Regierung
Arbeiten bis 70? ÖVP zieht Notbremse im Pensionsstreit
11.07.2025Nachdem die Debatte um eine Anhebung des Pensionsalters immer mehr eskalierte, legt die ÖVP den Rückwärtsgang ein.
Es war ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der am Freitag allen Rufen nach einem höheren gesetzlichen Pensionsantrittsalter eine Absage erteilte. "Mit uns gibt es keine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters", sagte er der Austria Presseagentur APA - für die ÖVP sei das "kein Thema".
Wögingers Vorstoß war ein Versuch, eine Debatte einzufangen, die aus ÖVP-nahem Kreisen bzw. sogar direkt aus der Partei selbst kommt: Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), hatte eine Erhöhung auf 70 bzw. 68 Jahre gefordert. Und auch Wirtschaftskammer- und ÖVP-Wirtschaftsbund-Präsident Harald Mahrer meinte in einem sensationellen Interview auf oe24, darüber diskutieren zu wollen.
Doch das Thema ist heikel, eine Anhebung des Pensionsalters mehr als unpopulär. Wöginger sagte am Freitag, dass er zu dem stehe, was vereinbart wurde, und hebe das faktische Antrittsalter an, meinte Wöginger dazu. Das sage er allen, die eine andere Meinung vertreten - "egal woher sie sind, und da gibt es auch keine Sippenhaftung für die Volkspartei".
Funktionieren soll die Anhebung des faktischen Antrittsalters durch die Pensionsreform - so werde etwa die am Donnerstag vom Nationalrat beschlossene Teilpension mehr Beschäftigung bringen, zeigte sich der Klubobmann überzeugt. Damit können ältere Beschäftigte einen Teil der Pension beziehen und gleichzeitig reduziert weiterarbeiten. Darauf verweist auch Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer in einem Interview mit oe24.
Allerdings: Ab 2030 könnte das Pensionsalter dann wirklich steigen: Wenn die Pensionskosten weiter explodieren, muss die nächste Regierung den sogenannten Nachhaltigkeitsmechanismus in Gang setzen - und der sieht unter anderem ein höheres Pensionsalter vor. Wöginger sah gestern darin allerdings nur "eine von vielen Möglichkeiten".
NEOS sind verwundert
"Verwundert" darüber, dass die ÖVP nicht ergebnisoffen an das Thema herangehe, zeigte man sich beim Koalitionspartner NEOS. Im Nachhaltigkeitsmechanismus sei ein Mix an Maßnahmen möglich, auch die Anhebung des Antrittsalters, schrieb Sozialsprecher Johannes Gasser auf X. Das würden Expertinnen und Experten längst einfordern.
Anders der Gewerkschaftsbund (ÖGB): Pensionistenvorsitzende Monika Kemperle betonte ihre Ablehnung einer Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Die Diskussion sei in einer Arbeitsmarktrealität, in der viele nicht gesund bis zur Pension durchhalten, sozial ungerecht.