Wahl im Vatikan

Wird Italiener neuer Papst?

09.03.2013

Hochspannung vor Papstwahl ab Dienstag: Ein Italiener gilt als Favorit. Chancen haben auch Schönborn und Brasiliens Kardinal Scherer.

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© AP
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Montagabend ziehen die Kardinäle in das vatikanische Gästehaus Domus Sanctae Mar­thae im Schatten des Petersdoms: fünf Stockwerke, 106 größere Räume, 22 Einzelzimmer, ein Appartement, in jedem Zimmer ein Bad. Für die Dauer des Konklaves gilt: kein Radio, kein TV, keine Zeitung, keine Smartphones, Handys, Computer. Völlige Isolation für die 115 Kardinäle. Sogar Störsender wurden in den vergangenen Tagen eingebaut. Selbst das Personal musste einen Treueschwur ablegen.

Stärkste Kraft: 28 Italiener gegen Brasilien und Wien
Start für das Konklave ist Dienstag: Frühmesse um 7.30 Uhr, dann Frühstück. In Minibussen werden die Kardinäle in die Sixtinische Kapelle gebracht. Vier Wahlgänge gibt es täglich. Zwei am Vormittag, zwei am Nachmittag. Der neue Papst braucht zum Sieg zumindest 77 der 115 Stimmen, eine Zweidrittelmehrheit.

Absoluter Favorit bei den Buchmachern ist derzeit der Italiener Angelo Scola (71), Bischof von Mailand. Dicht gefolgt von Tarcisio Bertone (78) aus Turin. Beide sind „spirituelle Manager“, kennen den Vatikan bestens, haben Geschick und Autorität. Außerdem sind die Italiener die stärkste Kraft im Konklave: 28 Stimmen. Nach Benedikts Rücktritt haben sie klar signalisiert, dass nach 35 Jahren wieder ein Italiener Papst werden soll.

Der Rest der Christenwelt hält allerdings wenig vom römischen Zentralismus. Sollte sich die „Eurofraktion“ durchsetzen, wäre der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn Topfavorit. Sein Nachteil: Nach einem Deutschen wird kein Österreicher im Vatikan Einzug halten. Die Wahl könnte deshalb auf den Brasilianer Odilo Pedro Scherer (63) fallen. Er kennt den Vatikan, führt die größte Gemeinde Südamerikas: „Vieles spricht für ihn“, sagt Dom­pfarrer Toni Faber: „Seine Wahl wäre ein mutiges Signal.“

Toni Faber: »Schönborn 
ist der Vertreter Europas«

ÖSTERREICH: Bei der Wahl Josef Ratzingers dauerte das Konklave 26 Stunden. Wird’s wieder so schnell gehen?
Toni Faber: Noch vor Ostern haben wir einen neuen Papst. Das scheint sicher.

ÖSTERREICH: Kardinal Schönborn wird oft genannt …
Faber: Er ist einer der wichtigsten Vertreter Europas, wird auch weltkirchlich sehr geschätzt. Er hat eine konservative Grundmeinung, ist ein Traditionsträger und ist gleichzeitig bereit, den Erfordernissen der Zeit mit modernen Mitteln entgegenzutreten. Außerdem kennt er den Vatikan, kommt aus dem Schülerkreis um Ratzinger.

ÖSTERREICH: Die Italiener gelten als Favoriten …
Faber: Ihr Interesse ist klar, aber die Stimmung der Weltkirche geht in eine andere Richtung. Die Jahrhunderte der rein italienischen Päpste sind wohl vorbei, glaube ich. Um eine Zweidrittelmehrheit erzielen zu können, braucht man eine Koalition.

ÖSTERREICH: Gute Chancen scheint auch Kardinal Scherer aus Brasilien zu haben.
Faber: Vieles spricht für ihn. Er kennt die Kurie, vertritt Südamerika. Vielleicht wird es eine mutige Entscheidung mit kräftiger Signalwirkung geben.

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