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Vertrauens-Check: So erkennen Sie ECHTE Freunde

26.10.2025

Wahre Freunde sind Seelentröster, Wegbegleiter und echte Kraftquellen. Warum Herzensfreundschaft unser Leben bereichert, wie sie gelingt und was sie so wertvoll macht, zeigen zwei Bücher – und die Psychologie des menschlichen Miteinanders. 

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Manchmal sind es nicht die spektakulären Ereignisse oder großen Gesten, sondern die stillen Stunden mit Freunden – bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein, begleitet von gemeinsamem Lachen oder tröstenden Worten –, die uns tief berühren. In ihrem Buch „Freundschaft – Eine andere Form von Liebe“ erzählt Kerstin Schweighöfer Geschichten über die Kraft echter freundschaftlicher Beziehungen.

Diese sind aber nicht selbstverständlich; denn wie in der Liebe gilt auch hier das Gartenprinzip: Wer sät, der erntet. „Freundschaft blüht erst dann, wenn man sich um sie kümmert und sie gut versorgt“, so die Autorin.  

Die große Schule der Freundschaft 

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Wie Freundschaften gelingen können, beschreibt der Psychotherapeut Wolfgang Krüger in seinem Buch „Freundschaft: beginnen – verbessern – gestalten“. Auch er geht davon aus, dass Freundschaften entscheidend für unser Lebensglück sind und heute wichtiger denn je. Auf 184 Seiten gibt er wertvolle Ratschläge für die große Schule der Freundschaft.  

Warum wir Freunde brauchen

Freundschaften sind weit mehr als nette Begleiterscheinungen im Leben – sie sind ein fundamentales menschliches Bedürfnis. Studien belegen: Menschen mit engen Freundschaften leben länger, sind gesünder und psychisch stabiler. In Krisenzeiten spenden Freunde Halt, stärken das Selbst und lindern Ängste.

Doch echte Freundschaften entstehen nicht von selbst – sie verlangen Zeit, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, auch Konflikte auszuhalten. Gute Freunde zu finden und Freundschaften zu pflegen ist eine lebenslange Aufgabe – vergleichbar mit gesunder Ernährung oder Bewegung. Deshalb sollte die „Kunst der Freundschaft“ aktiv gelernt und gelebt werden. 

Echte Freunde erkennen

Einen wirklichen Freund erkennt man nicht an gemeinsamen Hobbys oder häufiger Kommunikation, sondern an Tiefe, Vertrauen und Verlässlichkeit. Echte Freundschaft schenkt Halt, Verständnis und emotionale Sicherheit. Um sie zu erkennen rät Wolfgang Krüger, sich drei Fragen zu stellen: Was ist für mich ein wahrer Freund? Wie bewerte ich meine bestehenden Freundschaften? Und nach welchen Kriterien?

Bereits Aristoteles unterschied zwischen Nutzen-, Lust- und Herzensfreundschaften – nur letztere zeichnen sich durch tiefe Nähe, Ehrlichkeit und gegenseitige Freude am Glück des anderen aus. Auch moderne Beziehungsarten wie Berufs- oder Interessenfreundschaften können bedeutsam sein, bleiben aber oft oberflächlicher. Herzensfreunde dagegen sind selten – doch wer sie findet, besitzt etwas sehr Kostbares. Denn wahre Freundschaft bedeutet laut Psychotherapeut Krüger: verstanden werden, echtes Interesse erfahren und aufeinander zählen können – und zwar in jeder Lebenslage. 

Bessere Freunde werden

Gute Freundschaften entstehen nicht von selbst – sie sind das Ergebnis bewusster Pflege, ehrlicher Selbstreflexion und aktiver Gestaltung. Wer seine Freundschaften verbessern möchte, sollte zunächst Bilanz ziehen: Welche meiner Beziehungen lohnen sich wirklich? Wie nah sind sie an dem, was ich mir unter Freundschaft vorstelle? Dabei hilft es, auch die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen: Bin ich selbst ein guter Freund, eine gute Freundin? Zeige ich echtes Interesse, Verlässlichkeit und Offenheit?

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Freundschaften brauchen regelmäßige Aufmerksamkeit – durch kleine Gesten, Gespräche, gemeinsame Erlebnisse und Unternehmungen oder konkrete Hilfe im Alltag. Ebenso wichtig ist es, selbst Hilfe anzunehmen, um ein Gleichgewicht zu schaffen. Tiefe Gespräche, biografisches Interesse und das bewusste Durchbrechen festgefahrener Muster beleben Freundschaften und stärken das gegenseitige Verständnis.

Konflikte sollten nicht verdrängt, sondern offen und respektvoll angesprochen werden. Und schließlich: Wer seine emotionale Sicherheit nicht von einer einzigen Freundschaft abhängig macht, sondern auf Vielfalt setzt, schafft ein stabiles soziales Netz. Freundschaft ist eine lebenslange Lernaufgabe – aber wer investiert, wird reich belohnt: mit Nähe, Vertrauen, Verbundenheit und innerem Halt.

Umgang mit Konflikten

Im Gegensatz zu dem, was wir meinen, sind Konflikte laut Wolfgang Krüger kein Zeichen gescheiterter Freundschaft, sondern Teil jeder echten Beziehung. Entscheidend ist nicht, ob es Streit gibt, sondern wie man damit umgeht. Freundschaften, in denen die Konflikte offen und respektvoll angesprochen werden, können daran wachsen.

Statt Probleme zu unterdrücken oder sich wortlos zurückzuziehen, braucht es Mut zur ehrlichen, aber achtsamen Kommunikation. Heikle Punkte anzusprechen, kann man lernen. Statt mit der Tür ins Haus zu fallen, empfiehlt sich das bewährte Sandwich-Prinzip: erst Lob, dann Kritik, schließlich Hoffnung.

Wer Kritik mit positivem Ausblick verbindet, bleibt konstruktiv und motivierend. Auch Unzuverlässigkeit, einseitiges Verhalten oder Tratsch sind häufige Streitpunkte, die oft zu Rückzug oder Abwertung führen. Doch wer Ambivalenz aushält und bereit ist zu verzeihen, stärkt die emotionale Bindung. Manche Freundschaften enden – das ist in Ordnung. Andere lassen sich sogar wiederbeleben. Wer Konflikte nicht als Bruch, sondern als Chance sieht, vertieft nicht nur seine Beziehungen, sondern wächst auch selbst.

Freundschaft mit sich selbst

Echte Freundschaften wachsen zuletzt durch innere Reife. Um anderen ein guter Freund oder eine gute Freundin zu sein, muss man diese Kunst sich selbst gegenüber praktizieren. Wer sich annimmt, liebevoll mit sich umgeht und die eigenen Schwächen akzeptiert, kann auch anderen wirklich begegnen. Viele oberflächliche Freundschaften scheitern an fehlender Tiefe – oft blockiert durch Ängste, Scham oder Selbstkritik. Innere Freundschaft bedeutet, achtsam mit sich und dem eigenen Körper umzugehen, Gefühle ernst zu nehmen und Selbstmitgefühl zu entwickeln. Erst daraus entstehen Begegnungen, die Nähe, Vertrauen und echtes Miteinander ermöglichen.

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Neue Freunde finden

Neue Freundschaften entstehen durch Eigeninitiative, Offenheit und Pflege. Wer seinen Freundeskreis erweitern möchte, sollte aktiv werden. Wolfgang Krüger rät: Besuchen Sie regelmäßig Kurse, Vereine oder Veranstaltungen, bei denen Sie Menschen mit ähnlichen Interessen treffen. Sprechen Sie gezielt jemanden an. Tauschen Sie nach einem guten Gespräch Kontaktdaten aus oder schlagen Sie ein Treffen auf Probe vor.

Seien Sie verlässlich und zeigen Sie echtes Interesse – kleine Gesten wie ein Anruf oder eine Nachricht halten den Kontakt lebendig. Laden Sie andere Menschen zusammen ein und bringen Sie Freunde miteinander in Kontakt. Reaktivieren Sie auch alte Freundschaften, etwa über soziale Netzwerke, ohne alte Konflikte aufzuwärmen. Als Psycho-Freundschaften brauchen Geduld und regelmäßige Aufmerksamkeit. Wer sich selbst annimmt, offen auf andere zugeht und auch Humor zulässt, schafft oft eine Verbindung, die tragfähig und bereichernd ist.

Freundschaft und Liebe

„Kleine Schwester der Liebe“ wird Freundschaft auch genannt. Für Wolfgang Krüger ist Freundschaft ein Indikator für Liebesfähigkeit. Denn wer stabile Freundschaften pflegt, zeigt soziale Reife, Empathie und Konfliktfähigkeit – Fähigkeiten, die auch in Liebesbeziehungen entscheidend sind.

Freundschaften entlasten Partnerschaften, fördern Ausgleich und stärken die emotionale Selbstständigkeit. Eine Liebesfreundschaft verbindet tiefe Zuneigung mit Respekt, Kommunikation und individueller Freiheit. Sie vermeidet emotionale Abhängigkeit und schafft Raum für Entwicklung. Wer lieben will, sollte also lernen, ein guter Freund zu sein – für andere und für sich selbst – empfiehlt Wolfgang Krüger.

Für Kerstin Schweighöfer ist Freundschaft oft die stabilere und konstantere Ausgabe der Liebschaft. „Echte Freundschaft ist im Grunde ja nichts anderes als eine Form von Liebe“, schreibt sie in ihrem Vorwort. Und kommt zu dem Schluss: „Für ein gutes und erfülltes Leben braucht es Freunde – Menschen, die unser Leben heller machen“. Gut, dass wir nicht wählen müssen zwischen Freundschaft und Liebe – beides zu leben ist letztlich die Königsdisziplin.  

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