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Kiew: Verhandlungen mit Russland ab Montag in der Türkei

27.03.2022

Alle Entwicklungen im Ukraine-Krieg im oe24-Liveticker.

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© AFP
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Russland und die Ukraine werden nach ukrainischen Angaben am Montag in der Türkei eine neue Verhandlungsrunde starten. "Bei dem heutigen Gespräch per Videokonferenz wurde beschlossen, die nächste Runde in Präsenz in der Türkei vom 28. bis 30. März abzuhalten", postete der ukrainische Unterhändler David Arachamija am Sonntag auf Facebook. Am 10. März hatten bereits Verhandlungen auf Ministerebene in Antalya stattgefunden, die keine konkreten Fortschritte gebracht hatten.

Der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski hatte am Freitag erklärt, die Verhandlungen kämen in den zentralen Fragen nicht voran. "In zweitrangigen Punkten stimmen die Positionen überein. Aber in den politischen Hauptfragen kommen wir nicht voran", sagte Medinski nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.

Moskau bestehe auf der Unterzeichnung eines "vollständigen Abkommens", das seine Forderungen nach einer Neutralität, Demilitarisierung und "Entnazifizierung" der Ukraine berücksichtige sowie auf Anerkennung einer russischen Souveränität der von Russland besetzten Krim und der Unabhängigkeit der beiden prorussischen "Republiken" in der Ostukraine, formulierte Medinski weiter.

Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnete die Verhandlungen am Freitag ebenfalls als "sehr schwer". Die ukrainische Delegation beharre "zuallererst auf einer Waffenruhe, Sicherheitsgarantien und territorialer Integrität der Ukraine". 

Russland will nach Darstellung des ukrainischen Militärgeheimdienstes die Ukraine in zwei Teile spalten. So wolle Russland eine von der Regierung in Moskau kontrollierte Region schaffen, nachdem es nicht gelungen sei, das ganze Land einzunehmen, sagt Geheimdienstchef Kyrylo Budanow. "In der Tat ist dies ein Versuch, ein Nord- und Südkorea in der Ukraine zu schaffen", erklärte er. Die Ukraine werde bald einen Guerillakrieg in den von Russland besetzten Gebieten beginnen. 

Separatisten wollen Referendum zu Russland-Beitritt  

Die von Russland unterstützte selbst ernannte Volksrepublik Luhansk in der Ostukraine erwägt ein baldiges Referendum über den Beitritt zu Russland. "Ich denke, dass in naher Zukunft ein Referendum auf dem Territorium der Republik abgehalten werden wird", sagte der dortige Separatisten-Anführer Leonid Passetschnik am Sonntag laut lokalen Medien. Russlands Verteidigungsministerium hatte zuletzt mitgeteilt, dass die Armee 93 Prozent des Regierungsbezirks Luhansk kontrolliere.

 "Die Menschen werden von ihrem letztendlich verfassungsmäßigen Recht Gebrauch machen und ihre Meinung über den Beitritt zur Russischen Föderation zum Ausdruck bringen", sagte Passetschnik. Russland hatte kurz vor seinem Einmarsch in die Ukraine im Februar die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der ostukrainischen Separatisten-Region als unabhängig anerkannt. Die Referendums-Pläne erinnern an die völkerrechtswidrige Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 durch Russland.
 

Angriffe auf Lemberg

Die russische Armee hat am Samstag mehrere Raketenangriffe auf die Westukraine durchgeführt. Nach der westlichen Metropole Lwiw (Lemberg) wurde am späten Abend auch ein Treibstofflager in Dubno getroffen, wie die Behörden der Region Riwne mitteilten. In Lwiw wurde ebenfalls ein Treibstofflager sowie eine Militäreinrichtung getroffen. Zuvor hatten die Invasoren die Stadt Slawutytsch nahe des AKW Tschernobyl eingenommen. Schwere Gefechte gab es um die Vorherrschaft in Mariupol.

Die Verteidiger von Mariupol bieten den russischen Angreifern nach den Worten von Bürgermeister Wadym Bojtschenko indes "heroischen Widerstand". In einem Gespräch mit der Agentur Unian berichtete er in der Nacht auf Sonntag von extrem schweren Kämpfen. Er warf den russischen Militärs vor, rücksichtslos gegen alle Bewohner der inzwischen schwer zerstörten Stadt vorzugehen, auch gegen die ethnischen Russen. "Sie hatten nicht den Auftrag, irgendjemanden zu schützen", sagte Bojtschenko. "Ihre Aufgabe ist einfach, die Stadt von der Erdoberfläche auszuradieren, samt Bewohnern." Dies sei schlicht Völkermord, "eine andere Bezeichnung kann es dafür nicht geben".

Über Mariupol wehe aber weiterhin die ukrainische Flagge, es bleibe weiterhin eine ukrainische Stadt. "Und unsere Soldaten tun alles, damit dies auch in Zukunft so bleibt", sagte Bojtschenko. Allerdings seien einige Stadtteile bereits unter russischer Kontrolle. "Die Stadt ist eingekesselt, der Ring zieht sich immer enger." Über die Zukunft der Stadt oder gar deren Befreiung durch ukrainische Truppen von außerhalb wollte sich Bojtschenko nicht äußern. "Selbst der Generalstab der ukrainischen Armee hat darauf sicher keine Antwort", meinte Bojtschenko. "Ich denke, wir müssen Geduld und Kraft haben, die Zeit wird es zeigen."

Zuletzt hatten die Behörden Mariupols die Zahl der Todesopfer unter der Zivilbevölkerung mit 2.187 angegeben. "Ich kann sagen, dass die Zahl inzwischen erheblich höher ist", sagte Bojtschenko, ohne weitere Details zu nennen. Von den ursprünglich 540.000 Einwohnern sei bereits über die Hälfte evakuiert worden. 

Angriffe im Westen der Ukraine

In Lwiw gab es fünf Verletzte bei zwei Raketeneinschlägen am Stadtrand. Bürgermeister Andrij Sadowy sagte, dass der russische Raketenschlag "deutliche Schäden" an der Infrastruktur der Stadt verursacht habe. Wohnhäuser seien nicht getroffen worden. Die Raketen seien von Sewastopol auf der russisch besetzten Halbinsel Krim abgefeuert worden, so Sadowyj.

Die Stadt rund 80 Kilometer vor der Grenze zum NATO-Land Polen hat bisher nur wenige Angriffe erlebt. Sie ist aber voller Flüchtlinge aus anderen Teilen der Ukraine. Zugleich ist sie ein wichtiger Umschlagplatz für westliche Hilfsgüter. US-Präsident Joe Biden hatte am Freitag die polnische Seite der Grenze besucht.

Vor dem Angriff auf Lwiw erlangte der Aggressor offenbar die Kontrolle über die Stadt Slawutytsch. Sie hätten das Krankenhaus eingenommen und den Bürgermeister entführt, hieß es am Samstag einer Mitteilung des Gouverneurs der Region Kiew. Russland gab an, bei einem Raketenangriff ein Arsenal mit Waffen und Militärtechnik in der Nähe der Stadt Schytomyr westlich von Kiew zerstört zu haben.

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