Ansage
AMS-Chef Kopf fordert Reform bei Mindestsicherung
26.08.2025Zehn Jahre nach der großen Flüchtlingswelle gibt AMS-Chef Johannes Kopf jetzt Einblick darüber, wie gut die Integration tatsächlich gelungen ist. Dabei fordert er Änderungen bei der Mindestsicherung.
Kopf steht der Integration der Flüchtlingswelle vor zehn Jahren grundlegend positiv gegenüber und sieht Erfolge.
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"Die Integration in den Arbeitsmarkt funktioniert. Sie ist teuer, aber aus meiner Sicht alternativlos, weil die Nichtintegration noch teurer ist als die Integration. Ein Deutschkurs ist billiger als ein Monat Mindestsicherung", sagt Kopf in einem aktuellen Interview mit "profil".
Jeder zweite Geflüchtete in Beschäftigung
57 Prozent der Geflüchteten von 2015/16 sind heute berufstätig. Vor allem Menschen aus Afghanistan verblüfften Kopf dabei – und zwar positiv: "Am meisten haben mich die Afghanen überrascht. Da haben wir alle gedacht: Wie soll uns das gelingen? Da sind so viele, die ganz niedrig qualifiziert sind. Aber deren Integrationskurve ist weitaus steiler, als ich erwartet habe", so der AMS-Chef gegenüber dem Nachrichtenmagazin.
Johannes Kopf zeigt einen Widerspruch auf - weniger qualifizierte Menschen aus Afghanistan beispielsweise waren leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren, als Menschen aus Syrien, die als ausgebildete Ärzte hergezogen sind. Grund dafür seien laut Kopf ihre Deutschkenntnisse:
"Das Extrembeispiel ist der syrische Arzt. Wir haben über die Jahre 200 Ärzte bei der Nostrifikation begleitet. Um einen Arzt zu nostrifizieren, muss er Deutsch auf Matura-Niveau können. Dann erst kann er die Ergänzungsprüfungen auf der Uni machen. Im Schnitt dauert dieser Prozess drei Jahre. Und ich möchte natürlich von einem Arzt behandelt werden, der mich gut genug versteht."
Frauen bleiben zu Hause
Ein Problemfeld seien allerdings immer noch die Frauen aus diesen Kulturkreisen. Viele sind gar nicht mehr beim AMS gemeldet, sobald der Mann verdient: "Wir haben Paare, bei denen sich Mann und Frau arbeitslos melden, weil das für den Bezug der Sozialleistungen verpflichtend ist. Und sobald der Mann Geld verdient, gibt es die Aufstockung durch die Sozialleistung oft nicht mehr, und dann ziehen sich manche Frauen vom Arbeitsmarkt zurück und sind nicht mehr vorgemerkt." Das seien dann Frauen, die einfach daheim bleiben. Und noch problematischer sei dies, weil es die Töchter betreffe, die ebenfalls daheim bleiben - und keinen Ausbildungsmöglichkeiten nachgehen.
Reform bei Mindestsicherung
Im Interview mit "profil" bezog Kopf klare Stellung zu der Mindestsicherung, die momentan auch bundesweit in der politischen Debatte steht: "Ich bin für ein bundeseinheitliches Mindestsicherungssystem. Es gibt keinen Grund, warum das in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt ist und die Bezüge unterschiedlich hoch sind." In Bezug auf die Einzelfälle, wo kinderreiche Familien Sozialleistungen von mehreren tausend Euro bekommen, sei dies laut Kopf "natürlich ein Problem". Wenn man allerdings Kinderarmut bekämpfen wolle, müsse man bei kinderreichen Familien jedenfalls mehr Geld geben, weil die Eltern zu niedrig qualifiziert seien, um so viel zu verdienen, führte der AMS-Chef aus.
Zuvor sorgten diese Einzelfälle immer wieder für Aufregung. Eine politische Lösung in dieser Diskussion scheint jedoch noch nicht in Sicht.