Zwangsräumung

TV zu laut: 76-Jährige aus Wohnung geworfen

05.03.2016

Weil sie zu laut fernsah, wurde sie wie eine Verbrecherin abgeführt.

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© TZOe Reismann Erich
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Die 76-jährige Siegrun Rösler lebte seit 50 Jahren in ihrer Wohnung in Leipzig. Nun wird sie zwangsgeräumt, weil die schwerhörige Pensionistin zu laut ferngesehen hat. Die Familie unter ihrer Wohnung fühlte sich gestört.

Extreme Lautstärke und Orgien
Laut der Nichte der Frau, Kerstin Gräff (53) zog sich der Streit schon seit mehr als eineinhalb Jahren hin. "Meine Tante kam mit allen Nachbarn gut aus. Nur nicht mit der Familie unter ihr. Das Ehepaar beschuldigte sie, auch nachts extrem laut ferngesehen und Radio gehört zu haben. Außerdem hätten wir mit ihr regelmäßig Orgien gefeiert. Eine Unverschämtheit!", empörte sich Gräff über die Vorwürfe.

Lärmtagebuch
Jene Nachbarn, die sich von der Rentnerin belästigt fühlten, sollen der Wohnungsbaugenossenschaft laut Bild.de sogar ein Lärmtagebuch vorgelegt haben. Darin wird beschrieben, zu welcher Uhrzeit die Lärmbelästigung auftrat: "9.11.2014, 4.35 bis 5 Uhr TV/Radio laut!", lautet ein Auszug daraus. Auch unerträglicher Lärm und angebliches "Flaschenrollen" sollen in dem Tagebuch vermerkt sein.

Die Nichte erklärte, dass Rösler zwar schwerhörig sei, aber extra dafür Kopfhörer bekommen hätte. "Es wurde auch nie der Lärmpegel gemessen", beschwerte sie sich.

Unterstützung
Der 79-jährige Tür-an-Tür-Nachbar der Pensionistin, Udo Hasse, widersprach den Anschuldigungen: "Wir haben nie etwas gehört, brachten ihr sogar die Zeitung mit hoch, um nachzugucken, ob sie noch lebt. So ruhig war es."

Zwangsräumung
Dennoch blieben die Bewohner der darunter liegenden Wohnung hart und setzten vor dem Amtsgericht die Zwangsräumung durch. Laut der Wohnungsbaugenossenschaft "Kontakt" waren "die Störungen des Hausfriedens erheblich ... dauerten trotz Abmahnung und Kündigung an".

So kam es, dass Gerichtsvollzieher und Möbelpacker anrückten, um die Rentnerin im Bademantel wie eine Verbrecherin abzuführen. Derzeit wird sie im Krankenhaus behandelt, da ihr der Nervenkrieg stark zugesetzt habe. "Hoffentlich kommt sie nun zur Ruhe", meinte ihre Nichte.

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