Streit um Vollspaltenböden: Haltung weiter in Kritik
17.11.2025Die Diskussion um die Zukunft der Schweinehaltung in Österreich flammt erneut auf.
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Anlass ist ein Protest des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) vor dem Bundeskanzleramt, bei dem Aktivistinnen und Aktivisten auf die aus ihrer Sicht unzureichenden Reformen beim Vollspaltenboden aufmerksam machten.
Hintergrund ist die seit Jahren laufende Debatte um eine der umstrittensten Haltungsformen in der Schweineproduktion: den Vollspaltenboden – ein Betonboden, der vollständig von Spalten durchzogen ist, durch die Kot und Harn abfließen. Der Boden lässt sich zwar leicht reinigen, gilt aus Tierschutzsicht jedoch als problematisch. Tiere haben keinen weichen Liegebereich, keine Einstreu und kaum Beschäftigungsmöglichkeiten.
Bereits 2020 hatte der Tierschutzrat, ein beratendes Gremium des Bundes, die Vollspaltenhaltung als tierschutzwidrig bezeichnet und ein schrittweises Verbot für Schweine und Rinder empfohlen. Umgesetzt wurde diese Empfehlung bislang nicht.
Laut Regierungsangaben soll die Haltung auf Vollspaltenböden bis 2034 beziehungsweise 2038 schrittweise auslaufen.
Organisationen wie der VGT kritisieren jedoch, dass es sich dabei nicht um ein echtes Verbot handle. Ihrer Ansicht nach bleiben Vollspaltenböden auch nach Ablauf der Fristen als Mindeststandard erlaubt.
VGT-Obmann Martin Balluch fordert daher eine klare gesetzliche Regelung und ehrliche Information gegenüber der Öffentlichkeit. „Wenn Schweine weiterhin auf Beton-Vollspalten ohne Stroheinstreu gehalten werden, dann braucht es zumindest die Ehrlichkeit, das auch so zu sagen“, so Balluch.
Nach Ansicht vieler Fachleute bedeutet die Haltung auf Vollspaltenböden für die Tiere eine dauerhafte Belastung: harte Untergründe, fehlende Beschäftigung, hohe Ammoniakwerte und eingeschränktes Sozialverhalten. Besonders kritisiert wird, dass Schweine in dieser Umgebung ihre natürlichen Verhaltensweisen – wie Wühlen, Nestbau oder Ruhen auf weichem Untergrund – nicht ausleben können.
Tierschutzorganisationen fordern daher nicht nur strengere Vorgaben, sondern auch finanzielle Unterstützung für Betriebe, die auf tierfreundlichere Haltungssysteme mit Stroh und strukturierter Fläche umsteigen wollen.
„Es braucht realistische Übergangsfristen, aber auch den politischen Willen, den Wandel wirklich einzuleiten“, heißt es aus Tierschutzkreisen.
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In der Politik wird indes betont, man habe sich auf einen langfristigen Kompromiss geeinigt, der sowohl Tierwohl als auch wirtschaftliche Machbarkeit berücksichtige. Kritikerinnen und Kritiker sehen darin jedoch eine Verschleppung des Problems – und fordern eine offene Diskussion darüber, wie moderne Tierhaltung in Österreich künftig aussehen soll.
Der Protest am Mittwoch vor dem Ministerrat soll laut VGT daran erinnern, dass die Bevölkerung mehrheitlich ein Ende der Vollspaltenböden unterstützt. Es geht nicht nur um einen technischen Standard, sondern um die grundsätzliche Frage, wie viel Platz, Bewegung und Lebensqualität Nutztieren zustehen soll.