Bereits 368 Fälle in Österreich

Coronavirus: Außenministerium gibt weltweite Reisewarnung aus

11.03.2020

Österreichs Außenminister: Raten dringend von Reisen ab und rufen auf, nach Österreich zurückzukehren, 'solange noch Rückreisemöglichkeiten bestehen'.

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© APA/AFP/JURE MAKOVEC
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Wien. Österreich hat seine Reisewarnungen drastisch erhöht: "Alle Länder weltweit werden auf 'Hohes Sicherheitsrisiko' (Sicherheitsstufe 4 von 6) gesetzt", teilte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Donnerstagabend mit. "Das ist ein außergewöhnlicher aber notwendiger Schritt, den wir heute Abend gesetzt haben."

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Die Unvorhersehbarkeit der Ausbreitung des Virus erfordere "eine besondere Wachsamkeit der Österreicherinnen und Österreicher. Wir raten daher dringend von allen nicht unbedingt notwendigen Reisen ab und rufen dazu auf, nach Österreich zurückzukehren, solange noch Rückreisemöglichkeiten bestehen", sagte der Minister weiter. Ausgenommen von der Maßnahme seien jene Länder, die bereits zuvor auf Stufe 5 oder 6 gereiht waren.

Tirol schließt alle Skigebiete

Innsbruck. Das Land Tirol beendet die Skisaison aufgrund des Coronavirus vorzeitig. Mit Ablauf Sonntag, 15. März, werden alle Skigebiete geschlossen, teilte das Land Donnerstagabend mit. Ebenso werden alle Beherbergungsbetriebe nach dem 16. März behördlich gesperrt. Der Montag wurde deshalb gewählt, damit die Gäste geordnet ihre Rückreise antreten können, hieß es.

"Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen", sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). "Aber wir übernehmen Verantwortung für alle TirolerInnen und für alle, die sich in Tirol aufhalten", meinte er. Unterdessen wurden am Abend drei weitere Corona-Fälle in Tirol bekannt gegeben. Damit sind derzeit 110 Personen mit dem Virus infiziert, ein italienisches Pärchen ist mittlerweile wieder gesund.

Zur vorzeitigen Beendigung der Wintersaison wird es am Freitag um 10.00 Uhr im Landhaus in der Säulenhalle eine Pressekonferenz geben. Die APA wird berichten.

Bereits 368 Coronavirus-Fälle in Österreich

Österreich-weit. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) rechnet mit bis zu 400 Coronavirus-Fällen bis Donnerstagabend. In der Früh hatte es österreichweit knapp über 300 Erkrankte gegeben, 24 Stunden davor rund 200. Er richtete an alle den Appell, sich zu schützen: "Das Leben in Österreich und Europa wird sich grundlegend ändern." In einem Wiener Spital starb erstmals ein Patient in Österreich an Covid-19.

Als Vorbereitung auf die bevorstehenden Schulschließungen wurde verfügt, dass Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten für Kinder unter 14 Jahren von ihren Arbeitgebern bis zu drei Wochen freigestellt werden können. Die Entscheidung darüber trifft der Arbeitgeber, informierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Im Falle einer Freistellung übernimmt der Staat ein Drittel der Lohnkosten in den nächsten Wochen bis Ostern. Wer arbeiten muss, könne seine Kinder weiter in den Kindergarten oder die Schule bringen. Auf keinen Fall dürfen die Kinder den Großeltern überantwortet werden, betonte Kurz.

Die meisten Arbeitnehmer werden trotz Coronavirus weiter ihrer Arbeit nachgehen müssen. Es sei wichtig, dass die Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Wasser- und Energieversorgung, die Sicherheitskräfte, das Gesundheitssystem und der öffentliche Verkehr weiter funktionieren. Alle diese Menschen müssen ihren Dienst weiter verrichten, "damit die Grundpfeiler der Republik funktionieren", sagte der Kanzler, der dafür Dank aussprach. Mehrere Augenzeugen berichteten der APA unterdessen von lokalen Hamsterkäufen und langen Warteschlangen bei Supermärkten sowie Apotheken. Die Regierung hat außerdem weitgehende Besuchsverbote in Spitälern angekündigt.

"Tägliche Zuwächse zwischen 31 und 47 Prozent"

Es gebe "tägliche prozentuale Zuwächse zwischen 31 und 47 Prozent in den vergangenen Tagen, sagte Anschober über die Entwicklung der Fallzahlen in Österreich. "Das ist eine exponentielle Entwicklung, diese muss gedämpft werden."
 
Im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital ist in der Nacht auf Donnerstag ein 69-jähriger Covid-19-Patient verstorben. Er ist das erste Todesopfer des neuartigen Coronavirus in Österreich. Der Mann hatte sich in Italien aufgehalten und an Vorerkrankungen gelitten, berichtete der medizinische Krisenstab der Stadt.
 
 
Bis Donnerstagnachmittag (Stand 23.40 Uhr) stieg die Zahl der bestätigten Fälle auf 368, die meisten gab es mit 109 in Tirol. Dort hat sich der Skiort Ischgl zu einem heimischen Corona-Hotspot entwickelt. Ausgehend von einem Apres-Ski-Lokal haben sich auch etliche Touristen mit SARS-CoV-2 infiziert. Nun wird der Skibetrieb vorzeitig eingestellt.
 
Auch am Wiener AKH, dem größten heimischen Spital, gibt es einen ersten Coronavirus-Fall. Eine Patientin der Hämatologischen Ambulanz wurde positiv getestet. Sämtliche Kontaktpersonen befinden sich in Heimquarantäne.

Nehammer kündigte weitere Maßnahmen an

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte weitere Maßnahmen an, sollte sich die erhoffte Abflachung der Infektionskurve nicht einstellen. Für alle 25.000 heimischen Polizisten ist eine Urlaubssperre verhängt worden.
 
Unterdessen hat das Complexity Science Hub Vienna (CSH) berechnet, dass die Kapazität der Intensivbetten in etwa 14 Tagen erschöpft sein könnte. Einen Engpass an allen derzeit existierenden Spitalsbetten in Österreich erwarten die Forscher gegen Anfang April. Die mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens angestrebte Reduktion sozialer Kontakte könnte die Virusverbreitung aber stark reduzieren. In einem "Worst-Case-Szenario" kommen auf Simulationsrechnungen spezialisierte Mathematiker um Niki Popper von der Technischen Universität (TU) Wien auf rund zwei Millionen gleichzeitig Infizierte in Österreich Ende Mai, werden die Kontakte um ein Viertel eingeschränkt, sinke die Zahl auf rund 360.000.
 
 
Ein Großteil der tausenden Österreicher, die sich noch in Italien aufgehalten hatten, dürfte inzwischen mit dem Auto heimgereist sein. Für die restlichen Urlauber organisiert das Außenministerium eine Rückholaktion. Alle Heimkehrer sind zu einer 14-tägigen Heimquarantäne verpflichtet.

130 Rückweisungen an italienischer Grenze

An der italienischen Grenze hat es seit Einführung von Kontrollen am Mittwochmittag bis Donnerstagmittag rund 130 Rückweisungen gegeben. Insgesamt wurden rund 7.700 Personen kontrolliert, berichtete Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Rückweisungen seien etwa erfolgt, weil kein Attest vorgewiesen werden konnte. Der Güterverkehr laufe ungestört, die Polizei kontrolliere, achte gleichzeitig aber darauf, dass die Transporte rollen.
 
Unterdessen stellt der ÖFB den Spielbetrieb ein, ab Montag werden die Gottesdienste landesweit ausgesetzt bzw. über Medien wie Radio, Fernsehen und Online-Stream übertragen, das Bundesheer setzt die Stellungen ab Montag bis 17. April aus und der Betreiber Vamed schließt vorerst seine Thermen für Tagesgäste.

Weniger Operationen, neue Hotline

Weiters werden alle verschiebbaren Operationen bis auf ein absolutes Minimum auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. „Wir bitten die Wiener Bevölkerung um Verständnis, aber wir müssen unsere Ressourcen und unser Personal im zentralen Bereich der Gesundheitsversorgung – den Spitäler – schützen und schonen. Absolut keinen Einschränkungen unterliegen Akutbehandlungen bzw. -operationen“, so Hacker.Der Wiener Gesundheitsstadtrat kündigt weitere Maßnahmen an, die bereits in Vorbereitung sind.
 
Weiters hat die Stadt Wien eine 24 Stunden Hotline eingerichtet, unter der sich ältere Menschen und Personen, die zu einer Risikogruppe gehören, melden können, um Unterstützung bei der Besorgung von Lebensmitteln, Medikamenten usw. in Zeiten von Corona zu erhalten. Die Hotline lautet: 01/4000-4001
 
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