ÖVP: Doskozil soll Telefonprotokolle offenlegen

7 Mio. Euro verschoben: Banken-Skandal wird zur Polit-Schlacht

03.08.2020

Ungewohnt emotional äußerte sich Doskozil gestern zum Banken-Skandal in Mattersburg.

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Für Hans Peter Doskozil ist der Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg ein „Kriminalfall“. Der Rücktritt seines Landes­rates Christian Illedits wegen Annahme eines Goldgeschenkes des SV Mattersburg (Hauptsponsor ist Commerzialbank-Chef Martin Pucher) brachte ihn am Wochenende allerdings selbst in Bedrängnis. Am Montag holte der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann dann zum Rundumschlag aus.

Geld gerettet: RMB habe das nicht getan, andere schon

Zur Weißglut brachte Doskozil vor allem ein Medienbericht, wonach die Regionalmanagement Burgenland (RMB) – eine hundertprozentige Tochter des Landes – kurz vor der Schließung der Commerzialbank durch die FMA Geld in Sicherheit gebracht habe. Das sei eine „Lüge“ und SP-Bashing, ärgerte sich der Rote gestern bei seiner Pressekonferenz. Im Gegenteil: Die 1,3 Mio. Euro der RMB „scheinen verloren“.  

Er habe wiederum gehört, dass es „offensichtlich 24 Stunden davor Geldverschiebungen in einer Größenordnung zwischen 5 und 10 Mio. Euro“ gegeben habe. Er erwarte hier Aufklärung: „Waren es die Aufsichtsräte – wo ein ÖVP-Bürgermeister und ein ÖVP-Wirtschaftskämmerer drinnen sitzen?“, fragte der Landeschef.

Gegenüber oe24.at präzisiert Doskozil später: „Ich hörte, es waren sieben Millionen Euro, die noch schnell abgezogen worden sind.“ (s. re.). Die Frage ist, wer gab den Insider-Tipp?

VP-Angriff: "Wann wusste Doskozil von Bank-Sperre?"

Er selbst schloss aus, dass er die RMB informiert habe. Gewusst hat er laut Presse aber von der Sperre der Bank: Gegen 17.30 Uhr habe er sich bei der Finanzmarktaufsicht erkundigt, gegen 20.30 Uhr habe er eine Antwort erhalten – da sei aber laut FMA keine Abhebung mehr möglich gewesen.
VP-Landeschef Christian Sagartz fordert jetzt im ÖSTERREICH-Gespräch, dass Doskozil die Telefonprotokolle der heißen Phase offen­legen solle.

Der Aufsichtsrat der Bank: Dachdecker, Pensionisten, Gastwirt...

Der Aufsichtsrat der Commerzialbank Mattersburg – also jenes Gremium, das dem Vorstand rund um Martin Pucher  auf die Finger hätte schauen sollen – besteht aus zehn Männern, deren fachliche Expertise wohl eher fraglich ist: Darunter ein Dachdecker, fünf Landwirte, ein Gastwirt, ein Fleischermeister und zwei Pensionisten. Der Aufsichtsrat ist ÖVP-dominiert, Vorsitzender war ein Ex-ÖVP-Bürgermeister.

© gepa
Martin Pucher

Doskozil ime oe24-Interview: "Justiz hat zu lange zugesehen"

Hans Peter Doskozil im oe24.at-Gespräch über den Bilanz-Skandal von Mattersburg.

  • Hans Peter Doskozil über den Skandal: „Die Staatsanwaltschaft und die Finanzmarktaufsicht waren schon seit dem Jahr 2015 mit dem Fall befasst. Warum hat die Justiz das Verfahren ohne Ermittlungen eingestellt? Das muss jetzt geklärt werden.“
  • Über den Aufsichtsrat der Bank: „Manche wissen von Belobigungen und Krediten, die da herumgeschoben worden sind. Seit 2018 hat’s dazu schon Gerüchte gegeben.“
  • Über Abhebung 24 Stunden vor der Banken-Schließung: „Ich hörte, es waren sieben Millionen Euro, die noch schnell abgezogen worden sind.“ Wen er dabei im ­Verdacht hat, will Doskozil offiziell nicht verraten. Allerdings: Die landeseigene Regionalmanagement Burgenland GmbH war es jedenfalls nicht, sagt der SPÖ-Landeshauptmann. Zitat: „Die hatten 1,3 Millionen Euro am Konto und haben diesen Betrag jetzt auch noch dort.“
  • Er selbst ließ Vorsicht 
gegenüber der Bank walten: „Die Landesfinanzen hatten dort kein Konto. Und gute Bekannte aus der 
 Bankenszene haben sich immer gefragt: Wie macht das der Pucher?“ Jetzt, 
 nach Auffliegen der mutmaßlichen Bilanzfälschungen und einer möglichen Schadenssumme von mehr als 500 Millionen Euro, sei diese Frage be­antwortet.
  • Gab es eine Entschuldigung von Pucher? „Das brauche ich wirklich nicht, dass er mich anruft. Er gilt für mich als Straftäter und soll zu seiner Verantwortung stehen.“

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