Saddam-Urteil

Freude und Wut nach Todesurteil

05.11.2006

"Lang lebe der Irak, lang lebe der Irak! " - der ehemalige Machthaber Saddam Hussein ruft unerlässlich diese Sätze vor dem Sondertribunal in Bagdad.

Zur Vollversion des Artikels
© AFP PHOTO/AHMAD AL-RUBAYE
Zur Vollversion des Artikels

Doch es gelingt ihm nicht, die kräftige Stimme von Richter Rauf Rashid Abdel Rahman zu übertönen: "Verurteilt zum Tod durch Erhängen." Der mit weißem Hemd und dunklem Anzug bekleidete Ex-Präsident ist sichtbar aufgewühlt durch das Urteil. "Gott ist größer als der Besatzer! ", ruft er noch, bevor ihn Wächter aus dem Gerichtssaal führen.

Freudenfeiern und Wutausbrüche
Während sich diese historischen Augenblicke vor dem Sondertribunal abspielen, zeigt das irakische Staatsfernsehen Bilder vom gedemütigten Ex-Diktator und einem in Richterrobe gekleideten Sänger, der Jubelgesänge anstimmt. Doch das gegen Saddam Hussein verhängte Todesurteil offenbart einmal mehr, dass der Irak zutiefst gespalten ist. Während in Schiiten-Hochburgen wie dem Bagdader Vorort Sadr City gefeiert wird, ist die Stimmung in den von Sunniten bewohnten Gegenden gedrückt.

"Gebt ihn uns, wir exekutieren ihn selbst!", schreien Bewohner von Sadr City. "Das Urteil ist gerecht", ruft der 20-jährige Amjad Hamid. "Gott, sei Dank, sind wir den Diktator los." Anhänger des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr versuchen, die triumphierenden Massen im Zaum zu halten, und verbieten Freudenschüsse.

Kurden wollen Völkermordprozess abwarten'
In den nördlichen Städten in der autonomen Kurdenregion begrüßen die Menschen das Urteil. Gleichzeitig möchten sie aber nicht, dass es vollstreckt wird, solange der zweite Prozess gegen den Ex-Diktator wegen des Massenmordes an Kurden durch Giftgas noch nicht beendet ist.

Durch die "Operation Anfal" waren 1987 und 1988 mehr als 180.000 Kurden getötet worden. "Wir wollen eine Aussetzung der Exekution, solange die anderen Prozesse noch weitergehen", sagt die Menschenrechtsaktivistin Berwa Ali.

Schiiten bejubeln Saddams Ende
Im Süden des Irak, wo tausende Schiiten nach einem gescheiterten Aufstand von den Schergen Saddam Husseins massakriert wurden, gibt es solche Zurückhaltung nicht. "Es wird dem Irak besser gehen, wenn Saddam hingerichtet und begraben ist, so dass die Terroristen aufhören, von seiner Rückkehr an die Macht zu träumen ", sagt der 35-jährige Jassem Hassan.

Dem 47-jährigen Kadhimia Mohammed Marhoun kommen die Bilder vom Sturz des Diktators im April 2003 wieder in Erinnerung: "Ich war glücklich, als ich vom Fall der Statue hörte und ich war noch glücklicher, als ich hörte, wie sie aufgehängt wurde." Marhoun hat zwei Brüder während der Herrschaft von Saddam Hussein verloren.

Sunniten voller Zorn
Die Stimmung in den sunnitischen Städten hingegen schwankt zwischen Schwermut und Zorn: "Eine Hinrichtung des ehemaligen irakischen Präsidenten ist Teil des amerikanischen Plans. Er war das Symbol der Befreiung im Irak", sagt der Universitätsprofessor Musahim Allawi in Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit.

Über das Urteil würden sich nur US-Präsident George W. Bush und der ehemalige israelische Ministerpräsident Ariel Sharon freuen, sagt der Student Kasim Najif.

Zur Vollversion des Artikels