SPÖ-Parteitag

Rendi mit Kampfansage an Kurz: "Ich will Kanzlerin werden"

23.11.2018

Scheidender SPÖ-Chef Kern: Kurz und Strache "können sich warm anziehen".

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Pamela Rendi-Wagner ist die erste Frau an der Spitze der österreichischen Sozialdemokraten. Die 47-jährige Ärztin wurde auf einem Parteitag in Wels mit überzeugenden 97,8 Prozent zur Nachfolgerin von Christian Kern gewählt, der sich heute von allen offiziellen Parteifunktionen verabschiedete. 

Bei der Stellvertreter-Wahl tat sich wieder einmal der linke Parteiflügel hervor, der dem burgenländischen Landeschef Hans Peter Doskozil ein schwaches Ergebnis von 82,3 Prozent bescherte. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der ebenfalls dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, verpasste wenn auch knapp (89,5 Prozent) die 90-Prozent-Marke.
 

Doskozil nicht verstört

Der burgenländische SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil zeigt sich von seinem Abschneiden bei der Präsidiumswahl am SPÖ-Bundesparteitag nicht verstört. Doskozil, der dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, erzielte bei der Abstimmung über die Stellvertreter der neuen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner das schlechteste Ergebnis und kam bloß auf 82,3 Prozent. "Das stört mich nicht", sagte Doskozil am Samstagnachmittag der APA.
 
Im Gegensatz zu Kern, der vor zwei Jahren bei seiner Kür eher beiläufig in den Tagungssaal eingezogen war, wählte Rendi-Wagner einen auffälligeren Auftritt. Gemeinsam mit Kindern - gestellt von Kinderfreunden und roten Falken - zog sie in die Messehalle ein, umarmte alles, was sich ihr in den Weg stellte und bekam dann gleich kaum Luft, als sie ihre Rede beginnen sollte.
 

Rendi-Wagner: "Ich will Kanzlerin werden"

Pamela Rendi-Wagner hat beim SPÖ-Parteitag in Wels versucht, mit Regierungskritik die Delegierten auf ihre Seite zu ziehen. Wörtlich nannte sie die Koalition "feige", "selbstverliebt", "arrogant" und "armselig". Der eigenen Partei versprach sie, mit Leidenschaft und Engagement "zu schuften und rackern", um Österreichs erste Bundeskanzlerin zu werden.
 
Ihre Kampfansage an Kanzler Kurz: "Ja, ich bin bereit, die erste Bundeskanzlerin Österreichs zu werden."
 
 
Ziemlich genau eine Stunde dauerte die Wahlrede der designierten Parteichefin, die im Wesentlichen nur zu Beginn ein wenig atemlos, weil nervös schien. Der Vortrag war souverän, freilich klammerte sich Rendi-Wagner auch stark an ihre Redeunterlage, was die Delegierten allerdings nicht zu stören schien, wurde sie doch mit Jubel, Trubel, Heiterkeit und stehenden Ovationen gefeiert. Sie selbst versprach: "Ich möchte euch ganz fest umarmen, jeden einzelnen von euch."
 
© APA
 

Kritik an Regierung

Am meisten traf die künftige Parteichefin den Geschmack des Publikums, wenn sie die Regierung attackierte, etwa als sie in Richtung Kanzler Kurz fragte: "Lieber Sebastian, was hast du in all diesen Jahren eigentlich gemacht?" Der ÖVP-Chef beschreibe und kritisiere nur, Politiker sollten jedoch handeln. Ringe sich Kurz dann doch einmal zu einer Entscheidung durch, sei diese falsch wie das Nein zum UNO-Migrationspakt.
 
Was Rendi-Wagner besonders anprangerte, war, dass sich die Regierung dem Diskurs in Parlament und Sozialpartnerschaft entziehen wolle - etwa mit einem Husch-Pfusch-Gesetz zur Arbeitszeit-Flexibilisierung. Dass sich die Regierung wiederum weigere, eine Volksabstimmung zum Rauchen in der Gastronomie durchzuführen, nannte die geschäftsführende SPÖ-Vorsitzende "armselig". Die Kassenreform sieht Rendi-Wagner als "Startschuss für eine schleichende Privatisierung unseres solidarischen Gesundheitssystems".
 
© APA
 
Anzeichen eines Zerwürfnisses hatte es zuletzt mit ihrem Vorgänger und Förderer Kern gegeben. Die wirkten zumindest am Samstag von gestern. Denn Rendi-Wagner würdigte ausdrücklich, dass ihr der Altkanzler als Gesundheitsministerin überhaupt die Chance gegeben habe, in die Spitzenpolitik einzusteigen. Kern, übrigens neben dem lange bejubelten Franz Vranitzky einziger Ex-Parteichef in Wels, ließ sich zum Abschluss seiner Tätigkeit eine durchaus launige Abschiedsrede nicht nehmen, die dann auch deutlich länger dauerte als von der Regie vorgesehen. Seinen Rückzug von der Parteispitze schilderte er als die vielleicht schwierigste Entscheidung seines Lebens, Rendi-Wagner als die beste für ihn vorstellbare Nachfolgerin und "wandelnde Kampfansage" an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).
 
© APA/BARBARA GINDL
 

Kern den Tränen nahe

Der Abschied sei ihm schwer gefallen, so Kern, der in seiner Rede gegen die Tränen ankämpfte. "Es war eine der besten zeit der Nation", als Österreich den Flüchtlingen geholfen habe. Es war ein Zeichen der Humanität. Der Alt-Kanzler bekam dafür viel Applaus. "Ich bin ein verdammter Gutmensch", ruft Kern aus. Die SPÖ hätte Antworten auf Migration, die andere nicht haben.  
 
 
Der Abschied von der Parteispitze sei eine Kopfentscheidung gewesen, so Kern. "Es war keine Bauchenstscheidung" Es sei ihm schwer gefallen zu gehen. Fast 50 Minuten Rede-Zeit: Damit sprach Kern länger als Rendi-Wagner. "Yes, we Pam!", sagt er zum Schluss seiner Rede. 
 
© oe24.TV
 

+++ oe24 berichtet LIVE über den spannenden Parteitag +++

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