Uneinigkeit übers Wie

Alle wollen das MAN-Werk in Steyr retten

12.04.2021

Unterschiedliche Ansichten, darüber wie das Lkw-Werk in Steyr doch noch gerettet werden könnte. 

Zur Vollversion des Artikels
© APA/WERNER KERSCHBAUMMAYR
Zur Vollversion des Artikels

Über das Wochenende hat sich gezeigt, dass sich die Politik uneins dabei ist, wie das MAN-Werk in Steyr doch noch gerettet werden könnte. Nachdem die SPÖ am Samstag einen Staatseinstieg bei MAN aufs Tapet brachte, sprachen sich ÖVP und NEOS dagegen aus. Die FPÖ rief Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) zum Handeln auf. Die IV sprach sich für Verhandlungen aus.

Am Mittwoch hatten sich die rund 2.300 MAN-Mitarbeiter klar gegen einen Verkauf ihres Werks an den Investor Siegfried Wolf  mit Entgelteinbußen und einem einhergehenden Stellenabbau entschieden. Die deutsche Firma MAN, die zum Volkswagen-Konzern gehört, will das Werk nun bis 2023 schließen, es gebe keine Alternative, heißt es - obwohl es auch andere Interessenten an der Übernahme des Werks gibt.

In der Region Steyr herrscht große Sorge wegen des drohenden Endes des Traditionsstandortes. Insgesamt hängen mehr als 8.000 Jobs und eine Milliarde Euro Wertschöpfung pro Jahr an dem Werk, sagen Studien.

Unterschiedliche Ansichten 

Kocher sprach in einem Zeitungsinterview davon, dass es wichtig sei, dass Gespräche nicht öffentlich würden. "Es geht ja darum, Lösungen zu finden, nicht um Inszenierung." Bei den Gesprächen sei die oberösterreichische Landesregierung führend gewesen. "Es wurde aber immer mit uns abgestimmt, mit der Regierungsspitze, mit der Wirtschaftsministerin, mit mir." Jetzt müssten alle wieder an einen Tisch. Unwahrscheinlich sei es aber, dass die gesamte Belegschaft samt Leasingmitarbeitern bleiben könne. Ein Aus des gesamten Standorts wäre aber "für die Region ein Drama. Deswegen müssen wir alles tun, damit das nicht passiert", so Kocher.

Die Industriellenvereinigung (IV) appellierte am Sonntag auch für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch, um den MAN-Produktionsstandort in Steyr zu retten und sprach sich gegen "Verstaatlichungsphantasien" aus. "Es braucht eine kluge und vor allem auch betriebswirtschaftlich nachhaltige Lösung. Das Werk hat eine übergeordnete wirtschaftliche und soziale Bedeutung für die ganze Region. Wenn weitere Gespräche dazu führen, dass der Standort Steyr weitergeführt werden kann, sollte diese Möglichkeit unbedingt genutzt werden", so IV-Präsident Georg Knill.

Am Sonntag sprach sich der ÖVP-Wirtschaftsbund wie schon die NEOS am Samstag gegen einen Staatseinstieg bei MAN aus. Die SPÖ sah dies zumindest als überlegenswert an, forderte einen "MAN-Gipfel" der nur mit einer Rettung des Standorts zu Ende gehen dürfte. Den sozialdemokratischen Vorschlag, prinzipiell in der Staatsholding ÖBAG einen staatlichen Beteiligungsfonds einzurichten, griffen die anderen Parteien vorerst nicht auf.

Geht es nach SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner solle der Staat mit Mitteln aus einem solchen mit 10 Mrd. Euro gefüllten Fonds mit bis zu 20 Prozent bei bedeutenden Unternehmen einstiegen, die Probleme haben. "Die Bundesregierung hätte einige Hebel in der Hand, doch die müssen auch benutzt werden", forderte Rendi-Wagner.

Senkung der Lohnnebenkosten 

Aus Sicht des ÖVP-Wirtschaftsbundes liegt der Grund fürs drohende MAN-Aus in Steyr letztlich in hohen Kosten für Arbeitskräfte. Daher fordere man seit langem eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Entlastung für Unternehmen, so Generalsekretär Kurt Egger am Sonntag in einer Aussendung. "Sozialistische Konzepte zur Rettung von Unternehmen haben noch nie funktioniert", so Egger.

Ihren Ruf nach einer Senkung der Lohnnebenkosten bekräftigten auch die NEOS am Sonntag."Was gerade bei MAN in Steyr passiert ist beispielhaft für die Strukturschwächen in Österreich und den dringenden Handlungsbedarf. Ohne eine Senkung der Lohnnebenkosten ist unser Standort zunehmend konkurrenzunfähig", so Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn in einer Aussendung. "Dass hier jetzt der Wirtschaftsbund ausreitet und laut 'Lohnnebenkosten runter# schreit, ist ein schlechter Scherz."

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl griff Arbeitsminister Kocher (ÖVP) an. Dieser "hat die Arbeitsplätze in Steyr scheinbar bereits abgeschrieben". Und: Nach der verständlichen Ablehnung des mit zahlreichen Nachteilen behafteten Übernahmeangebots von Investor Siegfried Wolf durch die Belegschaft kämen von Kocher keinerlei Signale, für die Arbeitsplätze kämpfen zu wollen. Kocher müsse "wenigstens das verbliebene politische Gewicht der Regierung gegenüber MAN bzw. seinem Mutterkonzern Volkswagen in die Waagschale werfen", forderte Kickl. Denn der Rechtsweg, auf die Einhaltung des von MAN gekündigten Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrags bis 2030 zu pochen, erscheine langwierig und wenig aussichtsreich.

Kickl ließ auch mit einer gewissen Kritik an der oberösterreichischen Landespolitik aufhorchen, obwohl seine Freiheitlichen dort mit der ÖVP regieren. Die Landespolitik inszeniere sich "mehr schlecht als recht als Krisenhelfer".
 

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel