Deutsche Kanzlerin in Bedrängnis

Unions-Aufstand gegen Merkels Flüchtlings-Plan

14.09.2020

Auch in Deutschland gehen die politischen Wogen aufgrund der Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria hoch.

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© EPA/CLEMENS BILAN
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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel will bis zur Sitzung des Bundeskabinetts an diesem Mittwoch über die Aufnahme weiterer Geflüchteter aus dem abgebrannten griechischen Flüchtlingslager Moria entscheiden. Sie sei in diesem Zusammenhang in Abstimmungen mit Innenminister Horst Seehofer, sagte Merkel am Montag nach Angaben von Teilnehmern in der CDU-Präsidiumssitzung in Berlin.

Die deutsche Regierung strebe weiterhin eine europäische Lösung an, hieß es weiter. Merkel plant nach diesen Angaben auch ein Treffen mit Bürgermeistern aus Deutschland, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen. Einen Termin gebe es aber noch nicht, machte sie demnach deutlich. Mehrere Teilnehmer der CDU-Sitzung hätten erklärt, einige Städte und Landkreise wollten Migranten aufnehmen, dann fänden Bürgermeister aber keine Unterkünfte für die Asylbewerber. Hier gebe es Widersprüche.

Merkel betonte laut "Bild" in der Sitzung, dass sie aufgrund der Notlage Hunderte, wenn nicht sogar tausende Kinder und ihre Eltern aufnehmen wolle, dies allerdings eine "einmalige Aktion" sei. Das wolle sie sich laut Sitzungsteilnehmern mit Seehofer absprechen.

Davon dürfte der Innenminister aber nicht begeistert sein. Seehofer hatte am Freitag angekündigt, dass Deutschland lediglich 100 bis 150 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (allerdings ohne Eltern) aufnimmt. Insgesamt hätten sich bisher neun EU-Staaten und die Schweiz bereiterklärt, die etwa 400 unbegleiteten Minderjährigen aus dem Lager auf Lesbos einreisen zu lassen. Österreich zählt aufgrund des Widerstandes der ÖVP nicht dazu. Bei dem Brand des Lagers am Mittwoch hatten etwa 13.000 Menschen ihre Unterkunft verloren.

Innerhalb der Union dürfte vor allem Seehofers Kurs bevorzugt werden. Wie die "Bild" schreibt, gab es für den härteren Kurs des Innenministers innerhalb des Fraktionsvorstands der Union einhellige Unterstützung. Damit ist klar, dass für die Fraktion ein Vorpreschen in der Causa nicht in Frage kommt. Die Aufnahme von Flüchtlingen soll demnach nur dann geschehen, wenn andere EU-Staaten ebenfalls mitmachen.

SPD-Chefin Saskia Esken hatte am Sonntagabend im ZDF gefordert, noch am Montag eine Entscheidung über die Aufnahme einer hohen vierstelligen Zahl von Migranten aus dem Lager Moria in Deutschland zu treffen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und mehrere andere führende CDU-Politiker wiesen die "ultimative Forderung" Eskens zurück.

Aus Teilnehmerkreisen des CDU-Präsidiums hieß es weiter, Gesundheitsminister Jens Spahn habe betont, die Situation wie im Jahr 2015 bei der Flüchtlingskrise dürfe sich nicht wiederholen. Dies habe die CDU oft beschlossen und gesagt, nun müsse sich dies auch konkret zeigen. Es dürfe keinen deutschen Alleingang geben. Seit fünf Jahren warte man auf die versprochene europäische Lösung.

 

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