Militär prügelt Demokratie tot

Agypten: 
Militär schießt in Menge

03.02.2012

Militär nützt die 
Fußball-Unruhen, um 
Demokratie wieder im Keim zu ersticken.

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© AP
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Die Lage in der Hauptstadt Ägyptens eskaliert weiter. Schon in den frühen Morgenstunden kam es am Freitag vor dem Innenministerium in Kairo zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Laut Al-Arabiya wurde dabei ein Mann von einem Gummigeschoss getötet.

Der ägyptische Fußball-Krieg hat auf das ganze Land übergegriffen. Nach der Blutnacht im Stadion von Port Said mit 74 Toten gab es in der Nacht auf Freitag in allen größeren Städten heftige Unruhen. In Suez starben zwei Demonstranten durch Polizeikugeln, in Kairo wurden über 900 Zivilisten verletzt. Die in Port Said so zurückhaltende Polizei ging mit unglaublicher Brutalität vor, prügelte den Protest mit Schlagstöcken nieder, setzte Tränengas und scharfe Munition ein.

Neue Diktatur
Das zarte Pflänzchen der Demokratie, auf das viele Ägypter nach den ersten freien Wahlen gehofft hatten, ist zertreten. Keiner zweifelt daran, dass die Militärjunta unter dem verhassten General Mohammed Tantawi (77) die Unruhen nutzen und die Diktatur wiedererrichten wird. Und viele, auch die seit den Wahlen im machtlosen Parlament führenden Muslim-Brüder, glauben, dass das Heer hinter dem Ausbruch der Gewalt steckt.

Inszeniert
Die Sicherheitskräfte waren völlig untätig geblieben, als es nach dem Match zwischen dem Heimteam Al-Masri und dem Rekordmeister aus Kairo, Al-Ahly, zu den blutigen Tumulten gekommen war. Dass die Katastrophe inszeniert gewesen sein könnte, bestätigt auch Tom Kaczmarek, der Co-Trainer des ägyptischen Nationalteams. Er sei dem Blutbad nur knapp entgangen und sagt: „Ich war nicht im Stadion, weil wir vorher gewarnt wurden.“

Revolutions-Fans
Die Anhänger von Al-Ahly, zuletzt sieben Meistertitel in Folge, zählten bekanntlich zum harten Kern der Revolution vom Tahrir-Platz, die vor einem Jahr zum Sturz der Diktatur Hosni Mubaraks führte. Nun sind sie wieder auf der Straße. An ihrer Seite die Fans des Stadtrivalen Zamalek. Die Anhänger der beiden Vereine sind im Stadion so verfeindet wie in Wien Rapid und Austria. Jetzt haben sie beschlossen, ihre Rivalität auszusetzen.

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