Geldmaschine
Erste Onlineplattform für Privatkredite
16.10.2009
Nach den USA und Deutschland gibt es das jetzt auch in Österreich: Geld ohne Bank, Kredite von Privaten.
In der Krise sind Banken vorsichtig bei der Geldvergabe, Firmen wie Privatpersonen müssen sich vielfach nach Finanzierungsalternativen umsehen. Eine solche Möglichkeit sind Internetplattformen, die Kredite von Privatpersonen an Privatpersonen vermitteln und momentan boomen. 2005 ging in Großbritannien mit Zopa der erste Kreditmarktplatz an den Start, heute werden derartige Sites weltweit rege genutzt. Nun wurde in Österreich die erste Social-Lending-Plattform gegründet. bankless-life.at will - für 5 Euro Mitgliedsbeitrag im Monat - sowohl Geldgebern als auch Schuldnern bessere Konditionen als Banken bieten.
"Von Menschen für Menschen"
Die Plattform
bankless-life.at wird vom erst vor drei Monaten gegründeten Verein "Von
Menschen für Menschen" - nicht zu verwechseln mit Karlheinz Böhms "Menschen
für Menschen" - betrieben. Aufgrund der österreichischen Rechtslage können
sich nur Vereinsmitglieder (derzeit 1.800) gegenseitig Geld leihen, so
Vereinsobmann und Unternehmensberater Siegfried Fischer. Seit die Homepage
vor zwei Wochen ans Netz ging, hätten 20 Kreditgeber elf Personen zusammen
50.000 Euro geliehen.
Win-Win-Situation
Das Prinzip hinter bankless-life.at ist
einfach. Interessenten geben online bekannt, wofür sie wieviel Geld brauchen
und schlagen Zinshöhe und Laufzeit vor. Im Normalfall wird ein
"Wunschprojekt" von mehreren Personen finanziert, so Fischer. Im Schnitt
zahle man über bankless-life.at 30 bis 40 Prozent weniger Zinsen als bei der
Bank. Auch Geldgeber bekämen eine höhere Rendite.
Datenschutz
Kreditnehmer und -geber kennen voneinander nur
Nicknamen, Alter, Beruf und Bundesland. Alle Beteiligten unterschreiben aber
einen Darlehensvertrag, um den sich ein Wirtschaftstreuhänder kümmert. Wer
ins Geschäft kommen will, muss eine Haushaltsrechnung erstellen und dem
Verein Lohnzettel und eine Ausweiskopie übermitteln. Mitglieder können sich
über bankless-life.at nur Geld leihen, wenn die Kreditrate den monatlich
frei verfügbaren Betrag nicht übersteigt.
Inkassobüro im Rücken
Die Plattform solle nicht
Personen anlocken, die "sonst nirgends mehr Geld bekommen", meint Fischer.
Der Verein arbeite mit einer Wirtschaftsauskunftei zusammen, die die Bonität
der Kreditnehmer prüft. Den Kreditgebern versichere der Verein, dass sie ihr
Kapital zu 100 Prozent zurückbekommen. Dafür werde von jedem Darlehen ein
Teil einbehalten und in einen Pool gelegt, aus dem nicht beglichene Raten
gezahlt werden. Säumigen Schuldnern wird nach einer Mahnung ein Inkassobüro
geschickt.
smava.de und prosper.com
Derzeit gibt es rund 20
Internetplattformen für Peer-to-Peer-Kredite, so Fischer. Die größte Site in
Deutschland, smava.de, etwa hat seit ihrer Gründung im März 2007 Kredite mit
einem Volumen von rund 16 Mio. Euro vermittelt. Derzeit sind rund 10.000
Anleger und 2.500 Kreditnehmer auf der Plattform aktiv, hieß es bei smava.
Die Geldsuchenden sind zu je einem Drittel Privatpersonen, die sich zum
Beispiel ein Auto kaufen wollen, Selbstständige und Personen, die umschulden
müssen. Die Krise merkt smava "deutlich". Seit Frühjahr 2009 seien die
Anfragen um 30 Prozent gestiegen. Smava ist im Gegensatz zu bankless-life
nicht als Verein organisiert und kassiert bei einem 36-Monatskredit 2
Prozent der Gesamtsumme, mindestens aber 40 Euro. Im Schnitt leihen sich
Mitglieder 8.000 Euro. Der größte Kreditvermittlungsplatz der USA ist
prosper.com. Die 2006 gegründete Plattform hat 870.000 Mitglieder und
bereits 181 Mio. Dollar (121,7 Mio. Euro) vermittelt.
Rechtlich bewegen sich Kreditvermittlungsplattformen oft in der Grauzone. In Österreich definiert das Bankwesengesetz das Kreditgeschäft als Sache von Banken. Wer gewerblich - also zumindest mehr als einmal - einen Kredit gewährt, braucht dafür eine Konzession. Auch die Vermittlung von Krediten ist an sich ein Bankgeschäft. Daneben gibt es aber einige Gewerbescheine, die zur Kreditvermittlung berechtigen. Ab wann der Geldverleih gewerblich ist, ist im Einzelfall zu prüfen.