Syrien

LIVE TICKER: Assad verkündet "Befreiung" von Aleppo

15.12.2016

Unterdessen sollen mehrere tausend Menschen aus der Kriegshölle evakuiert werden.

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Der syrische Präsident Bashar al-Assad hat die umkämpfte Stadt Aleppo für "befreit" erklärt. Mit der "Befreiung" von Aleppo hätten die syrischen Regierungstruppen "Geschichte geschrieben", sagte Assad in einem am Donnerstag im Internet veröffentlichten Video. Zuvor hatten Assads Streitkräfte und ihre Verbündeten weitgehend die von den Rebellen gehaltenen Stadtviertel eingenommen.

Die Rebellen sind nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums aus ganz Aleppo verdrängt worden. Über 3.000 Rebellen hätten den Ost-Teil der syrischen Großstadt verlassen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass am Donnerstagnachmittag

Evakuierung angelaufen

Nach heftigen Kämpfen um die letzte Rebellenenklave in Aleppo ist eine Evakuierungsaktion für Tausende Menschen angelaufen. Mehr als 20 Busse sowie Rettungswagen fuhren am Donnerstag in das zerstörte Gebiet der syrischen Großstadt, wie eine Reuters-Reporterin beobachtete. Nach russischen Angaben geht es bei der Aktion um insgesamt 5.000 Aufständische und deren Angehörige.

Sie werden demnach über einen 21 Kilometer langen Korridor in die Stadt Idlib gebracht. Bei der Evakuierungsaktion gab es zunächst einen Zwischenfall: Regierungstreue Kämpfer feuerten nach Angaben eines Rettungsdienstes auf Krankenwagen und verletzten mindestens drei Personen. Zunächst war von einem Toten die Rede.

Die Vereinten Nationen begannen nach eigenen Angaben indes, die Evakuierungsmission in Ost-Aleppo zu überwachen. "Wir hoffen, dass wir heute den Start des letzten und nun erfolgreichen Evakuierungsversuchs sehen", sagte UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland am Donnerstag in Genf.

© Reuters


Gleichzeitig betonte Egeland, dass die UN den Bewohnern keinen humanitären Schutz bieten können, da die Mitarbeiter sich in dem syrischen Krisengebiet nicht frei bewegen könnten. Die Vereinten Nationen seien jedenfalls bereit, die flüchtenden Zivilisten in die Türkei oder in die südwestlich von Aleppo gelegene Provinz Idlib zu begleiten, sagte Egeland. Diese Region steht größtenteils unter Kontrolle der Opposition. "Die Geschichte Aleppos in diesem Krieg wird ein schwarzes Kapitel in der Geschichte der internationalen Beziehungen sein", so Egeland.

Sollte die Evakuierungsaktion gelingen, wäre es der bisher wichtigste Sieg für Staatschef Bashar al-Assad. Ganz Aleppo wäre dann unter seiner Kontrolle. Er wird bei den Kämpfen auch von schiitischen Milizionären etwa aus dem Libanon, dem Iran und dem Irak sowie der russischen Luftwaffe unterstützt. Seine Gegner erhalten von der Türkei, den Golfstaaten und den USA Hilfe. Russland und die Türkei hatten bereits am Dienstag eine Feuerpause ausgehandelt. Sie scheiterte jedoch, so dass auch die Evakuierung zunächst abgesagt wurde. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz geht es zunächst darum, 200 Verletzte aus Ost-Aleppo in Sicherheit zu bringen.

Die neue Feuerpause gilt nach Angaben der Rebellengruppe Jabha Shamija seit dem frühen Donnerstagmorgen. Die Kämpfe tobten noch bis kurz vor Beginn. So nahmen Pro-Assad-Einheiten einen Teil des Stadtteils Sukkari ein. Schon davor kontrollierten die Aufständischen nach russischen Angaben nur noch 2,5 Quadratkilometer und damit einen winzigen Bruchteil der früheren Handelsmetropole.

© Reuters


Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete am Donnerstag, dass Aufständische vor dem Start der Evakuierungsmission damit begonnen hätten, ihre Hauptquartiere, Fahrzeuge und Waffen zu zerstören. Fernsehbilder zeigten vereinzelt Rauchsäulen über den Rebellengebieten.

Die Rebellen sollen laut Moskauer Verteidigungsministerium auch von russischen Soldaten begleitet werden. Die syrische Regierung garantiere für die Sicherheit der Aufständischen und deren Familien. Demnach will Russland Drohnen einsetzen, um den Transport mit 20 Bussen und zehn Krankenwagen zu überwachen. Der Leiter des UN-Hilfseinsatzes in Syrien, Jan Egeland, sagte, Tausende Menschen müssten in Sicherheit gebracht werden. Besonders dringend sei die Hilfe für Kinder, Verletzte und Kranke.

Etwa 50 Kilometer südwestlich von Aleppo lief in der Provinz Idlib eine weitere Evakuierungsaktion an. Dort machten sich nach einem Bericht des syrischen Staatsfernsehens 29 Last- und Rettungswagen auf den Weg in die Ortschaften Al-Fua und Kefraja, die von Rebellen belagert werden. Ziel sei es, Verletzte und Familien in Sicherheit zu bringen. Die Evakuierung der beiden Dörfer war nach Rebellenangaben eine Bedingung schiitischer Milizionäre für die ähnliche Aktion in Aleppo.

© APA/AFP/KARAM AL-MASRI


Das Vorgehen der syrischen Regierung und deren Verbündete Iran und Russland sorgt vor allem in Europa und den USA für Kritik. So forderte die britische Premierministerin Theresa May eine klare Antwort der EU. Die Schuldigen müssten zur Verantwortung gezogen werden. Der Gipfel müsse außerdem "die Massaker anprangern", für die das Assad-Regime und seine Verbündeten Russland und Iran verantwortlich seien, sagte Frankreichs Präsident Francois Holland. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnete die Lage der Zivilisten als "absolut inakzeptabel". Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) rechnet wegen der Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Assad indes nicht mit weiteren Sanktionen gegen die Regierung in Moskau, wie er vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel sagte.

Russland unterstützt Assad seit eineinhalb Jahren mit Luftangriffen. Auch dank dieser Einsätze ist es den Regierungstruppen gelungen, die Rebellen im Westen des Landes und in der Hauptstadt Damaskus zurückzuschlagen. Westliche Politiker haben immer wieder kritisiert, dass bei den Bombardierungen auch viele Zivilisten getötet würden. Russland hat erklärt, die Angriffe richteten sich nur gegen Terroristen.

 

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