Deutschland

Wirbel bei Mercedes nach Crashtest

28.04.2013

"Spiegel": Im Unternehmen wachse die Kritik an Konzernchef Zetsche.

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© Euro NCAP
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Der deutsche Autobauer Daimler kommt nicht aus den Negativschlagzeilen - nun melden sich dem "Spiegel" zufolge Kritiker von Konzernchef Dieter Zetsche zu Wort. Anlass ist das schlechte Abschneiden des Lieferwagens "Citan" bei einem Crashtest. Im Unternehmen wachse die Kritik an Zetsche, meldete das Magazin am Wochenende und zitierte einen hochrangigen - namentlich nicht genannten - Manager mit den Worten: "Der Dieter kann es nicht."

Ein ebenfalls namentlich in Deckung bleibender Aufsichtsrat sagte dem Magazin: "Wenn es so weitergeht, müssen wir neu nachdenken." Vor wenigen Wochen war der Vertrag des Konzern-Chefs nur nach langwierigen Diskussionen zwischen Arbeitnehmer- und Kapitalvertretern um drei statt der bei Daimler üblichen fünf Jahre verlängert worden. Ein Daimler-Sprecher sagte dazu am Sonntag, "der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden ist am 21. Februar einstimmig vom Aufsichtsrat verlängert worden."

Nur drei von fünf Sternen
Unternehmenskreisen zufolge war Mercedes-Benz davon ausgegangen, dass der "Citan" bei Crashtests nur mit drei von fünf möglichen Sternen abschneidet. Das Auto sei für Firmenkunden gedacht, die auf Crashtest-Ergebnisse nicht so viel Wert legten wie Privatkunden, sagte ein Insider Reuters. Das klare Ziel sei, mit dem "Citan" in den Markt für preiswerte Vans vorzustoßen. Der ADAC machte bei dem Auto "erhebliche Schwächen und Sicherheitsmängel" aus. Ein Mercedes-Sprecher sagte, das Fahrzeug und die Insassen seien sicher.

Der Stadtlieferwagen ist weitgehend baugleich mit dem "Kangoo" von Renault, dessen Vorgänger laut ADAC bei einem Crashtest 2008 nicht überzeugt hatte. Laut "Spiegel" hätte Mercedes für bessere Ergebnisse hundert Millionen Euro investieren müssen. Zudem hätte sich die Markteinführung verzögert. Zetsche gefährde mit solchen Entscheidungen das Markenimage von Mercedes-Benz, kritisieren Daimler-Entwickler dem Magazin zufolge. Unternehmenskreisen zufolge ist Zetsche als Vorstandschef in die Details der "Citan"-Entwicklung aber nicht eingebunden gewesen.



Absatzkrise in Europa
Probleme hat Zetsche auch so genug. Die Absatzkrise in Europa macht Daimler zu schaffen. Nach einem Gewinneinbruch kassierte der zweitgrößte deutsche Autobauer seine Ergebnisprognose erneut. Auf dem weltgrößten Automarkt China kämpft Daimler um den Anschluss an BMW und Audi, im laufenden Jahr drohen die Schwaben noch weiter hinter die Konkurrenz zurückzufallen.

Mercedes-China-Chef Nicholas Speeks wirft dortigen Händlern einem Bericht der "Automobilwoche" zufolge in einem Brief Faulheit vor und droht mit Konsequenzen. "Ich bin angesichts Ihrer Leistung als Händler sehr besorgt. Ein solch niedriges Verkaufsvolumen lässt sich bereits durch Telefonverkäufer in einem Call Center erreichen", heiße es in dem Schreiben, das dem Blatt vorliege.

"Eine solche Ausdrucksweise ist meines Erachtens schon in Deutschland ein No-Go in der Geschäftskorrespondenz. In China, wo die Gesichtswahrung einen noch viel höheren Stellenwert genießt, wirkt sie geradezu katastrophal und kann die Geschäftsbeziehungen irreparabel beschädigen", sagte Rainer Gehnen, Geschäftsführer der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung, der Zeitung. Der Daimler-Sprecher sagte, der Autobauer kommentiere grundsätzlich keine internen Unterlagen in der Öffentlichkeit. "Wir pflegen mit unseren Händlern einen fairen und offenen Umgang", ergänzte er.

Im Streit um das neue Kältemittel R1234yf gibt Daimler laut "Automobilwoche" nicht auf. Um den Marktstart der neuen S-Klasse nicht zu gefährden, wolle Daimler das Modell nachträglich mit dem alten Kältemittel 134a zertifizieren lassen, schreibt das Blatt. Die S-Klasse ist vom Kraftfahrtbundesamt mit dem neuen Kältemittel genehmigt worden. Daimler hatte bei Versuchen entdeckt, dass das neue Mittel bei Unfällen zu Bränden führen kann und will es aus Sicherheitsgründen nicht einsetzen. Stattdessen will Daimler R134a verwenden, bis neue CO2-Klimaanlagen marktreif sind. "Wir sind in Sachen Kältemittel in guten Gesprächen mit den beteiligten Behörden. Spekulationen in diesem Zusammenhang kommentieren wir nicht", sagte der Daimler-Sprecher.

EU-Industriekommissar Antonio Tajani hatte jüngst gedroht, gegen Staaten vorzugehen, in denen Daimler-Fahrzeuge mit dem alten Kühlmittel zugelassen werden. R1234yf gilt als klimaschonender und soll ab 2017 in jedem Neuwagen in Europa verwendet werden. Bis dahin gelten Übergangsvorschriften.

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