Mysterium

Wissenschaftler rätseln: Frisst dieser Tschernobyl-Pilz Radioaktivität?

02.12.2025

Vor fast 40 Jahren explodierte der Block 4 im Atomkraftwerk Tschernobyl. Nun ist die Zone gesperrt und menschenleer. Trotzdem breitet sich dort eine seltsame Lebensform aus: ein Pilz.

Zur Vollversion des Artikels
© Getty Images
Zur Vollversion des Artikels

In einem der radioaktivsten Gebäude der Welt haben Forscher einen schwarzen Pilz, den Cladosporium sphaerospermum, entdeckt. Anders als Menschen und Tiere, welche durch die Strahlung krank werden und sterben, gedeiht der Pilz regelrecht in diesen Gegebenheiten.

Forscher vermuten, dass der Pilz die Radioaktivität ähnlich wie Pflanzen Sonnenlicht zur Energiegewinnung verwendet. Dabei sollen ihm seine dunklen Pigmente, Melanin, helfen. In der Wissenschaft wird dieser Vorgang Radiosynthese genannt. Wie dies genau funktioniert, ist völlig unklar.

Mysteriöse Pilzart

Erstmals sind Forscher auf C. sphaerospermum Ende der 1990er Jahre gestoßen. Damals untersuchte die Mikrobiologin Nelli Zhdanova von der Ukrainischen Nationalen Akademie der Wissenschaften und ihr Team die Sperrzone und fanden dort 37 verschiedene Pilzarten. Mehrere davon waren tiefschwarz und reich an Melanin. Vor allem C. sphaerospermum dominierte. Sie wiesen erschreckend hohe radioaktive Belastung auf.

Die mysteriöse Pilzart löste bei der Radiopharmakologin Ekaterina Dadachova und dem Immunologen Arturo Casadevall sehr viel Neugierde aus. Sie bestrahlten C. sphaerospermum mit ionisierender Strahlung und waren vom Ergebnis überrascht.

Überraschendes Ergebnis

Der Pilz starb nicht ab, sondern wuchs besser als zuvor. Ionisierende Strahlung zerstört eigentlich Moleküle, schädigt Zellen und verändert die DNA. Für Menschen ist dies hochgefährlich. Doch dem C. sphaerospermum scheint die ionisierende Strahlung kein Problem zu bereiten.

Nach weiteren Untersuchungen stellten Forscher fest, dass sich das Melanin unter Strahlung verändert. 2008 wurde eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht, in welcher ein möglicher Hinweis auf einen biologischen Mechanismus ähnlich zur Photosynthese sein könnte.

Pilz wurde in den Weltraum geschickt

2022 wurde C. sphaerospermum von Wissenschaftlern ins Weltall geschickt. Sie klebten den Pilz außen an die Internationale Raumstation ISS. Dort war er kosmischer Strahlung ausgesetzt. Dabei schützte der Pilz die darunterliegenden Sensoren. Diese maßen eine deutlich geringere Strahlung als bei Kontrollen ohne Pilz.

Trotzdem konnte niemand beweisen, ob der Pilz wirklich die radioaktive Strahlung in verwertbare Energie umwandelt. Somit bleibt Cladosporium sphaerospermum weiterhin ein Rätsel. 

Zur Vollversion des Artikels