Erstes Interview

Jörg Kachelmann schlägt zurück

09.06.2011

Der beliebte Moderator brach sein monatelanges Schweigen.

Zur Vollversion des Artikels
© AP
Zur Vollversion des Artikels

Seit Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen ist, ist der Schweizer Wetter-Moderator untergetaucht - in einem Haus im Ausland, in dem er sich nach eigener Angabe vor Fernseh- und Fotokameras deutscher Reporter versteckt. Der Wochenzeitung "Die Zeit" gab Kachelmann jetzt sein erstes Interview nach dem Freispruch und beendet damit ein monatelanges Schweigen. In einem kühlen, aber teils aggressiven Gespräch gibt er Auskunft über sein Innenleben während des Prozesses, über falsche Freunde und über sein Privatleben.

Glauben verloren
Er habe den Glauben in die deutsche Justiz verloren, zumindest im Großraum Mannheim, erklärt er gegenüber den Journalisten. Wegen der Irrationalität, die er im Gerichtssaal kennengelernt hat, habe er nicht mit einem Freispruch gerechnet. Auch während des Interviews scheint es, als ob Kachelmann den Freispruch noch nicht realisiert hat, denn gleich mehrfach beteuert er seine Unschuld.

Mitleid mit der Familie
Leid habe ihm vor allem seine Mutter getan. Der Wandel von der Prominenten- zur Vergewaltiger-Mutter sei bestimmt "scheiße". Auch dass seine Kinder in den Fall hineingezogen wurden, ärgert den Wetter-Moderator. Auch für seine Frau habe der Prozess Folgen gehabt. Sie stehe jetzt aber unter dem Generalverdacht „blöd zu sein“. Die Leute guckten jetzt „ob an ihrer Kehle ein Abdruck von einem Hundehalsband zu erkennen ist – weil in einigen Blättern ja stand, ich stünde auf Sadomaso-Praktiken.“ Aber er ist an den Vorwürfen auch gewachsen. Er saß unschuldig 132 Tage in U-Haft, hätte nicht gedacht, dass er das verkraften könnte.

Hundertfache Lügen
Obwohl Zeuginnen hundertfach vor Gericht über ihn gelogen haben, habe er - auch weil ihm seine Anwälte dazu geraten haben - geschwiegen. Anwälte, Richter, die Öffentlichkeit und rund 97 Prozent seines Freundeskreises seien den Lügen aufgesessen und hätten sich von ihm abgewandt. Unterstützung erhielt er von einer Seite, von der er nicht damit gerechnet hat: "Schwerverbrecher, die kamen zu mir und sagten: ‚Wir glauben dir.’"

Fehler
Allerdings gibt Kachelmann zu, dass er Fehler gemacht hat: "Ich habe Frauen belogen und ihnen Räubergeschichten erzählt. Und ich bin nicht stolz drauf." Er habe aber schon größere Lügen von Männern, die fremdgehen, gehört. Er wollte die Beziehungen mit seinen (Ex-)Geliebten nicht beenden, weil er Angst vor der Konfrontation hatte. Er betont aber, dass er nie Gewalt angewendet hat.

Buch und dann auswandern
Weil er viel Zeit zum Nachdenken hatte, ist sein Berufs-und Privatleben jetzt perfekt geordnet. Er schreibt an einem Buch, um sich "in den Kampf gegen die Leute zu begeben, die mich in den Knast bringen wollten.“ Zudem denkt Kachelmann daran, auszuwandern.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel