Affären

VP-Top-Politiker jetzt vor Gericht: Wöginger hatte dreifach Pech

05.10.2025

Wohl erstmals in der 2. Republik steht ein Politiker wegen Postenschacher vor dem Strafrichter. Warum August Wöginger wirklich angeklagt wurde.

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© APA/HELMUT FOHRINGER
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Es ist in Österreich an der Tagesordnung: Ein Parteigänger wird mit einem gut dotierten Amt versorgt, ein Top-Politiker hat dabei die Strippen gezogen. An derlei Missstände sind gelernte Österreicherinnen und Österreicher gewöhnt, vor allem bei ÖVP und SPÖ ist Parteibuchwirtschaft eher die Regel denn die Ausnahme. Und trotzdem steht am Dienstag einer der wichtigsten ÖVP-Politiker genau deshalb vor dem Kadi: In Linz muss sich der mächtige Klubobmann August Wöginger wegen des Vorwurfs des Missbrauchs der Amtsgewalt vor dem Straflandesgericht verantworten. Mitangeklagt sind ein 63-jähriger sowie ein 60-jähriger Finanzbeamter - beide ÖVP-Mitglieder. Im Fall einer Verurteilung droht eine Haftstrafe von 6 Monaten bis zu fünf Jahren.

Der Vorwurf: Bei der Neubesetzung des Chefpostens im Finanzamt Braunau hatte Wöginger 2016 bis 2017 - er ist als mutmaßlicher Bestimmungstäter angeklagt - derart intensiv für einen ÖVP-Bürgermeister interveniert, dass in der Besetzungskommission alles "gerichtet" wurde - Wögingers Günstling bekam den Posten am Ende wirklich. Warum ein fast schon alltäglicher Fall vor dem Richter landete? Wöginger hatte dreifach "Pech".

+ Unterlegene Kandidatin klagte. Die bestgereihte Kandidatin, die Top-Finanzbeamtin Christa Scharf, berief gegen die Entscheidung und bekam Recht. Das Bundesverwaltungsgericht befand, sie wäre eigentlich die bestgeeignete Kandidatin gewesen. Daraufhin erstattete Scharf Anzeige wegen Amtsmissbrauchs bei der Staatsanwaltschaft Linz.

+ Alle Chats offengelegt. Zudem liegen alle Interventionen Wögingers quasi Schwarz auf Weiß vor - sie wurden in der "Chat-Affäre" um den mächtigen Finanzministeriumsgeneralsekretär Thomas Schmid offengelegt. Zwei Monate lang hatte Wöginger bei Schmid interveniert - am Ende konnte Schmid Vollzug melden: "Wir haben es geschafft :-)). Der Bürgermeister schuldet dir was!" Wögingers Antwort: Er sei "total happy".

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+ Pech Nummer 3. Schmid ist nunmehr Kronzeuge der WKStA und hat gegen Wöginger ausgesagt. Er ist auch in diesem Prozess als Zeuge geladen.

Wöginger bestreitet nicht den Vorgang, strafbar sei das aber nicht gewesen: "Ich habe lediglich ein im Rahmen meiner legitimen Wahlkreisarbeit als Abgeordneter zum Nationalrat herangetragenes Anliegen an die zuständige Stelle weitergeleitet. Ein in der Politik täglicher Vorgang."

Das hat jetzt das Gericht zu bewerten - nach Einvernahme der Beschuldigten beginnen am 21. Oktober 2025 die Einvernahmen von 31 Zeugen. Ein Urteil ist für den 20. November angedacht. Eine Diversion für Wöginger - also eine Bußzahlung bei einem Geständnis - hat das Gericht bereits ausgeschlossen. 

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