Neuaufnahme Ruby-Prozess

Berlusconi kommt nicht zu Verhandlung

02.10.2011

Marokkanisches Model belastet Premier und will am Verfahren als Zivilklägerin teilnehmen

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Der mit der akuten Schuldenkrise und mit Skandalen um sein Privatleben belastete italienische Premier Silvio Berlusconi wird am morgigen Montag nicht am sogenannten Ruby-Prozess teilnehmen, der nach zweieinhalb Monaten Pause wieder fortgesetzt wird. Der Prozess kreist um die Sexaffäre zwischen dem 75-jährigen Premier und der 2010 noch minderjährigen Marokkanerin Karima el-Marough alias "Ruby Herzensbrecherin".

Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, das Mädchen bei ausschweifenden Partys zwischen Februar und Mai 2010 für Sex bezahlt zu haben. Berlusconi soll zudem sein Amt missbraucht haben, um Rubys Freilassung zu erwirken, als diese wegen Diebstahlverdachts in Polizeigewahrsam war. Dieser Prozess hat am 6. April begonnen. Berlusconis Rechtsanwälte kämpfen dafür, dass nicht das Mailänder Schwurgericht, sondern ein spezielles Ministergericht für den Fall zuständig erklärt wird. Ein Ministergericht würde Berlusconi mehr Recht auf eine fairen Prozess garantieren, meinen die Anwälte. Über die Zuständigkeit des Ministergerichts müssen sich die Verfassungsrichter am 7. Februar 2012 aussprechen. Bis dahin läuft der Prozess in Mailand weiter.

Mit Überraschungen ist bei der Gerichtsverhandlung am Montag zu rechnen. Das marokkanische Model Imame Fadil, das seit dem letzten Sommer mit den Mailänder Staatsanwälten zusammenarbeitet und ihnen über die Hintergründe der Partys bei Berlusconi berichtet hatte, will als Nebenklägerin am Prozess teilnehmen und vor Gericht aussagen. Die 26-jährige Fadil hatte unter anderem berichtet, dass zu Berlusconis Partys neben Ruby weitere Minderjährige eingeladen waren, darunter auch die ehemalige Miss Montenegro Katarina Knezevic. Die heute 20-Jährige hatte vor wenigen Tagen im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" behauptet, dass sie mit Berlusconi verlobt sei und mit ihm in seiner Mailänder Residenz lebe.

Während der Ruby-Prozess wieder aufgenommen wird, beschäftigt sich zur gleichen Zeit ein Mailänder Untersuchungsrichter um ein parallel laufendes Verfahren, bei dem drei Vertrauensleute Berlusconis angeklagt sind. Der Chefredakteur der Tagesschau TG 4, Emilio Fede, der Showgirl-Manager Lele Mora und die Regionalpolitikerin Nicole Minetti werden beschuldigt, Callgirls, darunter Ruby, für Partys in der Villa Berlusconis in Mailand vermittelt zu haben. Den drei Berlusconi-Vertrauten wird Beihilfe zur Prostitution vorgeworfen. Ein Prozess gegen die drei soll bis Ende diese Jahres beginnen.

Die Verteidiger des Premiers sind zurzeit voll beschäftigt. Drei Prozesse laufen bereits gegen den Regierungschef. Ein weiterer Prozess könnte bald wegen Komplizenschaft bei der Veröffentlichung geheimer Informationen aufgenommen werden. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit Ermittlungen in einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005.

Der Premier muss sich bereits wegen Bestechung seines ehemaligen Anwalts David Mills in Mailand vor Gericht verantworten. Der Prozess war am vergangenen Montag fortgesetzt worden. Gegen Berlusconi läuft zudem ein Gerichtsverfahren in einer Affäre um seinen Medienkonzern Mediaset. Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi Steuerbetrug im Zusammenhang mit dem Verkauf von Filmrechten seines Mediaset-Konzerns vor. In Mailand ist hinzu eine Vorverhandlung im sogenannten Mediatrade-Fall im Gange. Berlusconi und elf weiteren Angeklagten wird vorgeworfen, den Preis für Fernsehrechte überhöht angegeben und die Differenz in die eigene Tasche gesteckt zu haben.
 

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