Rajoy neuer Premier

Spanien: Erdrutschsieg für Konservative

20.11.2011


Unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise wurde ein neues Parlament gewählt.

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Die Euro-Krise fegt den siebenten Regierungschef weg: Die Sozialisten erlitten eine vernichtende Schlappe. Spanien hat eine neue, konservative Regierung.

Die seit sieben Jahren regierenden Sozialisten unter José Luis Rodriguez Zapatero erlitten die schlimmste Abfuhr seit Wiedereinführung der Demokratie nach der Franco-Diktatur (1975). Zapatero hatte dies bereits geahnt und war zu den vorgezogenen Parlamentswahlen erst gar nicht mehr angetreten. Sein Nachfolger bei der PSOE, Ex-Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba (60), verlor fast ein Drittel der Sitze, kommt nur mehr auf 110 von 350 Sitzen.

Die konservative „Volkspartei“ PP von Mariano Rajoy wird Spanien (35,8 Millionen Wahlberechtigte) mit absoluter Mehrheit regieren, erreicht etwa 186 der insgesamt 350 Sitze.

Rekord-Arbeitslosigkeit. Sozialist Zapatero hinterließ ein verheerendes Erbe. Die Arbeitslosigkeit in Spanien liegt bei 21 Prozent, die Wirtschaft droht wieder in die Rezession abzugleiten. Das Land wird zur Gefahr für den gesamten Euro, weil die Zinsen auf Staatsanleihen explodieren. Es wird für Madrid zu teuer, neue Kredite aufzunehmen. „Das Schlimmste, was man tun könnte, ist nichts zu machen“, sagte Rajoy, der seit 30 Jahren Politik betreibt.

„Das kommt darauf an.“ Doch über das, was er konkret machen will, rätseln noch immer viele Spanier. Das 100-Punkte-Programm seiner Volkspartei ist bewusst vage gehalten, um nicht den politischen Gegnern Munition zu liefern. Rajoy selbst sagt, dass er das Richtige tun, sich „vom gesunden Menschenverstand leiten lassen“ und verlässliche Politik betreiben wolle: „Wie Gott befiehlt.“ Nur so könne man Vertrauen schaffen.

Rajoy spricht oft und gerne in Rätseln. Als er im Radio jüngst erklärte, dass er bereits wisse, wer Finanzminister werde, wurde er gefragt, ob es eine Frau oder ein Mann sein werde. Rajoys typische Antwort: „Das kommt drauf an.“

Rajoy: Biederer Krisen-Premier

Selbst für die meisten Spanier ist Mariano Rajoy (56) ein Mann ohne Eigenschaften. Bieder, blass, wenig charismatisch, er lispelt. Der verheiratete Vater eines Sohnes gibt sich als verlässlicher Politiker, der den Weg Spaniens aus der Krise genau kennt. Nur: Bisher hat er ihn nicht verraten. Nicht einmal im Wahlkampf.

Rajoy, der Zigarren und Fußball (Real Madrid) liebt, ist gut im Verbergen: Seit einem Autounfall trägt er Vollbart, um die Narben im Gesicht zu verdecken. Sein Sieg ist nicht unbedingt seinem Können zuzuschreiben, sondern schlicht Fehlern der bisher regierenden Linken. 2004 stand Rajoy (Ex-Jesuitenschüler, Jurist) schon auf dem Sprung zum Premier. Dann kam der Terroranschlag auf die Madrider U-Bahn …

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23.32 Uhr: Mariano Rajoy, hat eine "gemeinsame Anstrengung" aller Spanier bei der Bekämpfung der Schuldenkrise angekündigt. Vor seinen feiernden Anhängern in Madrid räumte der Chef der konservativen Volkspartei am Sonntagabend zugleich ein, angesichts der angespannten Wirtschaftlage seien "keine Wunder" zu erwarten.

22.14 Uhr: Teilergebnis: Volkspartei erzielt absolute Mehrheit
Nach Auszählung von 77 Prozent der Stimmen erhält die Volkspartei PP 44 Prozent und damit die absolute Mehrheit. Demnach entfallen auf die PP 187 Sitze im Parlament, auf die Sozialisten (PSOE) 110.

21.29 Uhr: Nach 38,5 % der ausgezählten Stimmen käme die konservative PP auf 182 Sitze im Parlament, die PSOE auf nur 111.

21.24 Uhr: Der Jurist Rajoy gehörte im ersten Kabinett des rechtskonservativen Regierungschefs José María Aznar von 1996 bis 2000 der Regierung an. Er war Bildungs- und Kulturminister. In Aznars zweiter Amtszeit bis 2004 war er Vize-Regierungschef und hatte von 2001 bis 2002 zusätzlich das Amt des Innenministers inne.Privat liebt Rajoy nach eigenen Angaben Zigarren, Radfahren und den Fußballklub Real Madrid.

20.45 Uhr: Laut einer neuen Prognose des staatlichen Fernsehsenders gewinnnen die Konservativen von Mariano Rajoy bei der Wahl mitten in der schweren Finanzkrise etwa 183 der insgesamt 350 Sitze. Die Sozialisten erleiden eine Schlappe und kommen nach dieser Prognose auf 117 Sitze.

20.33 Uhr: Zugewinne für Kleinparteien
Gewinne gibt es für die Vereinigte Linke (IU), die von zwei auf bis zu elf Sitze anwachsen könnte, und die bürgerlich-nationalistische Katalanen-Partei Convergencia i Unio (CiU), die möglicherweise bis zu 15 Abgeordnete stellen wird. Die Basken-Partei Amaiur, die als politischer Arm der ETA gilt, kann mit rund sieben Mandataren rechnen. Die liberale Union für Demokratie und Fortschritt (UPyD) mit maximal vier.

20.29 Uhr: Absolute Mehrheit für Rajoy möglich
Für die Konservativen ist auch eine absolute Mehrheit möglich. Für die Sozialisten setzte es ein Debakel: es droht das schlechteste Ergebnis der PSOE seit der Wiedereinführung der Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur (1975).

20.24 Uhr: Laut RTVE wurden der Volkspartei (PP) 181 bis 185 Sitze prognostiziert, während die Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten Alfredo Perez Rubalcaba mit lediglich 115 bis 119 Mandaten rechnen kann. In Prozenten ausgedrückt ergab sich folgendes Bild: PP 43,5 Prozent, PSOE 30 Prozent.

 

20.06 Uhr: Erdrutschsieg für konservative PP
Laut ersten Exit Polls kündigt sich ein deutlicher Wahlsieg für die Volkspartei (Partido Popular/PP) von Oppositionsführer Mariano Rajoy ab. Laut dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender RTVE kann die PP mit bis zu 185 Sitzen im 350 Abgeordnete umfassenden Parlament rechnen. Die bisher regierenden Sozialisten kamen demnach auf maximal 119 Sitze.

19.52 Uhr: Bisher zeichnet sich eine niedrige Wahlbeteiligung ab. Laut Medienberichten nahmen bis 18.00 Uhr 57,65 Prozent der Wahlberechtigten an dem Urnengang teil. Bei der bisher letzten Wahl im Jahr 2008 waren es zu diesem Zeitpunkt 60,95 Prozent gewesen.

19.31 Uhr: Die Wahllokale schließen um 20 Uhr, dann wird es auch die ersten Hochrechnungen geben. Bei der letzten Wahl 2008 konnten die regierenden Sozialisten (PSOE) 169 Sitze im Parlament gewinnen, die konservative PP kam auf 154 Sitze.

18.17 Uhr: Auch Rajoys Gegner, der bisherige Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba von der PSOE, gab seine Stimme in Madrid ab. Rubalcaba will die Teilzeitarbeit fördern, die Reichensteuer wieder einführen und gegen Korruption und Steuerflucht kämpfen.

17.58 Uhr: Wahl-Favorit Rajoy hatte im Wahlkampf zugesagt, dass er beim Abbau der Neuverschuldung die Verpflichtungen Spaniens bei der EU einhalten werde. Dazu wird er aber noch viel drastischer sparen müssen als der bisherige Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero. "Ich bin bereit, das umzusetzen, was die Spanier wollen", sagte Rajoy bei der Stimmabgabe. "Die Sache wird nicht leicht werden."

17.13 Uhr: Der Gewinner wird heute abend nur kurz Grund zur Freude haben: Die Wirtschafts- und Finanzkrise stellt eine neue Regierung vor eine fast unlösbare Aufgabe. Sie werden auf der einen Seite drastische Sparmaßnahmen verhängen müssen, um die Finanzkrise in den Griff zu bekommen. Auf der anderen Seite muss die Wirtschaft angekurbelt werden, damit Spanien von seiner hohen Arbeitslosenquote von 21,5 Prozent, der höchsten in der EU, herunterkommt.

16.48 Uhr: Seit Freitagabend hält die spanische Jugendprotestbewegung der „Empörten“ ("Indignados") den zentralen Madrider Platz der Puerto del Sol besetzt. Die Demonstranten forderten unter dem Motto „Sie nennen es Demokratie, aber das ist es nicht“ lautstark alle Spanier auf, weder die noch regierenden Sozialisten (PSOE) noch die oppositionellen Konservativen (PP) zu wählen.

© AP

Oppositions-Kandidat Mariano Rajoy bei der Stimmabgabe, Foto: AP

16.44 Uhr: Umfragen verschiedener spanischer Tageszeitungen stellen dem Konservativen mit bis zu 198 Mandaten eine absolute Parlamentsmehrheit in Aussicht.

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Alfredo Perez Rubalcaba, Kandidat der regierenden Sozilisten gibt seine Stimme ab, Foto: AP

16.38 Uhr: Letzte Meinungsumfragen vor der Wahl haben ergeben, dass 21 Prozent der Wähler immer noch nicht entschieden haben, welcher Partei sie ihre Stimme geben wollen

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