„Spiridon II“: 48 tote Rinder – 3000 Tiere warten auf Rettung
17.11.2025Vor der türkischen Küste spielt sich derzeit eine Tragödie ab, die erneut zeigt, wie dramatisch die Situation bei Tiertransporten über lange Distanzen werden kann.
This browser does not support the video element.
Seit dem 22. Oktober liegt das Tiertransportschiff „Spiridon II“ mit 2.901 Rindern aus Uruguay an Bord vor dem Hafen von Band Irma vor Anker – und darf nicht anlegen.
Die türkischen Behörden haben die Entladung der Tiere untersagt, weil es Unregelmäßigkeiten in den Ohrmarkendokumenten gibt.
Was nach Bürokratie klingt, hat dramatische Folgen: Mindestens 48 Rinder sind bereits gestorben, und auch für die überlebenden Tiere wird die Lage von Tag zu Tag kritischer.
Nach mehr als 40 Tagen auf See gehen Futter, Wasser und Einstreu zur Neige. Die Tiere stehen dicht gedrängt in den Laderäumen, ohne frische Luft, ohne Bewegung, geschwächt von der wochenlangen Überfahrt über den Atlantik.
Die Animal Welfare Foundation (AWF) spricht von einer humanitären und tierschutzrechtlichen Katastrophe. Gemeinsam mit Animal Advocacy and Food Transition, Animals International und der australischen Tierärztin Dr. Lynn Simpson appelliert die Organisation an die türkischen Behörden, die sofortige Entladung der überlebenden Tiere zu erlauben – und an die EU-Kommission, sich aktiv einzuschalten.
Dr. Lynn Simpson weiß, wovon sie spricht. Sie war selbst auf über 50 Transporten als Schiffs-Tierärztin im Einsatz und kennt die Zustände an Bord.
„Nach so langer Zeit sind Futter, Wasser und Einstreu wahrscheinlich vollständig aufgebraucht“, sagt sie. „Die Tiere sind geschwächt, dehydriert und gestresst. Jede weitere Stunde, die sie an Bord bleiben, bedeutet extremes Leid.“
Auch Dr. Maria Boada Saña von der AWF warnt eindringlich: „Wir wissen aus Erfahrung, dass Tiere auf solchen Transporten enorme Qualen durchstehen – Hitze, Enge, Ammoniakgeruch, Verletzungen. Nach über einem Monat auf See ist ihr Zustand kritisch. Das Schiff muss entladen werden – sofort.“
Die AWF und ihre Partner haben sich in einem offenen Brief an die türkischen Behörden und die EU gewandt. Sie fordern ein schnelles Eingreifen, um weiteres Sterben zu verhindern.
Die „Spiridon II“ ist kein unbekanntes Schiff. Es verkehrt regelmäßig zwischen Südamerika und dem Nahen Osten – und steht schon länger in der Kritik. Nach Angaben der Organisationen soll der Frachter nicht mehr berechtigt sein, Tiere in europäischen Häfen zu laden.
Aufnahmen früherer Transporte zeigen enge Decks, erschöpfte Tiere, unzureichende Belüftung.
Dass die EU nach wie vor den Export lebender Tiere in weit entfernte Drittländer zulässt, sorgt bei Tierschützerinnen und Tierschützern immer wieder für Empörung. Denn mit der Verschiffung endet oft jede Kontrolle über die Haltungs- und Schlachtbedingungen der Tiere.
Die „Spiridon II“ ist derzeit ein Symbol für all das, was in diesem System schiefläuft: Bürokratie, mangelnde Verantwortung, Leid auf hoher See.
Während die Behörden noch prüfen, kämpfen an Bord Tausende Tiere ums Überleben.
„Das alles passiert, weil Tiere immer noch wie Ware behandelt werden“, so die AWF. „Jedes tote Rind auf der Spiridon II ist ein Beweis dafür, dass diese Transporte ein Ende haben müssen.“
Wie lange die Tiere noch auf dem Schiff ausharren müssen, ist unklar. Fest steht: Ohne rasches Handeln droht aus einem Skandal eine Katastrophe zu werden.