Herminator protestiert

Aufstand gegen Putin-Spiele

15.01.2014

22 Tage vor Olympia hat die 
Politik den Sport erreicht.

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© AFP/Getty Images getty
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Knalleffekt kurz vor Olympia. In 22 Tagen feiert Russland die größte und wohl spektakulärste Sport-Party – und eröffnet die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Doch das teuerste Sportevent aller Zeiten (37,5 Milliarden Euro) kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen. Nun haben sowohl die Kritik an Wladimir Putins Repressionen – vor allem die Behandlung Homosexueller – als auch massive Sicherheitsbedenken sogar Österreichs Ski-Stars auf den Plan gerufen: Hermann Maier und Marcel Hirscher.

Maier: Schwul ist normal. Der Herminator spricht ganz offen aus, was er von Putins Homosexuellen-Politik hält: „Wir leben in einer Zeit, wo das als normal angesehen werden sollte.“ Maiers harte Konsequenz: „Ich werde nicht nach Sotschi fahren.“

37.000 Soldaten sollen Sotschi nun sicher machen
Sicherheit. Und auch Ski-Star Marcel Hirscher spricht in ÖSTERREICH Klartext: „Eigentlich sollte man als Sportler mit Freude zu Olympia fahren, dass es besser nicht geht. Aber auch ich mache mir Gedanken – und das alleine ist schon traurig.“ So­t­schi ist bereits jetzt eine Festung, 37.000 Soldaten sollen für reibungslose Spiele sorgen, doch die Horrormeldungen reißen nicht ab. Nach 34 Toten und 72 Verletzten der zwei Dezember-Attentate in Wolgograd erschütterte erst letzte Woche die Meldung von sechs Mordopfern, die nur 270 Kilometer vor Sotschi gefunden wurden. Politisch heikel nicht nur für Putin – auch die österreichische Spitzenpolitik gerät immer mehr unter Druck (siehe unten).

Salzburg. Kritisiert wird auch das Vergabeverfahren des Internationalen Olympischen Komitees IOC. Sotschi gewann 2007 gegen Salzburg und Pyeongchang – von Korruption ist nun die Rede. Traurig dabei: Das alles passiert auf dem Rücken unserer Sportler.

Druck auf Faymann wächst: Kanzler soll Putin nicht "hofieren"

Erst war nur Sportminister Gerald Klug (SPÖ) als Repräsentant aus Österreich geplant, kürzlich entschied sich auch Bundeskanzler Werner Faymann für einen Besuch bei Olympia, aus „Respekt vor den Athleten“, wie es hieß. Jetzt hat auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache demonstrativ angekündigt, nach Sotschi zu fliegen. „Weil ein Boykott unsinnig ist“, argumentierte er in ÖSTERREICH.

Auslöser für die zaghaften Reise-Planungen der Politik ist Putins Gesetz gegen Homosexuelle, das einen internationalen Aufschrei nach sich zog. Für Grünen-Chefin Eva Glawischnig ein klarer Boykott-Grund: „Sie sollen alle hierbleiben, man darf Putin nicht hofieren, wenn er die Menschenrechte mit Füßen tritt.“

Maier: "Bin einfach nicht einverstanden"

Hermann Maier über das 
Homosexuellen-Gesetz: Mit dem Homosexuellen-Gesetz bin ich einfach nicht einverstanden und auch nicht, wie das Ganze da stattfindet. Dieses Denken ist einfach nicht mehr angebracht. In Wahrheit leben wir in einer Zeit, in der das als normal angesehen werden sollte.

Über seinen Sotschi-Besuch: Ich werde Sotschi keinen Besuch abstatten, ich werde mich da an sehr viele Nationen halten. Es gibt hier politisch einiges zu überdenken.

Über Olympia-Chancen: Bei den Herren überstrahlt Marcel Hirscher alles, er überdeckt viel. Im Riesentorlauf gibt es noch gewisse Probleme, im Slalom ist das Team auch schon in die Jahre gekommen, beim Speed-Team schaut es nicht so schlecht aus.

Hirscher: "Denke nach, ob Familie mitfliegen soll"

HIrscher über die politische Situation: Also ich bin sehr froh darüber, dass wir in einem Land leben, wo jeder seine Meinung sagen darf und leben kann, wie er gerne möchte.

Über Angst vor Olympia: Eigentlich sollte man als Sportler mit einer Freude zu Olympia fahren, dass es besser nicht geht. Aber auch ich mache mir Gedanken. Allein, dass ich mir Gedanken mache, ist traurig.

Über seine Sicherheit: 37.000 Soldaten stehen bereit – das Olympia-Dorf ist wahrscheinlich der sicherste Platz der Welt. Wir denken darüber nach, ob Freunde und Familie mitfliegen sollen. Das sollte bei einem Fest wie Olympia selbstverständlich sein.

Über Olympia-Boykott: Das ist ein schlechter Witz und Wahnsinn. Es ist fast schon so, dass wir Sportler uns rechtfertigen müssen, dass wir überhaupt hinfahren.

Über Vergaben & Medien: Die Aufregung der Medien finde ich etwas heuchlerisch. Wo waren die Medien in der Bewerbungsphase? Da hätte man aufzeigen können, welche Länder menschenrechtliche Defizite aufweisen. Heute den Ball an die Sportler weiterzuspielen, ist entbehrlich.

Über sein Ziel: Mein Job ist es, bei den Olympischen Spielen möglichst schnell Ski zu fahren.

Größtes Olympia-Team hofft auf Rekord

Mit dem größten Team aller Zeiten jagt Österreich in Sotschi einen Medaillen-Rekord: In Turin 2006 ging sich 23-mal Edelmetall für Rot-Weiß-Rot aus (9 x Gold/7 x Silber/ 7 x Bronze). Diesmal ist noch mehr möglich. Denn: Ski-Superstar Marcel Hirscher kann im RTL und im Slalom nur ein Ausfall vom Medaillengewinn abhalten. Sein Damen-Pendant: Anna Fenninger – gleich in vier Alpindisziplinen. Dazu gehören unsere Rodel-Doppel-Titelverteidiger Linger/Linger, die Adler Schlierenzauer und Diethart, Snowboarder, Ski-Crosser und Biathleten zu den Top-Favoriten.

Barbara Haas

 

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