ÖSTERREICH-Interview

Häupl: "Honeymoon mit Grünen 
ist vorbei"

18.10.2014

Asyl, Wien-Wahl & Steuer: Wiens Bürgermeister Michael Häupl spricht Klartext.

Zur Vollversion des Artikels
© TZ ÖSTERREICH/Kernmayer
Zur Vollversion des Artikels

ÖSTERREICH: Sind Sie mit der neuen Bundesregierung jetzt stärker zufrieden?
Michael HÄUPL: Ja. Ich sehe eine Renaissance der Vernunft. Und das ist schon eine Menge wert. Dass es jetzt einen Finanzminister gibt, der von seiner Sache was versteht, halte ich für sehr erfreulich.

ÖSTERREICH: Sie sind wieder ein Fan der Großen Koalition?
HÄUPL: War ich immer. Und derzeit mehr als zuletzt.

ÖSTERREICH: Ihre Liebe zu Rot-Grün ist etwas abgekühlt?
HÄUPL: Das ist keine Frage von Liebe oder Befindlichkeit. Aber richtig: Derzeit spüre ich, dass es in dieser Ehe ein bisserl holpert. Der Honeymoon des Anfangs ist vorbei, jetzt kommen die Mühen der Ebene. Die Grünen haben lange sehr gute Arbeit geleistet in Wien, ich hab aber den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit Grün in den anderen Ländern einfacher ist.

ÖSTERREICH: Es holpert in Ihrer Koalition?
HÄUPL: Das würde mich noch nicht stören. Man braucht ja eine Challenge. Aber blockieren lass ich mir die Arbeit nicht. Von niemandem.

ÖSTERREICH: Werden die Wien-Wahlen vorverlegt?
HÄUPL: Für mich ist der Wahltag nach wie vor der erste Sonntag im Oktober.

ÖSTERREICH: Ist es denkbar, dass es nach der nächsten Wien-Wahl eine andere Koalition als Rot-Grün gibt?
HÄUPL: Alle Koalitionen sind offen und denkbar – bis auf die mit der FPÖ. Die wird es sicher nicht geben.

ÖSTERREICH: Platzt Ihnen eigentlich bald der Kragen, wenn Sie in der Flüchtlingsfrage weiter der Depp der Nation sind?
HÄUPL: Wir haben eine Landeshauptleutekonferenz in einem Monat – und da werden wir Klartext reden. Es gibt Verträge über die Aufteilung der Flüchtlinge – und die müssen ab 2015 eingehalten werden. Wien kann das nicht alleine schultern.

ÖSTERREICH: Sie gehen in die Steuerreform-Kommission der Regierung. Warum?
HÄUPL: Es geht um die Zukunft unseres Landes. Wir müssen endlich Nägel mit Köpfen machen. Ich bin für eine rasche Steuerreform, die den Eingangssatz von 35 auf 25 % setzt.

ÖSTERREICH: Sind die vom Finanzminister vorgeschlagenen vier Milliarden dafür genug?
HÄUPL: Sicher nicht. Das müssen mindestens 5 bis 6 Milliarden werden, damit die Menschen auch was davon spüren und das Geld bei der Wirtschaft wieder ankommt.

ÖSTERREICH: Die Idee, dass die Steuerreform in Etappen kommen könnte …
HÄUPL: … halte ich für ganz schlecht, weil dann der ganze positive Effekt verloren geht. Sowohl für den Bürger als auch für die Wirtschaft, die ja dringend einen Turbo braucht.

ÖSTERREICH: Werden Vermögenssteuern kommen?
HÄUPL: Ohne vermögensbezogene Steuern wird’s nicht ­gehen.

ÖSTERREICH: Sie sehen die Steuerreform als Investitionsturbo?
HÄUPL: Meine Warnung an die Regierung ist: Spart das Land nicht zu Tode. Wir müssen mehr Investitionen zulassen. Wir in Wien wollen das tun – aber der österreichische Stabilitätspakt lässt uns nicht.

ÖSTERREICH: Wird in Wien bald die Sonntagsöffnung kommen?
HÄUPL: Wenn sich die Sozialpartner einigen, kann es rasch gehen. Aber ich werde nicht zulassen, dass in der Stadt Leute am Sonntag arbeiten müssen, die das nicht wollen und nicht adäquat dafür bezahlt werden.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel