Verhandlung

350 Mio Euro Schaden in Ö durch Madoff

28.06.2009

Am stärksten durch den Milliardenbetrüger in Mitleidenschaft gezogen wurden die Bank Austria und die frühere Bank Medici.

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Für Montag wird in New York das Urteil im bisher größten Finanzanlagebetrugsfall der Wirtschaftsgeschichte erwartet. Der geständige US-amerikanische Finanzjongleur und Ex-Chef der US-Technologiebörse Nasdaq, Bernhard Madoff, soll weltweit tausende private Anleger und Investoren in einem Schneeballsystem um rund 50 Mrd. Dollar (35,5 Mrd. Euro) betrogen haben. Das genaue Schadenausmaß ist noch immer nicht bekannt. Österreichische Privatanleger sollen laut Nationalbank mit rund 350 Mio. Euro betroffen sein. Dem 71-Jährigen drohen bis zu 150 Jahre Haft.

Bald nach der Verhaftung von Madoff im Dezember des Vorjahres war klar, dass auch österreichische Banken und Anleger vom Milliardenbetrug betroffen sind. Am stärksten traf dies auf die Bank Austria und die ehemalige Bank Medici zu, an der die Bank Austria mit einer Sperrminorität beteiligt ist.

Bank Medici großer Geldbeschaffer
Wie sich herausstellte, zählte die von Sonja Kohn gegründete kleine Wiener Privatbank Medici überraschenderweise zu den vier größten Geldbeschaffern für Madoff: Das Gesamtvolumen der von Medici aufgelegten Fonds "Herald USA Fund" und "Herald Luxemburg Fund" beträgt nach eigenen Angaben 2,11 Mrd. Dollar (1,50 Mrd. Euro), davon seien 93 Prozent außerhalb Österreichs gekauft worden.

Die Bank sah sich selbst aber als Betrugsopfer. Die Nationalbank startete eine Prüfung und die Staatsanwaltschaft begann mit Ermittlungen gegen Kohn wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Für sie gilt die Unschuldsvermutung. Daraufhin wurde der Bank Ende Mai von der FMA die Konzession entzogen, sie musste sich umbenennen und firmiert jetzt mit neuem Vorstand unter "20.20 Medici AG". Die prominenten Aufsichtsratsmitglieder, Ex-SP-Finanzminister Ferdinand Lacina und Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Johann Farnleitner, beteuerten, nichts von Madoff gewusst zu haben.

Unter den Madoff-Opfern befinden sich in Österreich außerdem zwei Primeo-Fonds der ehemaligen Bank-Austria-Fondstochter Pioneer sowie ein Fonds der Constantia Privatbank. Die FMA hat in der Causa Primeo eine Sachverhaltsdarstellung an den Staatsanwalt gerichtet, die dazu führen könnte, dass der Bank Austria Verstöße gegen das Investmentfondsgesetz angelastet werden könnten.

Zittern um 800 Mio Euro
Bei der Bank Austria zittern laut einem Magazinbericht rund 740 Kunden um rund 800 Mio. Euro. Zu den Opfern zählen viele Prominente aus der heimischen Finanz- und Industriellenwelt, darunter Ex-BA-General Rene-Alfons Haiden, Kelly's-Gründer Herbert Rast, Ex-Notenbank-Präsident Adolf Wala. Auch Ex-BA-Treasury-Chef Peter Fischer und Ex-GiroCredit-Boss Hans Haumer haben laut dem Bericht zumindest eine halbe Mio. Euro Privatgeld verloren.

Fischers und Haumers Vermögensverwaltungsgesellschaft Anaxo leidet ebenfalls unter dem Skandal. Das brachte auch die steirische Gemeinde Hartberg in finanzielle Schwierigkeiten, die über Anaxo hochriskant veranlagt hatte. Auch Ex-BA-Chef Gerhard Randa, der Kohn im Jahr 2003 eine Banklizenz verschafft haben und zu den ersten Madoff-Investoren in Österreich zählen soll, sei durch Madoff viel Geld abhanden gekommen, hieß es in Medienberichten. Die Primeo-Fonds wurden demnach gemeinsam von Kohn und Ex-Börse-Chef und dem damaligen Bank Austria-Wertpapier-Chef Stefan Zapotocky erfunden.

Ponzi-Modell
Madoffs Betrugssytem funktionierte nach dem "Ponzi-Modell". Mit dem Namen, der auf den 1920er-Jahre-Betrüger Charles Ponzi anspielt, wird in den USA eine Gaunerei nach einem bestimmten Schneeball-Prinzip bezeichnet: Dabei werden einem Investor sehr hohe Renditen versprochen. Diese Renditen werden aber wiederum aus dem Geld bezahlt, das danach angeworbene Investoren einzahlen. Fehlt am Ende der Pyramide neues Geld, bricht das System zusammen.

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