Ausschreitungen

Ägypten: Neue Gewaltwelle in Kairo

02.05.2012

Angreifer attackierten Demonstranten vor dem Verteidigungsministerium.

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© Reuters
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Drei Wochen vor der Präsidentenwahl in Ägypten sind bei Auseinandersetzungen in Kairo mindestens neun Menschen getötet und 50 weitere verletzt worden. Die Armee ordnete am Mittwoch einen Militäreinsatz an, mit dem die Gewalttätigkeiten in unmittelbarer Nähe des Sitzes des Verteidigungsministeriums beendet werden sollten. Zu den Opfern der Gewaltwelle zählten zahlreiche Anhänger des Salafisten Hazem Salah Abu Ismail, der auf Beschluss der Wahlkommission von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen wurde.

Zur Beendigung der Gewalt im Stadtteil Abbassiya seien Armeeeinheiten abkommandiert worden, sagte ein Militärsprecher in Kairo. Die behandelnden Ärzte sprachen am Nachmittag von neun Toten und 50 Verletzten, das Gesundheitsministerium gab die Zahl der Getöteten zu diesem Zeitpunkt mit sechs an.

Die Urheber der Gewalt konnten zunächst nicht ermittelt werden. Die Anhänger Abu Ismails demonstrierten schon seit Tagen im Zentrum von Kairo für einen Machtverzicht des Militärrats unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, der seit dem Sturz des langjährigen Staatschefs Hosni Mubarak im Februar 2011 die Geschicke des Landes lenkt. Wiederholt gab es Hinweise, dass das Militär selbst Schlägertrupps auf Demonstranten ansetzte. Anhänger beider Seiten warfen bei den Zusammenstößen am Mittwoch Molotowcocktails und Steine.

Der Militärrat hat zugesagt, nach der Wahl eines neuen Präsidenten im Mai die Macht an eine zivile Regierung abzugeben. Die Lage ist jedoch angespannt, seitdem zehn der ursprünglich 23 Kandidaten aus den unterschiedlichsten Gründen von der Wahl am 23. und 24. Mai ausgeschlossen wurden. Zu ihnen zählt auch der Salafist Abu Ismail. Er wurde ausgeschlossen, weil seine verstorbene Mutter die US-Staatsbürgerschaft angenommen haben soll. Kandidaten, ihre Partner und Eltern müssen die ägyptische Staatsbürgerschaft besitzen, um zur Wahl zugelassen zu werden.

Wegen der Gewalttätigkeiten kündigten zwei Präsidentschaftskandidaten - der Muslimbruder Mohammed Mursi und der islamische Fundamentalist Abdel Moneim Abul Futuh - eine Unterbrechung ihres Wahlkampfes an. Mursi erklärte, er werde "aus Solidarität mit den Demonstranten" 48 Stunden den Wahlkampf ruhen lassen, Abul Futuh begrenzte die Unterbrechung auf einen Tag. Der Wahlkampf begann offiziell am Montag. Die Stichwahl findet am 16. und 17. Juni statt.
 

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