Milch ohne Mutter – was bedeutet das für Kälber?
13.10.2025Sie werden kaum ein paar Stunden alt, da sind sie schon getrennt: Kuh und Kalb. Was in der industriellen Milchproduktion Alltag ist, bleibt für viele Tiere ein traumatisches Erlebnis.
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Die Milch, die eigentlich für das Neugeborene gedacht ist, fließt stattdessen in den Tank – für Käse, Joghurt und Latte Macchiato.
Kühe und ihre Kälber reagieren auf die Trennung mit Stress, Rufen und Unruhe. Studien zeigen, dass Mutterkühe tagelang nach ihren Jungen suchen, während die Kälber selbst versuchen, den Kontakt wiederzufinden. „Diese Trennung widerspricht ihrem natürlichen Verhalten zutiefst“, betonen Tieretholog:innen.
In Österreich leben rund eine halbe Million Milchkühe, die jährlich ein Kalb zur Welt bringen müssen, damit die Milchproduktion weiterläuft. Die männlichen Kälber, die keine Milch liefern, werden häufig nach wenigen Wochen verkauft oder exportiert – viele landen im Ausland in der Kälbermast.
Auch Landwirt:innen selbst geraten zunehmend in die Zwickmühle: Sie stehen zwischen wirtschaftlichem Druck, niedrigen Milchpreisen und wachsendem ethischem Bewusstsein in der Gesellschaft.
Tierfreundliche Alternativen in der Landwirtschaft
Einige Betriebe gehen neue Wege – und zeigen, dass es auch anders geht. Bei der muttergebundenen Kälberaufzucht bleibt das Kalb mehrere Wochen oder Monate bei der Mutter. Es darf an ihr trinken, während ein Teil der Milch weiterverkauft wird. Das stärkt Bindung, Gesundheit und Immunsystem des Kalbes. Die Kühe sind ruhiger, die Kälber widerstandsfähiger – und der Milchpreis spiegelt erstmals den wahren Aufwand wider.
Ein verwandtes Modell ist die ammengebundene Aufzucht, bei der mehrere Kälber von einer „Ammenkuh“ gesäugt werden, während deren eigene Milchproduktion für den Markt genutzt wird. Beide Systeme fördern das Wohl der Tiere – und werden inzwischen auch in Österreich in kleinen, oft biologisch wirtschaftenden Betrieben praktiziert.
Pflanzliche Alternativen – Milch ohne Tierleid
Immer mehr Menschen greifen zu pflanzlichen Milchalternativen – etwa aus Hafer, Soja, Mandel, Erbse oder Reis. Sie sind cholesterinfrei, oft regional produziert und verursachen deutlich weniger CO₂-Emissionen als Kuhmilch.
Laut aktuellen Marktstudien steigt der Absatz von Pflanzenmilch in Österreich jedes Jahr zweistellig. Besonders Hafermilch aus heimischer Produktion gilt als nachhaltige Option: Sie braucht wenig Wasser, wächst regional und passt geschmacklich gut in den Alltag.
Auch innovative Unternehmen forschen an zellkulturbasierter Milch, die echte Milcheiweiße enthält, aber ohne Tiere hergestellt wird. Noch ist diese „Cultivated Dairy“ in der EU nicht zugelassen, doch sie könnte langfristig helfen, Tierleid und Umweltbelastung zu reduzieren.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 12.10.2025, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 19.10.2025, 18:30 Uhr
Jede Kaufentscheidung hat Folgen. Wer Milchprodukte konsumiert, kann bewusst auf Bio-Siegel, Tierwohl-Labels oder Produkte aus muttergebundener Aufzucht achten. Noch transparenter ist der direkte Einkauf bei bäuerlichen Betrieben, die offen mit ihren Haltungsbedingungen umgehen.
Wer dagegen ganz auf pflanzliche Alternativen setzt, trägt aktiv zur Reduktion von Tierleid und Klimabelastung bei. Denn: Jede Packung Pflanzenmilch ersetzt nicht nur einen Liter Kuhmilch – sie erspart einer Kuh die Trennung von ihrem Kalb.
Die Trennung von Kuh und Kalb ist ein stilles Kapitel der Milchwirtschaft, das selten erzählt wird. Doch immer mehr Menschen beginnen hinzusehen – und umzudenken.
Ob durch bewussteren Konsum, pflanzliche Alternativen oder tierfreundlichere Haltungsformen: Die Zukunft der Milch könnte eine werden, in der Mutter und Kalb nicht länger getrennt werden müssen.
Denn echte Fürsorge beginnt dort, wo wir bereit sind, hinzuhören – und Verantwortung zu übernehmen.