Nahost
Hamas übergibt zwei weitere Leichen von Geiseln
15.10.2025Die islamistische Hamas hat die Leichen von zwei weiteren getöteten Geiseln übergeben.
Die israelische Armee teilte am Mittwochabend mit, zwei Särge seien Mitarbeitern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ausgehändigt worden und diese seien auf dem Weg zur Übergabe an das Militär. Laut der Waffenruhe-Vereinbarung muss die Hamas insgesamt 28 Leichen übergeben. 19 von ihnen verbleiben noch im Gazastreifen.
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Bei einer von 10 Leichen, die die Hamas bisher freigab, handelt es sich nach israelischen forensischen Erkenntnissen nicht um die sterblichen Überreste einer Geisel. Bereits am Montag hatten die Islamisten die letzten 20 lebenden Geiseln freigelassen. Die erste Phase der von US-Präsident Donald Trump initiierten Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der Hamas sieht die Freilassung und Übergabe aller lebenden und toten Geiseln vor.
Trump droht mit Fortsetzung des Gaza-Kriegs
Trump drohte am Mittwoch, er könne Israel das Weiterführen der Kämpfe im Gazastreifen jederzeit wieder erlauben. Das werde geschehen "sobald ich das Wort sage", zitiert der Sender CNN Trump.
Hamas: Haben alle erreichbaren Leichen zurückgegeben
Die Übergabe der Toten könnte nun jedoch auf Hindernisse stoßen. Ihre Milizen hätten alle Leichen von Geiseln, zu denen sie Zugang hatten, ausgehändigt, hieß es in einer Erklärung der Hamas, die zeitgleich mit der Übergabe der letzten zwei Leichen an das Rote Kreuz veröffentlicht wurde. Nach Meinung der Terrororganisation habe sie damit ihre Verpflichtungen aus dem Waffenruhe-Abkommen erfüllt.
"Was die übrigen Leichen betrifft, so sind zu ihrer Bergung außerordentliche Bemühungen und spezielle Ausrüstungen nötig", hieß es in der Erklärung weiter. Viele Leichen von Geiseln könnten mutmaßlich unter den Ruinen ausgebombter Gebäude oder in Tunnelschächten verschüttet sein.
Israel besteht auf der Rückgabe aller getöteten Geiseln. "Die Hamas ist verpflichtet (...), die nötigen Schritte zu unternehmen, um alle verstorbenen Geiseln zurückzugeben", hielt die israelische Armee in ihrer Mitteilung fest.
Wieder Hilfslieferungen in den Gazastreifen
Israel am Mittwoch Hilfslieferungen in den Gazastreifen zugelassen. Zudem wurde eine Öffnung des wichtigen Grenzübergangs Rafah zwischen Ägypten und dem palästinensischen Küstengebiet in die Wege geleitet. Er soll am Donnerstag für den Personenverkehr öffnen, wie zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten.
Eine Mission der Europäischen Union solle dort stationiert werden. Einem israelischen Sicherheitsbeamten zufolge sollten 600 Lastwagen mit Hilfsgütern in das Palästinensergebiet fahren.
Die Palästinensische Autonomiebehörde PA ist nach eigenen Angaben mittlerweile in der Lage, die Zuständigkeit für den für Hilfslieferungen wichtigen Grenzübergang Rafah zu übernehmen. "Wir sind jetzt wieder bereit, uns zu engagieren, und haben alle Parteien darüber informiert, dass wir bereit sind, den Grenzübergang Rafah zu betreiben", sagte Mohammad Shtayyeh, Sondergesandter von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Die PA hat ihren Sitz in Ramallah im Westjordanland. Im Gazastreifen hatte sie indes bisher nicht das Sagen.
Die israelische Regierung hatte damit gedroht, den Grenzübergang Rafah geschlossen zu halten und die Hilfslieferungen zu reduzieren. Sie warf der Hamas vor, die Leichen von Geiseln zu langsam zurückzugeben. Am Montag hatte die Hamas vier Särge übergeben, in der Nacht auf Mittwoch folgten zwei weitere. Nach israelischen Angaben handelte es sich bei einem der zuletzt übergebenen Leichname jedoch nicht um eine Geisel. Gemäß des Waffenruhe-Plans soll die Hamas die Leichen aller 28 toten israelische Geiseln übergeben.
Rechtsextremer israelischer Minister kritisiert Hilfslieferungen
Der rechtsextreme israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ein Gegner der Waffenruhe, bezeichnete die Hilfslieferungen auf der Online-Plattform X als "Schande". "Nazi-Terrorismus versteht nur Gewalt, und der einzige Weg, Probleme mit ihm zu lösen, ist, ihn von der Erde zu tilgen", fügte er hinzu. In der israelischen Regierung hält sich die Sorge, dass die Hilfslieferungen von der Hamas abgefangen werden könnten.
Trump zeigt Verständnis für mutmaßliche Hamas-Hinrichtungen
US-Präsident Donald Trump hat Berichte über Tötungen von Menschen im Gazastreifen durch die islamistische Terrororganisation Hamas mit einem gewissen Verständnis kommentiert. Die Hamas habe gegen "sehr, sehr schlimme Banden" durchgegriffen, sagte Trump am Dienstag (Ortszeit). "Das hat mich nicht groß gestört, um ehrlich zu sein. Das ist ok." Trump behauptete auch, dass Länder wie Venezuela Banden in die USA schicken würden.
Das für den Nahen Osten zuständige US-Zentralkommando Centcom forderte indes ein Ende derartiger Erschießungen. "Wir fordern die Hamas nachdrücklich auf, die Gewalt und die Schüsse auf unschuldige palästinensische Zivilisten im Gazastreifen umgehen einzustellen", sagte Centcom-Kommandant Brad Cooper laut einer Erklärung am Mittwoch. Dies müsse sowohl für die von der Hamas kontrollierten Teile des Gazastreifens als auch für die von israelischen Soldaten gesicherten Gebiete hinter der sogenannten gelben Linie gelten, betonte Cooper. Er rief die radikalislamische Palästinenserorganisation auf, die "historische Chance für einen Frieden" zu ergreifen, indem sie sich komplett zurückzieht, den 20-Punkte-Plan von US-Präsident rump einhält und die von ihr geforderte Entwaffnung unverzüglich umsetzt.
Mehrere andere palästinensische Fraktionen unterstützen das Vorgehen der Hamas gegen lokale Clans, die während des Konflikts versucht hatten, die Kontrolle über Teile des Gazastreifens zu übernehmen. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas verurteilte jedoch die öffentlichen Hinrichtungen, nachdem ein von Reuters authentifiziertes Video zeigte, wie maskierte Bewaffnete sieben gefesselte, kniende Männer auf einer Straße im Gazastreifen erschossen. Das Büro von Abbas nannte die Tötungen ein Verbrechen und einen "eklatanten Verstoß gegen die Menschenrechte".
Die israelischen Streitkräfte haben sich auf eine im Waffenruheabkommen festgelegte "gelbe Linie" außerhalb der großen Städte des Gazastreifens zurückgezogen. Verteidigungsminister Israel Katz erklärte, man werde jeden Verstoß gegen diese Linie sofort ahnden. Am Dienstag hatten israelische Soldaten deswegen das Feuer eröffnet. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei mehrere Menschen getötet.
Israel übergibt 45 tote Palästinenser
Nach der Übergabe weiterer toter Hamas-Geiseln hat Israel gemäß dem Friedensplan von US-Präsident Donald Trump im Gegenzug 45 tote Palästinenser an die Hamas-Behörden im Gazastreifen übergeben. Dies teilte das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Damit seien bislang die sterblichen Überreste von insgesamt 90 verstorbenen Palästinensern übergeben worden, erklärte das Ministerium. In der Stadt Khan Younis im Süden des Gazastreifens sahen AFP-Journalisten Mitarbeiter einer Leichenhalle, wie sie neben Fahrzeugen des Roten Kreuzes geparkte Kühlfahrzeuge entluden. In Israel wurde unterdessen unter großer öffentlicher Anteilnahme der vom Nova-Festival als Geisel in den Gazastreifen verschleppte und dort gestorbene Guy Illuz in Israel beigesetzt.