Leben spielen
Proschat Madani: Spielerische Betrachtungen
28.09.2025Leben spielen heißt das neue Buch von Proschat Madani.
Proschat Madani kennt man als Schauspielerin, zuletzt war sie unter anderem in What a Feeling oder Sie sagt. Er sagt zu sehen. Jetzt hat sie ein Buch verfasst, das den Titel Leben spielen trägt.
Buch ist keine Biographie von ihr
Es handelt, wie der Titel schon andeutet, vom Leben und vom Spiel – in ihrem Fall dem Schauspiel. Beides ist dicht verwoben für die Österreicherin, die im Iran geboren wurde. Und so ist auch dieses Buch: Das eine Thema geht in das andere über, Madani spricht über ihren Beruf, ihr Leben, ihre Familie. Die einzelnen Kapitel tragen Namen wie: „Die Großaufnahme“, „Bis ins hohe Alter“ oder „Dieses seltsame Mädchen“.
Gedanken
Das Buch ist, wie Madani im oe24-Talk erklärt, „auf keinen Fall eine Biographie“. Sondern: „Es beinhaltet Betrachtungen zur Schauspielerei, und die daraus gewonnenen Gedanken zu Themen wie Empathie, Authentizität, Kreativität, Fiktion und Wahrheit, Humor, Eitelkeit, Gefühle, Loslassen und einiges mehr.“
Zwischentöne
Tiefe. Madani gibt viel Inneres preis. Zwischendurch werden die Kapitel mit Gedichten und Dramoletten unterbrochen – kurze Szenen, die sehr witzige Begebenheiten aus Madanis Alltag beschreiben; nämlich verschiedene Arten, wie sie als Schauspielerin erkannt wurde.
Der Text bleibt, trotz der Tiefe der Themen, verspielt und zugänglich. Es ist ein Gewinn, die Schauspielerin Proschat Madani – die bereits zuvor das Buch Suche Heimat, biete Verwirrung verfasst hat, hier als Autorin zu erleben, denn sie hat viel zu sagen; über das Leben, wie das Spielen gleichermaßen.
Der oe24-Talk mit Proschat Madani
Frau Madani, Ihr neues Buch heißt „Leben spielen“. Ist das eine Biographie, sind es Gedanken oder Betrachtungen – erzählen Sie uns doch bitte, worum es geht und warum Sie das Buch verfasst haben.
Wenngleich mein Buch persönlich ist, ist es auf keinen Fall eine Biographie. Es beinhaltet Betrachtungen zur Schauspielerei und die daraus gewonnenen Gedanken zu Themen wie Empathie, Authentizität, Kreativität, Fiktion und Wahrheit, Humor, Eitelkeit, Gefühle, Loslassen und einiges mehr. Sowohl bei meinem ersten Buch, „Suche Heimat, biete Verwirrung“, als auch bei „Leben spielen“, habe ich geschrieben, weil ich selbst etwas lernen wollte. Über Themen, die mich interessieren.
In der Einleitung erzählen Sie, dass Ihr Beruf, das (Schau-)spielen, viel mit dem Leben zu tun hat. Ist diese starke Verbundenheit zwischen Leben und Beruf einer der Reize dieses Berufes oder eher ein Nachteil?
Schauspielerei ist nichts anderes als Leben zu spielen. In verschiedenen Variationen, in der ganzen menschlichen Bandbreite. Dieser Beruf kann sehr oberflächlich und demütigend sein. Gleichzeitig steckt in ihm ein großes Potenzial an Weisheit. (Gute) Schauspieler sind automatisch darin geübt, sich in jemanden hineinzuversetzen, dessen Meinung sie nicht vertreten, womöglich sogar gänzlich ablehnen. Sie sind also in Toleranz und Empathie geübt. Sie stellen sich nicht nur die Frage „Wer bin ich?“, sondern „Wer könnte ich sein?“. Das erweitert die Möglichkeiten im Leben, anstatt sie zu reduzieren. (Gute) Schauspieler lernen, im Hier und Jetzt zu sein, wenn sie spielen. Wahrhaftigkeit und Lebendigkeit entsteht nicht in der Wiederholung des Vergangenen, sondern ausschließlich im Moment. Schauspieler wissen um die Macht des Geschichten-Erzählens, um die Kraft der Fantasie. Sie sind sich ihrer Körpersprache bewusst, ihrer Atmung, haben eine trainierte Stimme und Sprache und daher mehr Präsenz auf einer Bühne, bei einem Vortrag. Es gäbe noch vieles mehr, was ich hier aufzählen könnte. All diese Reize, mehr noch Schätze, stecken in diesem Beruf. Ob man sie tatsächlich auch für das restliche Leben nutzt, ist natürlich eine andere Sache.
Sie wurden oft über Ihren Migrationshintergrund definiert, Ihr „Besetzungskorsett“ ist lange Zeit eng geblieben, schreiben Sie. Wie kann hier ein Umdenken gelingen und welche Rolle fernab aller Stereotypie würden Sie sich für sich selbst wünschen?
Indem man aufhört, den Menschen auf einen Aspekt seiner Person zu reduzieren. Kein Mensch besteht ausschließlich aus seinem Migrationshintergrund, seiner Meinung, seiner Ideologie, seiner Religion, seiner Hautfarbe. Betrachtet man den Menschen als Ganzes, ist die eine Eigenschaft, die einem vorher so stark ins Auge fiel, nur noch eine von vielen. Jede Rolle, die differenziert geschrieben ist, mit Ecken und Kanten, mit Widersprüchen, guten und schlechten Seiten, humorvoll und tragisch zugleich, ist eine gute Rolle. Ich würde gerne gute Rollen spielen.
Sie sind sehr deutlich in Ihrem Buch, schreiben auch davon: „Zu meinem Job gehört es, mich kritisieren zu lassen. Ich bin da einfach gestrickt. Über eine gute Kritik freue ich mich, über eine schlechte kränke ich mich.“ Das sind sehr klare Worte. Hat Sie diese Offenheit viel Überwindung gekostet?
Ich glaube, was ich da schreibe, kennen viele Menschen. Bin ich deswegen besonders offen oder mutig? Ich denke nicht. Abgesehen davon, wollte ich nichts von mir preisgeben, dürfte ich weder Schauspielerin sein noch Bücher schreiben. Wirkliches Verstehen, wirkliche Verbindung zu anderen, entsteht nur, wenn man seine Fassade, wenn schon nicht fallen lässt, dann doch zumindest etwas lüftet.
Was würden Sie einem (jungen) Menschen raten, der den Beruf der Schauspielerei ergreifen möchte?
Bleib entspannt! Entspannt sein hilft immer. In der Schauspielerei so wie im restlichen Leben.