Dauerbaustelle Bahn

ÖBB streichen Verbindungen

06.10.2009

Der neue Fahrplan berücksichtigt die zahllosen Baustellen und soll mehr Pünktlichkeit gewährleisten.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Die ÖBB beenden 2009 als großes Baustellenjahr und starten als solches mit dem neuen Fahrplan auch ab 2010: Mit der derzeitigen Performance ist man nicht ganz zufrieden. Herwig Wiltberger, Vorstandsdirektor der ÖBB-Infrastruktur AG, macht daraus keinen Hehl: "Die Schnellbahnbauarbeiten waren nicht sehr erfolgreich", auch mit der Pünktlichkeit gebe es Probleme.

Zuletzt war ein Papier zu massiven Streckenabbauplänen bekannt geworden.

Ende des Südbahnhofs
Das kommende Jahr bringe mit einem massiven Bauprogramm neue große Herausforderungen mit sich. Mit dem Bau-Start des Wiener Hauptbahnhofes wird am 13. Dezember der Wiener Südbahnhof Geschichte. Umfassende Fahrplanänderungen und Einsparungen auf den Zugsverbindungen werden von diesem Vorhaben dominiert.

Bahnhof Meidling als Provisorium
Großbaustelle Bahn: Der Knackpunkt 2010 wird der Bahnhof Wien-Meidling, der den aufgelassenen Südbahnhof ersetzen muss. Alle Züge im Fern- und Nahverkehr haben künftig dort Endstation. Um das bewältigen zu können, wird in kürzeren Intervallen zugunsten zusätzlicher Züge gefahren werden. "Vier Minuten - länger darf ein Zug künftig nicht am Bahnsteig stehen", kündigt Wiltberger an. Man habe versucht, den Bahnhof Meidling "zu adaptieren, er bleibt aber ein Provisorium für den Hauptbahnhof". Mit dem neuen Fahrplan werden dort täglich 1.000 Zugsbewegungen stattfinden, bisher waren es etwa 700.

Dauerbaustelle ÖBB
Die massiven Baumaßnahmen waren schon heuer für die Kunden deutlich spürbar - und diese halten auch in den nächsten Jahren an. Zu den Großbaustellen im Bahn-Netz zählen 2010 neben dem wohl größten Vorhaben - der Errichtung des Wiener Hauptbahnhofes - Umbauarbeiten am Salzburger Hauptbahnhof, ebenso in St. Pölten, Graz, Mürzzuschlag, Leibnitz oder Zeltweg sowie der viergleisige Streckenausbau zwischen Ybbs und Amstetten, oder zwischen Wels und Passau - um nur einige zu nennen.

Weniger Züge
Um dem Pünktlichkeitsproblem Herr zu werden, nimmt man weniger Verbindungen in Kauf. Im Bereich St. Pölten, wo der Güterverkehr baustellenbedingt einiges an Verbindungen schlucken wird, fährt man von 220 Zügen auf 195 zurück - teilweise wird dafür ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Eine wesentliche Maßnahme, die nicht ganz ohne Diskussionen gesetzt wurde, ist die Umleitung von Schnellzügen aus dem Norden, die mit dem neuen Fahrplan nicht mehr über die Stammstrecke geführt werden sollen.

Der Salzburger Hauptbahnhof wird zwecks Umbau- und Modernisierungsarbeiten teilgesperrt. 2010 werden nur drei anstatt der fünf Gleise für den Personenverkehr zur Verfügung stehen.

Länder sollen zahlen
Wegen zu geringer Auslastung wird ein Zugpaar auf der Strecke Salzburg-Villach zurückgenommen. Der Autoreisezug von Wien nach Feldkirch ist künftig kein Eurocity mehr, sondern nur noch ein Intercity und wird daher 50 Minuten länger benötigen. Die Verbindung Graz-Bregenz entfällt und wird von Graz über Salzburg umgestellt. Noch in Verhandlung ist man mit den Ländern Oberösterreich und Steiermark über die Verbindungen Graz-Linz. Es gebe dort zu wenig Reisende. "Wenn die Länder nicht mitzahlen, wird eingestellt", so ÖBB-Personenverkehr-Chefin Gabriele Lutter. Drei Züge werden zwischen Graz und Marburg gestrichen. Neben einigen anderen Routen entfällt künftig auch die Verbindung von Wien nach Venedig, die aber mit Bussen alternativ angeboten werden soll.

ÖBB müssen sparen
Die Einsparungen werden mit der Verpflichtung effizient und wirtschaftlich arbeiten zu müssen, argumentiert. "Dort wo die Länder Mehrleistungen nicht bezahlen, müssen wir Züge zurücknehmen", sagt Lutter. Konkret trifft das etwa auf Niederösterreich zu, während man in Tirol zusätzliche Verbindungen fährt. Das Land Tirol wende für die Bahn finanziell etwa viermal so viel auf wie Niederösterreich, erklärt die Personenverkehrschefin.

Einsparungen will die Bahn auch über eine Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße erzielen.

Zusätzliche Garnituren
Es gibt aber vonseiten der ÖBB auch Positives zu vermelden: Im Raum Innsbruck gibt es Zugvermehrungen, statt 146 sollen künftig 191 Züge verkehren. Zwischen Wien und Salzburg wird man zum Wochenende ein zusätzliches IC-Zugpaar einsetzen. In Oberösterreich kommt es auf der Mattigtalbahn, der Almtalbahn und Pyhrnbahn zu Verdichtungen im Zugsverkehr.

Zu oft zu spät
"Pünktlichkeit ist wichtig, sonst droht ein Verkehrsstau", sagt Wiltberger, und das dürfte wohl zur größten Herausforderung der ÖBB werden. "Wir haben im Fernverkehr nicht die gewünschte Qualität, das wollen wir in den Griff bekommen." 80 Prozent Pünktlichkeit möchte man haben, derzeit liege man im Schnitt bei 70 bis 75. Besser ist die Quote laut ÖBB im Nahverkehr, dort liege man bei 90 Prozent.

Auch der Postbus "ist im Wandel", erklärt Christian Eder, Geschäftsführer der ÖBB Postbus GmbH. Man wolle sich künftig auf den Linienverkehr konzentrieren und "vom Gelegenheitsverkehr zurückgehen", sagte er. Anders als die Bahn finanziert sich der Bus rein aus eigenwirtschaftlichen Einnahmen. Neuerdings wolle man Verkehrskonzepte für Gemeinden anbieten, etwa den Bus mit Anrufsammeltaxis verbinden und so andere Verkehrsanbieter in das Konzept einbinden.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel