Ungewohnt emotional äußerte sich Doskozil gestern zum Banken-Skandal in Mattersburg.
Für Hans Peter Doskozil ist der Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg ein „Kriminalfall“. Der Rücktritt seines Landesrates Christian Illedits wegen Annahme eines Goldgeschenkes des SV Mattersburg (Hauptsponsor ist Commerzialbank-Chef Martin Pucher) brachte ihn am Wochenende allerdings selbst in Bedrängnis. Am Montag holte der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann dann zum Rundumschlag aus.
Geld gerettet: RMB habe das nicht getan, andere schon
Zur Weißglut brachte Doskozil vor allem ein Medienbericht, wonach die Regionalmanagement Burgenland (RMB) – eine hundertprozentige Tochter des Landes – kurz vor der Schließung der Commerzialbank durch die FMA Geld in Sicherheit gebracht habe. Das sei eine „Lüge“ und SP-Bashing, ärgerte sich der Rote gestern bei seiner Pressekonferenz. Im Gegenteil: Die 1,3 Mio. Euro der RMB „scheinen verloren“.
Er habe wiederum gehört, dass es „offensichtlich 24 Stunden davor Geldverschiebungen in einer Größenordnung zwischen 5 und 10 Mio. Euro“ gegeben habe. Er erwarte hier Aufklärung: „Waren es die Aufsichtsräte – wo ein ÖVP-Bürgermeister und ein ÖVP-Wirtschaftskämmerer drinnen sitzen?“, fragte der Landeschef.
Gegenüber oe24.at präzisiert Doskozil später: „Ich hörte, es waren sieben Millionen Euro, die noch schnell abgezogen worden sind.“ (s. re.). Die Frage ist, wer gab den Insider-Tipp?
VP-Angriff: "Wann wusste Doskozil von Bank-Sperre?"
Er selbst schloss aus, dass er die RMB informiert habe. Gewusst hat er laut Presse aber von der Sperre der Bank: Gegen 17.30 Uhr habe er sich bei der Finanzmarktaufsicht erkundigt, gegen 20.30 Uhr habe er eine Antwort erhalten – da sei aber laut FMA keine Abhebung mehr möglich gewesen.
VP-Landeschef Christian Sagartz fordert jetzt im ÖSTERREICH-Gespräch, dass Doskozil die Telefonprotokolle der heißen Phase offenlegen solle.
Der Aufsichtsrat der Bank: Dachdecker, Pensionisten, Gastwirt...
Der Aufsichtsrat der Commerzialbank Mattersburg – also jenes Gremium, das dem Vorstand rund um Martin Pucher auf die Finger hätte schauen sollen – besteht aus zehn Männern, deren fachliche Expertise wohl eher fraglich ist: Darunter ein Dachdecker, fünf Landwirte, ein Gastwirt, ein Fleischermeister und zwei Pensionisten. Der Aufsichtsrat ist ÖVP-dominiert, Vorsitzender war ein Ex-ÖVP-Bürgermeister.
Doskozil ime oe24-Interview: "Justiz hat zu lange zugesehen"
Hans Peter Doskozil im oe24.at-Gespräch über den Bilanz-Skandal von Mattersburg.
- Hans Peter Doskozil über den Skandal: „Die Staatsanwaltschaft und die Finanzmarktaufsicht waren schon seit dem Jahr 2015 mit dem Fall befasst. Warum hat die Justiz das Verfahren ohne Ermittlungen eingestellt? Das muss jetzt geklärt werden.“
- Über den Aufsichtsrat der Bank: „Manche wissen von Belobigungen und Krediten, die da herumgeschoben worden sind. Seit 2018 hat’s dazu schon Gerüchte gegeben.“
- Über Abhebung 24 Stunden vor der Banken-Schließung: „Ich hörte, es waren sieben Millionen Euro, die noch schnell abgezogen worden sind.“ Wen er dabei im Verdacht hat, will Doskozil offiziell nicht verraten. Allerdings: Die landeseigene Regionalmanagement Burgenland GmbH war es jedenfalls nicht, sagt der SPÖ-Landeshauptmann. Zitat: „Die hatten 1,3 Millionen Euro am Konto und haben diesen Betrag jetzt auch noch dort.“
- Er selbst ließ Vorsicht gegenüber der Bank walten: „Die Landesfinanzen hatten dort kein Konto. Und gute Bekannte aus der Bankenszene haben sich immer gefragt: Wie macht das der Pucher?“ Jetzt, nach Auffliegen der mutmaßlichen Bilanzfälschungen und einer möglichen Schadenssumme von mehr als 500 Millionen Euro, sei diese Frage beantwortet.
- Gab es eine Entschuldigung von Pucher? „Das brauche ich wirklich nicht, dass er mich anruft. Er gilt für mich als Straftäter und soll zu seiner Verantwortung stehen.“