Missbrauchs-Skandal

Weitere Vorwürfe gegen deutsche Kirche

10.03.2010

Im Bistum Mainz wurde ein weiterer Missbrauchsverdacht bekannt.

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Die Debatte in Deutschland um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche hält an. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) beharrt trotz des vom Familienministerium geplanten Runden Tischs auf Gesprächen nur mit Vertretern der Kirche und Betroffenen. Im Bistum Mainz wurde unterdessen ein weiterer Missbrauchsverdacht bekannt.

Der von Familienministerin Kristina Schröder und Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) einberufene Runde Tisch ersetze nicht das Vorhaben für einen Runden Tisch mit Vertretern der Kirche und den Betroffenen, um die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche aufzuarbeiten, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Max Stadler (FDP), der "Berliner Zeitung". In dieser Runde müsse geklärt werden, ob die Opfer eine finanzielle Entschädigung erhalten. Es gehe auch um die Frage, inwieweit staatliche Behörden von der Kirche bei Verdachtsfällen eingeschaltet würden.

Schröder und Schavan hatten am Montag ein breites Teilnehmerfeld von Kirchen über Schulträger bis hin zu Ländern und Kommunen zu einem Runden Tisch zum Thema Missbrauch eingeladen. Ein erstes Treffen ist für den 23. April vorgesehen.

Prälat Karl Jüsten vom Kommissariat der deutschen Bischöfe verteidigte die Aufklärungsarbeit der katholischen Kirche und griff zudem Leutheusser-Schnarrenberger scharf an. Es werde "sehr radikal aufgeklärt", zeigte sich Jüsten im ZDF-Morgenmagazin überzeugt. Mit Blick auf die Kritik der Justizministerin an der Aufklärungsarbeit der Kirche sagte er: "Ich glaube, sie hat keine Ahnung. Das ist so, zumindest aus heutiger Sicht, falsch." Leutheusser-Schnarrenberger hatte der Kirche unter anderem eine unzureichende Zusammenarbeit mit den staatlichen Ermittlungsbehörden vorgeworfen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, reiste am Mittwoch nach Rom, wo er am Freitag von Papst Benedikt XVI. empfangen wird. Dabei will er mit dem Papst auch über den Missbrauchsskandal sprechen.

Familienministerin Schröder mahnte weitere Verbesserungen zum Schutz vor Kindesmissbrauch an. Leider suchten sich etwa Täter ganz gezielt Berufe, in denen sie mit Kindern arbeiten könnten, sagte Schröder dem "Wiesbadener Kurier". Deswegen sehe das neue Kinderschutzgesetz vor, dass Jugendämter beziehungsweise freie Träger von Bewerbern ein erweitertes Führungszeugnis verlangen könnten, sagte Schröder.

Die Ministerin hatte bereits Ende Jänner ein neues Gesetz angekündigt. Danach ist geplant, dass alle kinder- und jugendnah Beschäftigten ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen. Vor der Bundestagswahl im vergangenen Herbst waren die Pläne der damaligen Großen Koalition in Berlin für ein neues Kinderschutzgesetz gescheitert.

Nach Angaben des Mainzer Bistums soll es in einem ehemaligen Konvikt in Bensheim bis zum Ende der 70er Jahre Misshandlungen und Übergriffe durch zwei Täter gegeben haben. Im Raum steht demnach der Verdacht des sexuellen Missbrauchs durch einen früheren Leiter der Einrichtung, der 1979 aus dem Dienst des Bistums ausschied. Jugendliche sollen zudem wegen "nichtiger Anlässe massiv geprügelt" worden sein. Das Knabenkonvikt, das laut Bistum 1981 aus "wirtschaftlichen und pädagogischen Gründen" geschlossen wurde, war ein Internat für Schüler eines Bensheimer Gymnasiums.

Derweil ist die Zahl der Missbrauchsopfer im katholischen Kinderheim "Vinzenzwerk" in Münster weiter gestiegen. "Es haben sich weitere Opfer telefonisch gemeldet", sagte die Heimleiterin Mechtild Knüwer der Nachrichtenagentur DAPD. Die ehemaligen Bewohner wollten jedoch nicht an die Öffentlichkeit gehen oder sich bei der Polizei melden. Die Fälle hätten sich in den 50er und 60er Jahren ereignet. Eine genaue Zahl der neuen Fälle nannte sie nicht.

Vor zwei Wochen war der erste Missbrauchsfall im "Vinzenzwerk" aus den 50er und 60er Jahren bekanntgeworden. Ein 61-jähriger Mann hatte erklärt, von einem Priesteramtsanwärter als Kind sexuell missbraucht worden zu sein. Ordensschwestern, die damals die Kinder erzogen, hätten ihn zudem geschlagen.

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