Mödling

Nazi-Eklat bei Pogrom-Gedenken: Hitler-Rede abgespielt

10.11.2025

Wo man der Opfer der Novemberpogrome in Mödling 1938 gedenken wollte, spielte sich gestern eine furchtbare Szene ab: das Gedenken wurde lautstark gestört - von einer gegenüber, aus einem Hochhaus, abgespielten Hitler-Rede.

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© Stadtgemeinde Mödling
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Im Rahmen der Gedenkfeier in Erinnerung an die Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand sich am Sonntagabend in Mödling auch eine Abordnung der Stadtgemeinde in der Enzersdorfer Straße 4 ein. Ebendort stand einst die Mödlinger Synagoge, die vor 87 Jahren von den Nazis niedergebrannt wurde. Seit Jahren erinnert eine geknickte Menora an die Ereignisse. Die Menora ist auch bekannt als Siebenarmiger Leuchter, sie ist eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. 

Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung wurden dabei Zeugen einer besonders widerwärtigen Stör-Aktion. "Wir haben die Namen der neun Jüdinnen und Juden verlesen, denen wir demnächst weitere Stolpersteine widmen, dann folgte ein Musikstück“, berichtet Stadtrat Stephan Schimanowa (SPÖ). 

Plötzlich: eine Hitler-Rede

Plötzlich sei, während der Rede des 91-jährigen Altbürgermeisters Werner Burg, aus dem Hochhaus gegenüber eine Hitler-Rede zu hören gewesen. Und zwar: sehr laut. "Ich bin schockiert, betroffen und aufgewühlt. Es ist unfassbar", so Schimanowa. Die Teilnehmer an der Gedenkveranstaltung rund um die Pogrom-Nacht seien derart erschüttert gewesen, dass man nicht sofort die Polizei verständigen habe können. Das werde man aber diesen Montagvormittag nachholen. Es sollte nicht allzu schwer sein, den Verdächtigen ausfindig zu machen, meinte der Kulturstadtrat. Denn die Teilnehmer der Veranstaltung starrten allesamt fassungslos zu einem bestimmten - offenen - Fenster. Dieses sei sehr leicht wieder auszumachen.

Ausgerechnet in der Gedenknacht

In der Nacht auf Montag jährt sich zum 87. Mal das "Novemberpogrom“. Die Zerstörung von Geschäften, Wohnungen und Synagogen im November 1938 war der Auftakt zur Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung von Juden im gesamten NS-Reich. Bürgermeisterin Silvia Drechsler (SPÖ) und die etwa 50 anwesenden Stadt- und Gemeinderäte, Gäste und Zeitzeugen waren sprachlos und entsetzt. Die Beteiligten waren sich einig: Das war ein "klassischer Fall von NS-Wiederbestätigung". Offensichtlich war es eine gezielte Aktion, um die Gedenkfeierlichkeiten zu stören. 

Die propagandistische Hitler-Rede sei für etwa zwei bis drei Minuten abgespielt worden und war klar wahrnehmbar. Wie die Bürgermeisterin erklärt, werde man den Fall zur Anzeige bringen, damit der Verantwortliche ausgeforscht und zur Rechenschaft gezogen werden können.
 

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