Amoklauf auf Lörrach

So wurde die Anwältin zur Killerin

21.09.2010


Die 41-Jährige war wegen Trennung und Fehlgeburt psychisch angespannt.

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Auch gut zwei Tage nach dem Amoklauf einer 41-jährigen Anwältin steht Lörrach noch unter Schock. Vier Menschen starben bei der Bluttat am Sonntag. Mehrere hundert Menschen kamen zu spontanen Trauerfeiern zusammen. Sie entzündeten Kerzen und legten Blumen nieder. Zudem trugen sie sich in ein am Montag ausgelegtes Kondolenzbuch ein. Unter den Trauernden waren viele Jugendliche. Sie hatten sich über das Internet verabredet und die öffentliche Trauer organisiert. Die Stadt Lörrach rief zu Spenden für die Familie des von der Amokläuferin getöteten Pflegers auf.

Fehlgeburt: "Kind war nicht zu retten"
Nun stellt man sich in der südwestdeutschen Stadt die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Es werden Beziehungsprobleme vermutet. Die Amokläuferin soll nicht mit der noch frischen Trennung von ihrem Mann und dem fünfjährigen Sohn zurechtgekommen sein. Es liege nahe, "dass eine Beziehungsproblematik Auslöser für die Tat war", sagte der der Leitende Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer am Montag in Lörrach. Die von Polizisten getötete 41-jährige Sportschützin habe zuletzt "psychisch angespannt" gewirkt. In der Klinik, in der sie einen Pfleger erschoss, hatte sie vor sechs Jahren eine Fehlgeburt.

Der Chefarzt der Lörracher Klinik, der Gynäkologe Kurt Bischofberger, sagte, die Fehlgeburt habe sich im April 2004 in der 16. Schwangerschaftswoche ereignet. "Das Kind war nicht zu retten." Die Frau sei damals nur eine Nacht im Krankenhaus gewesen. Ihren Sohn, der 2005 geboren wurde und beim Amoklauf am Sonntag getötet wurde, habe die Frau in einer Klinik in der Nachbarschaft auf die Welt gebracht.

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Ein Passant wurde angeschossen / Foto: AP

300 Schuss Munition dabei
Die Anwältin, die seit Dezember 2009 ihre Zulassung hatte, erschoss ihren Ex-Partner mit einer kleinkalibrigen Sportwaffe. Der Sohn weise "Anzeichen von stumpfer Gewalt" auf, sagte Generalstaatsanwalt Uwe Schlosser.

Die Sportschützin hatte rund 300 Schuss Munition mit in das Krankenhaus genommen. Die Sportwaffe "Walther Long Rifle" Kaliber 22 habe sie legal und rechtmäßig besessen, sagte Oberstaatsanwalt Inhofer: "Wir wissen, dass die Frau früher Mitglied eines Schützenvereins war."

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Die Tatwaffe / Foto: Reuters

Sie schoss in der Klinik auch zehnmal auf die Tür eines Patientenzimmers, in dem sich sechs Besucher aufhielten. Die Beamten, die die Frau erschossen, hätten aus Notwehr gehandelt. "Ich bin sicher, dass die Beamten durch ihren beherzten Einsatz einer Vielzahl von Menschen das Leben gerettet haben", sagte der Einsatzleiter der Polizei, Michael Granzow. In der Klinik schoss die Frau einem Polizisten ins Knie, der dem Pfleger zu Hilfe kommen wollte. Lebensgefahr bestand bei keinem der Verletzten mehr.

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