Hypo Alpe Adria wird total verstaatlicht

14.12.2009

Die Hypo Alpe Adria wird total verstaatlicht. Laut Finanzminister Pröll steuern die Alteigentümer zur Rettung der Bank 1,05 Mrd. Euro bei. Im Detail kommen 825 Mio. Euro von der BayernLB, 200 Mio. vom Land Kärnten und 30 Mio. von der Grawe. Der Bund schießt bis zu 450 Mio. ein, womit der Bank in Summe 1,5 Mrd. Euro Kapital zugeführt werden und die Eigenkapitalquote auf 8 % steigt.

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Außerdem erhält die Bank von den Alteigentümern gut 3,4 Mrd. Euro an Liquidität. Davon kommen 3,075 Mrd. Euro von der BayernLB, 227 Mio. Euro vom Land Kärnten und 100 Mio. Euro von der Grawe.

An der Rettung beteiligen sich weiters die heimischen Systembanken. Sie stellen 500 Mio. Euro zur Verfügung, die als Liquidität oder für Maßnahmen zur Risikobegrenzung, etwa Haftungen, zugesagt sind.

Die Krisenbank wechselte für symbolische 3 Euro den Besitzer: Um 1 Euro gab die BayernLB ihre 67 % an die Republik Österreich ab. Ebenfalls je 1 symbolischen Euro bekommen die Grazer Wechselseitige und das Land Kärnten für ihre Hypo-Anteile.

Pröll sprach von der schwierigsten Situation, die es für die Bankenlandschaft in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Es bestand große Gefahr einer Insolvenz. Die werde nun nicht schlagend.

Die BayernLB hat die Kärntner Krisenbank in ihren Büchern voll wertzuberichtigen. "Wir haben die Wertstellung auf Null abzuschreiben." 2,3 Mrd. Euro sind damit weg. 825 Mio. Euro werden als nicht beteiligungswirksamer Kapitaleinschuss für die Hypo-Stabilisierung geleistet, indem etwa Kredite umgewandelt werden. Außerdem bleiben laufende Refinanzierungslinien der Bayern in der Bank.

"Für die BayernLB ist es ein schmerzhafter Schritt, sich von dieser Beteiligung zu trennen", sagte BayernLB-Chef Michael Kemmer Montagfrüh in Wien. Aber es sei für alle Beteiligten der richtige Schritt gewesen.

"Es ist gelungen, eine für Österreich und Mittelosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren", sagte BayernLB-Aufsichtsratschef und Deutschlands Finanzminister Fahrenschon. "Durch die Übernahme der Bank ist sie jetzt gesichert". Unter der Regie der Republik Österreich sei gewährleistet, dass Sparer und Anleger der Kärntner Bank von einer guten Zukunft ausgehen könnten.

Trichet warnte vor Dominoffekt, Regierungskommissär stand Gewehr bei Fuß

Hätte der Bund die Hypo Alpe Adria nicht aufgefangen, wäre heute früh eine "dramatische Situation" entstanden, berichtete Finanzminister Pröll als designierter Neo-Eigentümervertreter der Kärntner Bank. Der Rettung waren 17 Stunden non-stop-Verhandlungen auf Regierungsebene vorangegangen.

In der Nacht zum Montag hat sich die EZB mit ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet nochmals eingeschaltet, auch in Telefonkonferenzen mit der OeNB-Spitze. Inhalt: Die Hypo Alpe Adria ist eine Systembank, ein Zusammenbruch "hätte einen Dominoeffekt auslösen können, der sich gewaschen hat", berichtete Pröll.

Die Bankenaufsicht hatte für heute, Montag, 8 Uhr früh alle technischen Vorkehrungen für den worst case getroffen. Der Regierungskommissär stand bereit, ein Bescheid der FMA wäre unmittelbar vor Schalterbeginn wirksam geworden. Demnach hätte jeder Kunde im wesentlichen noch einmal Geld abheben können, das Abziehen größerer Summen per Knopfdruck wäre aber schon gestoppt worden. Der Kommissär hätte alles verbieten müssen, was die Bank zusätzlich gefährdet hätte. Dem Vernehmen nach sind in den Katastrophenwochen rund um die Hypo bereits ein Drittel der Spareinlagen abgezogen worden.

Maßgeblich war der Deal mit den Bayern: Die BayernLB wollte um jeden Preis raus aus ihrer 67-Prozent-Beteiligung. Die halbe Nacht haben die österreichischen Verhandler versucht, den Bayern den Verbleib in einer Minderheit anzubieten, um die ärgsten Verluste zu "entkonsolidieren". Vergebens. Aus München kam die politische Vorgabe: Schlussstrich unter das Kärnten-Abenteuer. Gegen die Zusage eines Tier-1-fähigen Kapitalzuschusses von nunmehr 825 Mio. Euro kam es in den frühen Morgenstunden schließlich zur Verständigung.

Vor 7 Uhr früh gab es zum ausgehandelten Rettungspaket dann noch einmal ein Gipfelgespräch zwischen Finanzminister Pröll und Kanzler Faymann.

In Fortsetzung ihrer unterbrochenen Sonder-Hauptversammlung muss die Hypo Alpe Adria die Verstaatlichung noch formal abnicken. Die Umsetzung wird jetzt in den nächsten Wochen Zug um Zug erfolgen. An der Vorstandsspitze soll sich vorerst nichts ändern.

"Da hätte es auch andere aufgestellt"

Ein Drittel der Spareinlagen soll in den vergangenen Wochen von der Hypo Alpe Adria abgeflossen sein. Auch Depots wurden aufgekündigt. Die Notenbank hat zuletzt alle zwei Stunden die Spareinlagenentwicklung bei der Hypo gecheckt.

Beteuerungen der Politik, die Einlagen seien sicher, beruhigten viele Bankkunden ganz offensichtlich nicht. Auf den Einlagensicherungsfall wollte man es ohnedies nicht ankommen lassen; Die Aussicht, dass viele tausend Bankkunden kurz vor Weihnachten auf ihr Geld warten müssen (üblicherweise dauert die Auszahlung der Einlagensicherung drei Monate), war für Banker und Politiker ein Horror.

Wie überhaupt ein Konkurs einer größeren Bank ein Schock für die Branche wäre, selbst wenn der Konkurrent lange Jahre für Ärger unter den Mitbewerbern gesorgt hat. "Da hätte es die eine oder andere auch noch aufgestellt", sagte ein entnervter Banker.

Nicht nur die Hypos, die ja einen Solidarhaftungsverband haben, hätten wegen des drohenden Absturzes ihre Zwischenbanklinien mit den Kärtnern aufkündigen müssen. Auch viele andere Banken im In- und Ausland. Die Bank wäre binnen Stunden ihrer Geschäftsgrundlage verlustig gegangen.

Den Abschreibungsbedarf von Grawe/Bank Burgenland (ihr Hypo-Fünftel steht zu 200 Mio. Euro in den Büchern) konnten sich die Bankenaufseher im Hypo-Insolvenzfall auch schon ausrechnen. Mit dem jetzigen Paket wurde eine schonende Konstruktion gefunden, heißt es.

Anleihegläubiger konnten dem Vernehmen nach auch nur mehr mit Hinweis auf die Rettungsverhandlungen ruhig gestellt werden. Raiffeisen und Erste Group sorgten sich nicht nur um ihre Töchter in Ost- und Südosteuropa, falls die Hypo dort kollabiert wäre. Eine Insolvenz der Nummer 6 am heimischen Markt hätte sich wohl auch wieder in den Börsekursen der zwei Großbanken widergespiegelt.

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