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Tsokos Gutachten zu Pilnacek weist Widersprüche auf

05.10.2025

Das Gutachten des deutschen Rechtsmediziners Michael Tsokos zum Tod von Christian Pilnacek weist Widersprüche auf. Erstmals wird es vollständig veröffentlicht.

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© APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Der verstorbene Justiz-Sektionsleiter Christian Pilnacek († 60) galt als der mächtigste Beamte Österreichs. Elf Jahre lang war er Sektionschef im Justizministerium, bis zu seiner Suspendierung 2021.

Am 20. Oktober 2023 wurde er tot in einem Seitenarm der Donau - im Wasser mit dem Bauch nach oben - aufgefunden. Heuer wurde auf Betreiben von ZackZack-Chef Peter Pilz ein Gutachten zu Pilnaceks Tod vom deutschen Rechtsmediziner Michael Tsokos angefertigt.

Laut Eigenbeschreibung ist Tsokos ein „international gefeierter Experte im Bereich der Forensik“. Der Berliner Gerichtsmediziner (Charité) tritt mit dem markanten Spruch auf: „Erst kommt der Tod, dann Dr. Tsokos“. Er ist auch erfolgreicher Krimi-Autor.

"Getötet worden"

„Wir müssen davon ausgehen, dass Christian Pilnacek getötet worden ist“, sagte Peter Pilz jüngst in der Doku auf „Servus TV“ und stützt diese Aussage auf das Tsokos-Privatgutachten, das er in Auftrag gegeben hat. 

Widersprüche

Monatelang zitierte Pilz aus dem Privatgutachten nur auszugsweise. oe24 liegt nun das gesamte Gutachten vor und es zeigen sich Widersprüche.

"Unfall, Suizid oder Tötungsdelikt"

Zuerst:  Tsokos war bei der Obduktion nicht anwesend und hatte keinen Zugang zu den Leichenfotos. "Ursächlich können Unfall, Suizid oder Tötungsdelikt sein und eine Einschätzung ist, basierend auf den bisher dem Unterzeichner vorliegenden Unterlagen und in Ermangelung von Fotos, bisher nicht weiter möglich", schreibt Tsokos.

Das Original-Obduktionsgutachten, verfasst von Gerichtsmediziner M., hat sich auch laut Tsokos als sehr umfangreich und gut nachvollziehbar herausgestellt.  

So hält Tsokos fest: „Grundsätzlich handelt es sich um ein solides Obduktionsprotokoll, in dem die relevanten Befunde nachvollziehbar und manierlich beschrieben sind.“  

Teils schreibt Tsokos, dass die Belege, die Mediziner M. für das Ertrinken vorbringt, "veraltet" seien. Wie die moderne Methode aussehen würde, erwähnt er aber nicht. 

Eine Doku auf Servus TV widmete sich ebenfalls dem Fall Pilnacek. Dabei wurden einem Duisburger Arzt auch Fotos des Leichnams für ein Gutachten gezeigt. Dieser sagte, dass eine Hirnschwellung durch Sauerstoffmangel beim Ertrinken ausgelöst werden kann. Für Tsokos nicht nachvollziehbar: "Für ein Ertrinken liegen keinerlei wirklich überzeugende Obduktionsbefunde vor." 

Ein weiterer Widerspruch:  Der ebenso von Peter Pilz beauftragte Innsbrucker Gerichtsmediziner Stefano Longato schließt Fremdverschulden aus - im Gegensatz zu Tsokos. Longato geht aber eher von einem Unfall als von einem Suizid aus.

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