen.

Denn Red Bull hatte wie angekündigt auf eine reifenschonende Strategie gesetzt. Trotzdem machte Vettel viel Druck, nachdem er durch einen sensationell kurzen Stopp Webbers seine Führung an den Australier verloren hatte. "Räumt ihn mir aus dem Weg", tönte der Weltmeister einmal am Funk. Das österreichische Team wollte aber den Doppelsieg Webber vor Vettel sichern und schickte deshalb nach dem vierten und letzten Stopp einen "Waffenstillstand" bedeutenden Code ins Cockpit beider Fahrer.

Red-Bull-Doppelsieg mit viel Gesprächsstoff
Vettel "überhörte" dies aber, obwohl ihn Teamchef Christian Horner aufgefordert hatte "nicht dumm" zu sein. "Sebastian hat beschlossen, die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen. Das hätte nicht passieren dürfen", sagte Horner und machte klar, dass der Vorfall Folgen haben kann. "Er hat ganz klar eine Anordnung nicht befolgt. Das gehört teamintern besprochen."

Das zweite Saisonrennen begann wegen Regens auf nasser Piste und wurde bei nur 24 Grad Lufttemperatur nicht zur erwarten Hitzeschlacht. Zudem durften alle Fahrer auf Intermediates loslegen, was vor allem den unter den anfälligen Trockenreifen leidenden RB9-Boliden von Vettel und Webber entgegenkam.

Starkes Mercedes-Team
Zudem nahm sich Ferrari-Star Fernando Alonso mit einem an Vettels Heck kaputtgefahrenen Frontflügel schon nach einer Runde selbst aus dem Rennen. Australien-Sieger Kimi Räikkönen hatte zahlreiche Probleme und kam diesmal mit dem Lotus über Platz sieben nicht hinaus.

Doch all das geriet zur Nebensache angesichts dessen, was sich im letzten Teil des Rennens abspielte. Die beiden Red-Bull-Autos lagen auf längst trockener Strecke vor den beiden starken Mercedes, Felipe Massa im zweiten Ferrari bereits klar zurück.

Zunächst wurde auf der Mercedes-Kommandobrücke wegen Benzinmangels der Kampf zwischen Hamilton und Nico Rosberg um Platz drei durch eine Teamorder beendet, als gerade Hamilton vor Rosberg lag. Der an sich schnellere Deutsche fügte sich zwar, war aber nach dem Rennen ebenfalls stinksauer.

Hamilton Dritter
Selbst Aufsichtsrat Niki Lauda und Motorsportchef Toto Wolff hatten dazu unterschiedliche Meinungen. "Ich hätte sie fahren lassen, natürlich mit Hirn", sagte Lauda. "Wäre etwas passiert, wären wir die depperten gewesen", konterte Wolff.

So wurde Hamilton Dritter, obwohl er bei einem Stopp aus alter Gewohnheit und unter den erstaunten Blicken seiner Freundin Nicole Scherzinger die McLaren-Box angesteuert hatte. Später gab Hamilton unumwunden zu: "Nico hätte Platz drei verdient, er ist schlauer gefahren als ich."

Während man sich bei Mercedes aber trotzdem über die starke Vorstellung mit den Plätzen drei und vier freute, stieg bei Red Bull mächtig Rauch auf. Nach dem Rennen würdigten sich Vettel und "Oldboy" Webber, dessen Vertrag am Jahresende ausläuft, keines Blickes.

Rechtfertigung
Vettel führte anfänglich als Rechtfertigung an, sein Fehlverhalten zunächst nicht bemerkt zu haben. Später gab er aber zu, "Mist gebaut" zu haben. "Ich habe mich über eine Teamorder gestellt, das war dumm. Ich hätte in diesen zwei Runden die Reifen ruinieren können, es gibt keine Entschuldigung dafür", sagte der Deutsche und gestand: "Ich habe einen Fehler gemacht und bin nicht stolz darauf."

Vettel kämpft 2013 um seinen vierten WM-Titel in Folge und letztlich stand er in Malaysia als Sieger und mit nun 40 Punkten auch als WM-Führender vor Räikkönen (31) da. "Es tut mir nicht leid, dass ich gewonnen habe", sagte der 25-Jährige deshalb auch trotzig. "Aber Mark ist auch ein starkes Rennen gefahren. Er hätte gewinnen sollen."

Vettel: "Werde heute nicht gut einschlafen"
Sebastian Vettel wollte sich umgehend beim Red-Bull-Team sowie seinem Teamkollegen Mark Webber für die Vorfälle in Malaysia entschuldigen. "Ich habe mich über eine Team-Entscheidung gestellt, und es tut mir leid", sagte der Rennfahrer und gestand: "Ich würde gerne mit einer netten Entschuldigung daherkommen, kann es aber nicht. Ich werde heute nicht leicht einschlafen. Erst nach einer richtigen Entschuldigung bei Mark und dem Team."

Zumindest verbal agierte Vettel damit anders als sein Landsmann und Rekordweltmeister Michael Schumacher, der auch nach seinen "schmutzigen" Siegen selten Reue gezeigt hatte. Auf die sofort angestellten Vergleiche und den Hinweis, dass ein Sieg am Ende ein Sieg sei, wollte Vettel nicht eingehen.

"Die Hauptlehrstunde heute war, das ich es besser hätte wissen müssen", meinte der Dreifach-Champion. "Als ich den Helm abgezogen hatte und gesehen habe, dass Mark nicht so glücklich war ..., schlug es ein wie ein Blitz. Das ist jetzt mit Sicherheit keine schöne Situation, obwohl wir uns eigentlich über viel freuen können."

Die Freude hielt sich zumindest nach Außen in Grenzen. "In mir sieht es nicht gut aus", betonte Vettel. "Das ist eben so manchmal im Leben. Wenn man die Chance hätte, etwas anders zu machen, würde man es anders machen. Aber es gibt für so etwas keinen Rückspulknopf."

Vettel wiederholte mehrmals, dass es ein Fehler gewesen sei, den Nichtangriffsbefehl auf Webber zu ignorieren. "Ich verstehe daher seine Frustration. Aber wäre mir die Situation bewusst gewesen, hätte ich nicht so attackiert und wäre nicht das Risiko eingegangen, unser beider Rennen zu ruinieren", gab sich der 25-jährige Deutsche selbstkritisch.

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