Michelle Obama

Politisches Hirn und perfekte Mutter

04.11.2008

Die Ex-Top-Anwältin Michelle Obama hat in den vergangenen Monaten für viel Aufsehen gesorgt. Sie ist der zweite große Star im US-Wahlkampf.

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Mit Michelle Obama (44) könnte Amerika die faszinierendste First Lady seit Jacqueline Kennedy erhalten: Die Karriereanwältin sorgte im Wahlkampf mit berührenden Reden über ihre Träume von einem neuen Amerika für Aufruhr. Auch ihre Anekdoten über Obama, den „schnarchenden Gatten“, ernteten viel Sympathie für das Ehepaar.

Für Aufsehen in den Gazetten und den Nachrichtensendern sorgte auch ihre Garderobe: Michelle Obama kleidet sich elegant aber sehr bescheiden in Kleidern von der Stange oder Online, wie sie gestern im TV zugab.

Ersetzte Barack bei Reden
Ins Kreuzfeuer der Rechten geriet die wortgewaltige Michelle, als sie den Aufstieg ihres Gatten als Grund nannte, erstmals auf ihr Land „so richtig stolz“ zu sein. Michelle trauen Experten keine eigenen Polit-Projekte zu, doch ihr Einfluss ist als Partnerin gewaltig. Sie ersetzte ihren Gatten perfekt im Wahlkampf, als Barack Obama nach Hawaii flog, um seine todkranke Großmutter zu besuchen.

„Ich kann von allen First Ladies lernen“, beantwortete sie Fragen nach Vorbildern in TV-Interviews diplomatisch. Ihre wichtigste Aufgabe sei jedoch, den beiden Töchtern Malia (10) und Sasha (7), die Umstellung auf ein Leben im grellen Scheinwerferlicht des Weißen Hauses zu erleichtern.

Michelle Obama bezeichnet sich selber gerne als Verkörperung des amerikanischen Traums.
In bescheidenen Verhältnissen wuchs sie in einem Arbeiterviertel in Chicago auf, mit Fleiß und großer Intelligenz schaffte sie den Sprung an die Elite-Universität Princeton - und nun wird die 44 Jahre alte Juristin die erste afroamerikanische First Lady in der 232-jährigen Geschichte der USA. Nicht nur deshalb wird sie aus der langen Reihe ihrer Vorgängerinnen herausstechen. Michelle Obama verkörpert den Typus der modernen Karrierefrau, die Familie und Beruf in Einklang bringen muss - eine Alltagserfahrung, die sie mit immer mehr US-Bürgerinnen teilt.

Vergleich mit Clinton
Schon rein äußerlich wird der Einzug der Obamas ins Weiße Haus von einem Wechsel künden. Michelle Obama wird von ihren Fans als Stil-Ikone verehrt, die mit ihren schlanken 1,82 Metern und ihrem Faible für sportliche Eleganz Erinnerungen an Jackie Kennedy heraufbeschwört. Noch näher liegt aber wohl der Vergleich zu Hillary Clinton, der vorletzten First Lady. Michelle Obama hält sich politisch nicht zurück. Im Wahlkampf reiste sie als Rednerin für ihren Mann durchs ganze Land, ihre Überzeugungen trägt sie engagiert und rhetorisch geschliffen vor. Michelle Obama ist kein bloßes Anhängsel ihres Mannes, politisch bilden die beiden ein Team.

Manche US-Bürger tun sich noch schwer mit dem Gedanken, ein First Lady mit eigenen politische Ansichten im Weißen Haus zu wissen. Hillary Clinton war in den 90er Jahren vielfach angefeindet worden, und auch Michelle Obama bekam im Wahlkampf einige Kritik ab. Sie entfachte zu Jahresbeginn einen Sturm der Entrüstung, als sie sagte, wegen der Kandidatur ihres Mannes sei sie "das erste Mal in meinem Leben richtig stolz auf mein Land".

Job ruht
Ihren Job als Krankenhausmanagerin in Chicago, in dem sie mehr Geld verdiente als ihr Mann im Washingtoner Senat, lässt Michelle Obama inzwischen ruhen. In den zurückliegenden beiden Jahren, in denen ihr Mann den längsten Wahlkampf der US-Geschichte bestritt, sah sie ihre wichtigste Aufgabe in der Erziehung der beiden Töchter. Die kleine Sasha ist sieben, ihre Schwester Malia ist zehn. "Meine Töchter sind das erste, woran ich beim Aufwachsen denke, und das letzte, woran ich vor dem Einschlafen denke", sagte sie kurz vor der Wahl. Die beiden Kinder werden nun im Weißen Haus aufwachsen. Michelle Obama sieht ihre Aufgabe in erster Linie als "oberkommandierende Mutter", die den Kindern Halt bietet.

"Ich habe eine dicke Haut entwickelt"
Ihre Rolle im Weißen Haus sieht sie darin, ihre eigenen Alltagserfahrungen, gesunden Menschenverstand und Bodenhaftung nach Washington zu bringen. Dies sei umso dringlicher in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Sorgen der Bürger zunehmen: "Wenn man alles ausbalancieren will - die Kinder, die Schwierigkeiten ihrer Betreuung, den Gehaltsscheck, der nicht mehr so viel wert ist wie früher - dann bekommen die Leute wirklich Angst vor dem, was hier los ist", sagte Michelle Obama.

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